Südlich von Reutte wird es Zeit, sich neben dem angelehnten Rad hinter das Brückengeländer zu ducken. Eben hatte ich noch bergwärts ins sanft geschwungene Lechtal gestarrt und in Naturromantik geschwelgt, da tobt eine Bö über die Kiesbänke heran und bewirft mich mit beigegrauem Staub. Auf zig Kilometern Länge und aus der eindrucksvollen Breite des Flussbetts hat der Föhn die Fracht eingesammelt, die er jetzt heftig Richtung Bayern schleudert. Mit weit über einhundert Stundenkilometern soll der Sturm auf den Bergen blasen. Hier unten im Tal hebt er, abgesehen von Böen wie dieser, vor allem die Temperatur. Fast zwanzig Grad hat es gerade, Ende Oktober. Ein letztes warmes Wochenende, jederzeit könnte der Winter beginnen. Es ist die ideale Zeit, um in aller Ruhe noch einmal per Gravelbike durch das Grenzgebiet zwischen Tirol und Allgäu zu streifen.
Der Zeitpunkt ist nicht nur wegen der gedämpften Herbstfarben von Mattgrün bis Goldbraun perfekt. Es ist auch die Zeit, in der diese viel bereiste Gegend zwischen Sommer- und Wintersaison zur Ruhe kommt. Auf den Fernradwegen sind kaum noch E-Biker mit Packtaschen unterwegs, die lärmenden Motorräder sind abgemeldet, die Einheimischen hacken Holz, dichten noch schnell die Carports ab – oder haben Zeit, ihre besten Schotter-Tipps weiterzugeben.
Dabei muss man wissen, dass es mit Routentipps in Tirol so eine Sache ist. Die wirklich spannenden Mountainbikestrecken behalten die Einheimischen strikt für sich, denn praktisch alle interessanten Trails sind in diesem Bundesland illegal. Im Gravelbiken sieht das Land hingegen einen Markt: Auf der amtlichen Website “gravel.tirol” sind Dutzende Strecken gelistet, die oft die technisch einfachen, erlaubten Bike-Forststraßen und die touristischen Radwege kombinieren – ein sinnvolles Konzept, um dem Zwitterwesen „Gravelbike“ Hunderte Kilometer Auslauf zu verschaffen. Doch noch feiner wird die Streckenwahl mithilfe eines echten Schotter-Enthusiasten. Und da führt kaum ein Weg an Thomas Schneider vorbei.
“Vor zehn Jahren, als es noch keine Gravelbikes gab, haben wir Rennlenker an unsere 29er-Hardtails gebaut”, erinnert sich Schneider, “das war eine schräge Nummer. Aber für solche Bikes gibt es hier Traumstrecken, während es mit dem Hardcore-Mountainbiken nicht einfach ist.” Thomas Schneider ist um die vierzig, trägt ein akkurates Zöpfchen und sitzt im Radhotel Tannenhof, das seine Familie betreibt, schräg unter einem Bianchi-Rahmen aus den 1930er-Jahren mit der ersten Campagnolo-Kettenschaltung. Darauf angesprochen, gibt er den Besitz von mehr als hundert solcher Sammlerstücke zu – und auch, dass er mittlerweile sogar Teamautos aus dem vergangenen Jahrhundert sammelt. Kurz: Der Mann glüht für den Radsport.
Das Lechtal ist immer wieder genial, schon weil es ausschaut wie eine Wildnis. Und weil man flach anrollt und in irgendein Seitental abbiegen kann
Thomas Schneider vom Radhotel Tannenhof
Vor ein paar Jahren hat er sich eine Schotter-Herausforderung namens “Gravel King” ausgedacht: mehr als 200 Kilometer und 4.000 Höhenmeter rund um Reutte, eigenverantwortlich zu fahren auf einer von ihm und ein paar Spezln ertüftelten Strecke. Aber wo anfangen? “Das Lechtal ist immer wieder genial”, sagt Thomas, “schon weil es ausschaut wie eine Wildnis. Und weil man flach anrollt und dann einfach in irgendein Seitental abbiegen kann.”
