Soziale Medien fördern Konsum von Nahrungsergänzungsmittel

Kristian Bauer

 · 12.11.2025

Soziale Medien fördern Konsum von NahrungsergänzungsmittelFoto: KI Bild mit StoryChief erstellt
Nahrungsergänzungsmittel
Wer sich viel auf Social Media informiert, nimmt mehr Nahrungsergänzungsmittel ein. Auf den Plattformen werden häufig unerlaubte gesundheitliche Versprechen gemacht - die Risiken werden hingegen selten thematisiert. Das zeigt eine neue Studie des Bundesinstituts für Risikobewertung.

Influencerinnen und Influencer verführen zur Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) - das ist die Schlussfolgerung aus einer aktuellen Studie. Eine aktuelle repräsentative Befragung des Bundesinstituts für Risikobewertung zeigt, dass 76,6 Prozent der Befragten im vergangenen Jahr mindestens einen Nähr- oder Inhaltsstoff über NEM eingenommen haben. Wer Soziale Medien nutzte griff deutlich öfter und zu mehr NEM-Produkten. Besonders deutlich sind die Unterschiede bei der Einnahme von Proteinen, Omega-Fettsäuren und Eisen, die von Nutzern der Sozialen Medien signifikant häufiger konsumiert werden. Fast ein Drittel (29,6 Prozent) der NEM-Nutzer nimmt diese täglich ein, weitere 33,4 Prozent mindestens wöchentlich. Das BfR betont im Einklang mit gängiger wissenschaftlicher Einschätzung: Nahrungsergänzungsmittel sind für gesunde Personen, die sich normal ernähren, in der Regel überflüssig. Bei ausgewogener Ernährung bekommt der Körper alle Nährstoffe, die er braucht.

Einfluss sozialer Medien

Ein zentrales Ergebnis der Studie ist die Bedeutung sozialer Medien für die Information über Nahrungsergänzungsmittel. 45,4 Prozent der Befragten zählen zu den "Soziale-Medien-Informierten" (SoMe-Informierte), die mindestens gelegentlich Informationen zu NEM über soziale Medien oder von Influencerinnen und Influencern wahrnehmen. Diese Gruppe nutzt vor allem Instagram (55,9 Prozent), YouTube (42,7 Prozent) und Facebook (39,2 Prozent), aber auch TikTok (14,8 Prozent) als Informationsquellen. Dabei nehmen 75,6 Prozent der SoMe-Informierten mindestens gelegentlich Informationen oder Werbung zu NEM von Influencerinnen und Influencern wahr. Der fachliche Hintergrund dieser Influencerinnen und Influencer wird hauptsächlich in den Bereichen Sport (34,1 Prozent), Ernährungswissenschaft oder -beratung (23,1 Prozent), Lifestyle-Coaching (20,1 Prozent) und Medizin (13,0 Prozent) verortet. Auffällig ist, dass 30,9 Prozent angeben, Informationen zu NEM von Influencerinnen und Influencern zu erhalten, denen sie keinen fachlichen Hintergrund zuschreiben.

Nahrungsergänzungsmittel durch Social Media

Die Studie zeigt signifikante Unterschiede zwischen SoMe-Informierten und Nicht-SoMe-Informierten im Nutzungsverhalten. Der Anteil an NEM-Nutzenden ist bei SoMe-Informierten höher (80,0 Prozent vs. 73,8 Prozent). Zudem nehmen SoMe-Informierte, die NEM nutzen, eine größere Anzahl verschiedener Stoffe ein (durchschnittlich 8,77 vs. 6,88 Stoffe). Besonders deutlich sind die Unterschiede bei der Einnahme von Proteinen, Omega-Fettsäuren und Eisen, die von SoMe-Informierten signifikant häufiger konsumiert werden. Auch die Einnahmehäufigkeit unterscheidet sich: 55,2 Prozent der SoMe-Informierten nehmen mindestens einmal wöchentlich NEM ein, bei den Nicht-SoMe-Informierten sind es 42,4 Prozent. SoMe-Informierte halten es zudem für wahrscheinlicher, in den kommenden 12 Monaten ein NEM einzunehmen, das sie bisher noch nicht eingenommen haben.

