Die spanische Costa Blanca lockt früh im Jahr mit vielen Sonnenstunden und mildem Klima. Ideale Bedingungen für die ersten Kilometer der Saison. Aber Vorsicht: Im bergigen Hinterland können die Muskeln schnell so sauer werden wie die Zitronen, die am Wegrand wachsen.
Es gibt Radlerträume, die unerfüllt bleiben. "Militärischer Sicherheitsbereich", plärrt uns ein signalfarbenes Schild entgegen. Mein Kumpel Christian und ich stehen auf dem 1.024 Meter hohen Port de Tudons und starren sehnsüchtig durch das vergitterte Tor in Richtung Alto de Aitana. Gute 500 Höhenmeter wären es noch von der Tudons-Passhöhe bis zu dessen Gipfel. Der höchste Berg der Region überragt die Costa Blanca um 1.558 Meter. Aber er liegt in militärischem Sperrgebiet, auf seinem Haupt wachsen Masten und Radaranlagen. Nur wenn den Streckenplanern der Vuelta a España wieder einmal eine Bergankunft auf dem Alto de Aitana in den Sinn kommt, erhalten auch die Radsportfans Gelegenheit, den Gipfel an diesem einen Tag zu bezwingen. Damiano Cunego war der letzte Profi, der dort triumphierte – 2009.
Die Aussicht vom Aitana aufs kaum 20 Kilometer entfernte Mittelmeer muss gigantisch sein und eine Kletterpartie dort hinauf wäre ein krönender Abschluss unserer Tourenwoche an der spanischen Küste gewesen. Doch der Groll währt nur kurz. Einen Mangel an überwältigenden Panoramen hatten wir in den vergangenen Tagen nicht zu beanstanden. Die größte Überraschung dabei: Unsere Form verbesserte sich rasant. Mit nur wenigen Frühjahrs Kilometern angereist, fallen uns bereits nach ein paar Tagen Touren mit deutlich mehr als tausend Höhenmetern beängstigend leicht. Das mag am Charakter vieler Steigungen liegen, die sich im einstelligen Prozentbereich durch die Berge schlängeln. Oder daran, dass wir zu Anfang nahezu ebene Routen wählten, entlang der Küste und durch die Zitrusplantagen. Vielleicht schiebt aber das mediterrane Ambiente die Motivation stärker an als vermutet und das Wissen, dass einige Profiteams an der Costa Blanca ihr Trainingslager aufschlagen.
Die Costa Blanca, als touristischer Begriff in der 1950er-Jahren eingeführt, ist der etwa 150 Kilometer lange Küstenabschnitt der spanischen Provinz Alicante. Die nördliche Grenze zur Provinz Valencia liegt etwa bei Dénia, die südliche zur Provinz Murcia bei Pilar de la Horadada. Unser Tourenrevier befindet sich im Dreieck der Küstenstädte Dénia, Benidorm und Alcoy im Landesinneren. Es ist auf der Karte leicht zu finden, wegen des markanten Sporns in der Mitte der spanischen Küste, der genau auf Höhe der Baleareninsel Formentera liegt, die man bei guter Sicht sogar sehen kann.
Im Hinterland zwischen Dénia und Calpe erstrecken sich fruchtbare Ebenen mit Zitrusplantagen – ein flaches bis hügeliges Terrain mit ruhigen Nebenstrecken. Die größeren Straßen in Küstennähe sind wegen des dichten Verkehrs gefährlich. Sobald man jedoch in die Berge fährt, eröffnet sich ein schönes Tourenparadies. Die höchsten Punkte unserer Strecken liegen zwischen 700 und 1.000 Meter Höhe. Die nicht allzu langen Anstiege kommen allen zugute, die im Frühjahr noch nicht in Topform sind. Je nach Trainingszustand sind eine Kompaktkurbel und 25 Zähne am Hinterrad ausreichend. Achtung: Beschilderungen sind oft auf Spanisch und Valencianisch – und vor allem in den Orten dürftig.
Den gesamten Reisebericht mit diesen Touren und den GPS-Daten finden Sie unten als Download:
• TOUR 1: Im Vall de Gallinera (112 km, 1.400 hm, max. 18 % Steigung)
• TOUR 2: Coll des Rates (100 km, 1.680 hm, max. 11 % Steigung)
• TOUR 3: Sierra Aixorta (78 km, 1.500 hm, max. 8 % Steigung)
• TOUR 4: Auf Vuelta-Spuren (103 km, 2.160 hm, max. 8 % Steigung)