Ich entscheide mich für den Abzweig ins Hornbacher Tal, kombiniert mit einer verschärften Anfahrtsvariante am Ostabhang des Lechtals. Das Ostufer ist ohnehin die wildere Wahl, denn am Westufer verläuft der asphaltierte Lechradweg. Für den verschärften Einstieg sprechen auch die zusätzlichen Höhenmeter in der ansonsten kurzen Runde – und die Neugier. Die Strecke unterquert nämlich die eigens als Touristenattraktion angelegte Hängebrücke “Highline 179”. Zwischen zwei 400 Meter voneinander entfernten Bergkuppen schwingt die Seilbrücke seit zehn Jahren und erlaubt gut hundert Meter Tiefblick durch ihren Gitterboden. Irgendeinen Hängebrücken-Weltrekord hat man damit aufgestellt, doch auf die Überquerung des schaukelnden Pulsbeschleunigers verzichte ich. Die steilen Rampen davor und danach übernehmen diesen Job. Von selbst wäre ich wohl nicht auf diese Extraschleife gekommen, doch wie sagte mein Touren-Tippgeber grinsend an anderer Stelle? “Ich will mir nicht nachsagen lassen, da sei keine Würze drin.”
Ein Gravelbike ist das Schweizermesser unter den Sporträdern. So wie dieser Hosentaschen-Nothelfer weder als Messer noch als Schraubenzieher oder Säge wirklich glänzt, kommt ein Gravelbike weder auf der Straße noch im Gelände an die Performance der Spezialisten heran. Aber: Man ist pfadfindermäßig “allzeit bereit”, wenn es ins Neuland geht. So ein unbekanntes Gebiet ist das Hornbachtal. Von Vorderhornbach steigt eine breite, aber seltsam verkehrsarme Asphaltstraße sanft taleinwärts. Ob die wohl in ein derzeit geschlossenes Skigebiet führt? Nein, tut sie nicht. Sie führt nur nach Hinterhornbach, und das besteht aus einer Handvoll Häusern. Hinter dem Ortsende weist ein Schild zur Petersbergalm, meinem Ziel. Sofort quert die Strecke auf die andere Talseite, die Straße wird schmal, ihr Asphalt grob. Ich greife zum Oberlenker und kurble auf dem großen Ritzel zwischen Nadelbäumen und Heustadeln dahin, wo die Talwände zusehends aneinanderrücken. An einer Geländestufe endet der Asphalt. Zwischen fast kahlen Blaubeerbüschen und orange benadelten Lärchen beißen die Reifen nun endlich in Erde und Schotter. Die Berge lehnen sich wieder zurück, ein Talkessel öffnet sich, an der geschlossenen Petersbergalm endet die offizielle Strecke. Reifenspuren führen noch ein paar Meter weiter, dann endet das Tal als Sackgasse.
Das Gravelbike hat seine Vielseitigkeit bewiesen und mich da abgeliefert, wo im Sommer Mountainbiker mit und ohne Akku auf einen Sundowner vorbeischauen. Ich spüle die Energieriegel mit einem Schluck Wasser hinunter und ziehe die Weste zu bis zum Kinn. Die Schwerkraft und der lechabwärts schiebende Föhn drücken mich im Handumdrehen zurück zum Start in Reutte.
Der nächste Tag führt mich nordwärts, wo das Lechtal die Tiroler Felsgipfel hinter sich lässt und sich nach Bayern weitet. Der Plan: eine Runde um die Ammergauer Alpen. Die größtenteils unbewohnte Gebirgsgruppe gehört teils zu Bayern, teils zu Tirol und wird nur von einer schmalen Asphaltstraße durchquert. Die ist prachtvoll, aber bei motorisierten Ausflüglern so beliebt, dass einmal mehr das Gravelbike seine Talente ausspielen darf. Es entkommt dem Stress und macht doch ordentlich Strecke – gute 120 Kilometer stehen an.
Kaum sind die Beine auf Betriebsdruck vorgewärmt, steht ein behutsamer Slalom zwischen Pferdekutschen und einem internationalen Touristenpulk an. Blick nach oben: Schloss Neuschwanstein lockt – zumindest die anderen. Nach wenigen Hundert Metern ist das Getümmel passiert und das Lechtal weitet sich zu einer Landschaft, in der sich grüne Weiden und akkurat gemähte Wiesen um die Dörfer wellen wie ein grenzenloser Golfplatz; nur dass hier Kühe grasen. Durch meine geweiteten Nasenlöcher zieht das Odeur von frisch ausgebrachtem Kuhmist, dann geht es wieder berg- und waldwärts. Aber was heißt hier schon bergwärts? Während die scharfen Zacken um Reutte an die 2.500 Meter hoch sind, enden die sanfteren Waldberge am Nordrand der Ammergauer Alpen schon 1.000 Meter tiefer. Nicht so spektakulär, aber dafür flüssig fahrbar und irgendwie gemütlich. Mal spritzt Wasser aus einer kleinen Furt an die Waden, mal klettert eine Asphaltpassage aus finsterem Tal, dann schwingt die feinschottrige Forststraße der Qualität “blaue Piste” abwärts zum Murnauer Moos. Dort ragen gelbe Grasbüschel in die Luft, schwarzbraune Erde sumpft dazwischen, schwarz-weiße Birkenstämme wachsen schief in den blauen Himmel. Das große Moor ist der Beweis: Ich bin vom Lechtal ostwärts ins parallel verlaufende Loisachtal gelangt. In graublauer Ferne, rechts oberhalb von Garmisch, weist die Zugspitze den weiteren Weg zurück nach Süden, daneben senkt sich der Gipfelaufbau der Alpspitze glänzend als breite Felsplatte nach links. Es ist ein Breitwandpanorama, auf das der brettebene Radweg unbeirrt zuhält, bis es einen Durchschlupf preisgibt.