Motivation für Nahrungsergänzungsmittel

In der Wahrnehmung von NEM zeigt sich ein bemerkenswerter Unterschied: SoMe-Informierte stimmen signifikant stärker zu, dass NEM für gesunde Menschen mit ausgewogener Ernährung eine positive Wirkung haben. Bei den Einnahmemotiven zeigt sich, dass SoMe-Informierte allen abgefragten Motiven durchschnittlich stärker zustimmen als Nicht-SoMe-Informierte. Besonders deutlich ist der Unterschied beim Motiv der körperlichen oder geistigen Leistungssteigerung. Auch bei den erhofften Anwendungsbereichen gibt es Unterschiede: SoMe-Informierte erhoffen sich signifikant häufiger einen Nutzen in den Bereichen Lebensqualität, Haut, Haare und Nägel sowie Stress. In der Nutzeneinschätzung bewerten SoMe-Informierte den Nutzen von NEM höher (3,09 vs. 2,83 auf einer 5-stufigen Skala) als Nicht-SoMe-Informierte, während sich bei der Risikoeinschätzung kein Unterschied zeigt. Zudem schätzen SoMe-Informierte ihre subjektive Informiertheit über Nahrungsergänzungsmittel signifikant höher ein.

​Wahrnehmung und Einnahmemotivation

Bei der Wahrnehmung von NEM zeigt die Studie eine Diskrepanz zwischen rechtlicher Definition und Verbraucherverständnis. Während Nahrungsergänzungsmittel rechtlich als Lebensmittel gelten, werden sie von 57,7 Prozent der Befragten als freiverkäufliche Arzneimittel angesehen. Nur 14,3 Prozent der Befragten ordnen NEM korrekt als Lebensmittel ein. Zudem gehen 46,6 Prozent fälschlicherweise davon aus, dass NEM vor dem Verkauf auf gesundheitliche Unbedenklichkeit geprüft werden. Als Hauptmotive für die Einnahme werden vorrangig gesundheitsbezogene Gründe genannt. Die Vorbeugung von Krankheiten und die bestmögliche Versorgung mit Nährstoffen stehen dabei im Vordergrund. Weitere wichtige Gründe sind der Erhalt oder die Verbesserung des eigenen Gesundheitszustands sowie die Behandlung von Krankheiten oder gesundheitlichen Problemen. Die Hälfte der NEM-Nutzenden gibt die Steigerung der eigenen körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit als Beweggrund an.

Anwendungsbereiche und Risiko-Nutzen-Einschätzung

Mehr als die Hälfte der NEM-Nutzenden erhofft sich von der Einnahme einen Vorteil für die allgemeine Gesundheit. Weitere häufig genannte Anwendungsbereiche sind das Immunsystem bzw. Schutz gegen Erkältungen und Infektionskrankheiten, muskuläre Probleme sowie die Verbesserung der Lebensqualität. In der Risiko-Nutzen-Einschätzung zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen NEM-Nutzenden und Nichtnutzenden. NEM-Nutzende schätzen den Nutzen signifikant höher (3,15 vs. 2,29 auf einer 5-stufigen Skala) und das Risiko signifikant niedriger (2,86 vs. 3,37) ein als Nichtnutzende. Über ein Drittel der Befragten fühlt sich gut oder sehr gut über Einnahmeempfehlungen (37,9 Prozent), empfohlene Höchstmengen (38,4 Prozent) und den gesundheitlichen Nutzen (38,5 Prozent) von NEM informiert. Deutlich weniger Befragte sehen sich hinsichtlich der gesundheitlichen Risiken (27,7 Prozent) und der gesetzlichen Regelungen und Kontrollen (17,7 Prozent) gut informiert.

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Implikationen für die Gesundheitskommunikation

Die Ergebnisse der Studie des Bundesinstituts für Risikobewertung haben wichtige Implikationen für die Gesundheits- und Risikokommunikation zu NEM. Die hohe Prävalenz der NEM-Nutzung in Deutschland bei gleichzeitig geringem Wissen über die rechtliche Einordnung und Regulierung dieser Produkte deutet auf einen Bedarf an verbesserter Aufklärung hin. Besonders relevant erscheint dabei die Rolle sozialer Medien, die für fast die Hälfte der Befragten eine Informationsquelle über Nahrungsergänzungsmittel darstellen. Die Studie zeigt, dass in sozialen Medien überwiegend über Vorteile (59,1 Prozent) und kaum über Nachteile (2,3 Prozent) von NEM berichtet wird. Dies könnte erklären, warum SoMe-Informierte den Nutzen von NEM höher einschätzen und eine größere Vielfalt an Nahrungsergänzungsmittel einnehmen.

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