Das Loisachtal biegt, stromaufwärts betrachtet, rechts ab, bevor es gegen die Zugspitze prallt. Ich folge ihm. Die Loisach zwängt sich durch ein enges Tal. Ich auch. Die Loisach begleitet eine verkehrsreiche Straße. Das mache ich nicht, denn am anderen Ufer liegt reichlich Schotter. Die Loisach kommt aus Lermoos, aber da will ich nicht hin. In Griesen, wo einst die Grenzer am Wachhäuschen standen und Stroh-Rum-Tafeln für österreichischen Starksprit warben, biege ich aus dem Loisachtal wieder in die Berge. Natürlich hätte ich die Runde auch andersherum fahren können. Doch der Anlauf mit Zugspitzblick und dieser Schleichweg hinauf zum Plansee sind dramaturgisch überlegen. Pfeilgerade folgt die Piste aus gelblichgrauem Kalkschotter anfangs den Kiesbänken der Neidernach. Der Gebirgsbach zeigt sich klar plätschernd, verschwindet hinter Weidengesträuch, versickert fast und sammelt sich wieder. Kiefern stehen mattgrün und vereinzelt, Lärchen und Ahorn setzen herbstfarbene Kleckse. Dann verengt sich das Tal zur Klamm. Die Höhenlinien auf dem GPS-Gerät rücken zusammen und über ein paar gut fahrbare Serpentinen entkomme ich der Schlucht nach oben.
Ein Problem am Schotterradeln auf Forststraßen ist oft die Überdosis Forst. Der riecht gut, hilft dem Klima, behaust, bietet aber manchmal zu wenig Fernblick. Der wilde Wald in den Ammergauer Alpen ist dagegen ohnehin eine Pracht, doch als er am flachen Ostufer des Plansees endet, ist eine Staunpause unvermeidlich: Fernblick, kilometerweit. Nach Süden steigen die Gipfel 1.000 Meter über den Wasserspiegel. Am Nordufer lockt die heute fast verkehrsfreie Uferstraße. Und von Südwesten, ziemlich genau über dem anschließenden Heiterwanger See, wirft die Sonne aus dem föhnigen Himmel einen bleigrauen Glanz auf den Wasserspiegel. Ein fast feierliches Glitzern entsteht, weil sie schon bedenklich tief steht.
Ich klemme die Lampe an den Lenker und mogele mich im letzten Tageslicht hinab nach Reutte. Dort sitzt Thomas Schneider, sieht mein glühendes Gesicht und sagt mit berechtigtem Rad-Patriotismus: “Ein breites Tal bis tief ins Gebirge, dazu die Seen und das riesige Netz an Forststraßen – so oft gibt’s das nicht in den Alpen, oder?” Das Fragezeichen am Satzende, so steht zu vermuten, war eine rein rhetorische Girlande.
Bahn: Angesichts der Nähe von Reutte zum Bahnhof Füssen ist es seltsam, dass dort keine Gleise zwischen Bayern und Tirol existieren. Alle Züge von Norden fahren über München und Garmisch-Partenkirchen, was die Bahnanreise eher zäh und unpraktisch macht. Ausnahme: Vom Bahnhof Füssen fährt alle zwei Stunden ein Regionalbus mit begrenzter Fahrradmitnahme in 25 Minuten nach Reutte. www.vvt.at
Auto: Auf deutscher Seite endet die A 7 von Ulm unmittelbar an der österreichischen Grenze und führt als Fernpass-Bundesstraße durch den Grenztunnel nach Reutte, mautfrei, aber stauanfällig. Von Osten (München) ist der Weg über A 95, Oberammergau und Plansee eine landschaftlich schöne Alternative.
Ende April bis November – je nach Schneelage. Auch wenn die maximal erreichte Höhe der Touren bei nur 1.300 Meter liegt, können sich im Frühjahr Schneereste hartnäckig halten, denn die Schotterstraßen werden nicht geräumt. Anfang/Mitte Oktober schließen die Almwirtschaften, doch die sind für die Versorgung nicht wirklich essenziell.
Ohne Reutte allzu nahe treten zu wollen: Für einen Ort dieser Größe und in einer Tourismusregion ist die Auswahl an Restaurants überschaubar, es dominieren Pizzerien. Zum Recherchezeitpunkt im Spätherbst hatten zudem etliche Lokale saisonal geschlossen, weshalb unsere Empfehlungen möglicherweise unvollständig sind.
Reutte, Joyce: Telefon 0043/(0)5672/21099, www.joyce-reutte.at
Das Joyce im Stadtzentrum ist eher schlicht möbliert und hat ein wenig Imbiss-Charme, doch das Essen überzeugt: Internationale Gerichte von Bowl bis Curry, unmittelbar hinter der Theke frisch zubereitet und lecker. Sehr gutes vegetarisches Angebot und große Portionen zum fairen Preis. Ziemlich informell, daher auch ein Tipp, um an den Tischen draußen direkt nach der Tour die Speicher aufzufüllen.
Breitenwang (grenzt an Reutte), Restaurant Pizzeria Alina: Telefon 0043/(0)5672/65008, www.restaurant-alina.at
Geräumiges, eher modern eingerichtetes Restaurant mit klassischer Speisekarte von Pizza über Gulasch bis Steak bei mittlerem Preisniveau. Die Qualität stimmt, der Service ist professionell und im Sommer ist auf der Terrasse viel Platz.
Wängle (2,5 km nordwestlich von Reutte), Tannenhof: Telefon 0043/(0)5672/63802 www.tannenhof-reutte.at
Der Tannenhof dürfte selbst im Segment der Radhotels eine Ausnahmeerscheinung sein: Dem ruhig gelegenen Familienbetrieb sieht man die Radleidenschaft der Betreiber schon aufgrund der ausgestellten, teils wertvollen historischen Sporträder an. So viel Radsport-Begeisterung ist selten. Fitnessraum, Sauna, Radraum und kenntnisreiche Tourentipps. Verschieden große, individuell gestaltete Zimmer und Appartements, Doppelzimmer mit Frühstück ab 136 Euro.
Pinswang (8 km nördlich von Reutte), Gutshof zum Schluxen: Telefon 0043/(0)5677/53217, www.schluxen.at
Der zwischen Weiden und Waldrand gelegene Gutshof vermietet Appartements ab etwa 80 Euro pro Nacht (für zwei Personen). Nicht ganz so charmant wie der Tannenhof, aber auch der Schluxenhof liegt ruhig und naturnah – und ist ein wenig günstiger.
Für den im Juli stattfindenden Klassiker unter den Radveranstaltungen der Region (www.rad-marathon.at) braucht man allerdings kein Gravelbike.
Wer das millionenfach fotografierte Schloss selbst vom Top-Spot Marienbrücke aus fotografieren oder bestaunen will, steht am besten früh auf oder wartet auf Abendlicht: Von 8 bis 19 Uhr ist die angenehm steigende, asphaltierte Busstraße nämlich ausschließlich für Busse geöffnet. Das ist unbedingt zu respektieren! Außerhalb der Sperrzeiten kurbelt man in ein paar Minuten locker hinauf – und muss nicht in der Schlange warten, bis das Drehtor zur Brücke wieder einen Platz freigibt. Der offizielle, ganztägig erlaubte Radweg auf einer von Touristen überfüllten Schotterstraße ist aufwärts extrem steil, aber abwärts gut fahrbar.
Lechaschau (grenzt an Reutte), Radhaus: Telefon 0043/(0)5672/65245, www.rad-haus.at
Sportlich orientierter Shop, Werkstatt ohne Voranmeldung.
Die Kompass Wanderkarte 4 “Füssen/Außerfern”, 1:50.000 (12 Euro) deckt den größten Teil des Tourengebiets ab. Wasserfest und empfehlenswert. www.kompass.at
Mitten zwischen den deutschen Wintersportzentren Garmisch-Partenkirchen und Oberstdorf liegt im nördlichen Tirol die rund 7.000 Einwohner zählende Stadtgemeinde Reutte. Von dort bis zur deutschen Grenze bei Füssen sind es nur zehn Kilometer. Das breite Lechtal liegt dort etwa 800 Meter über dem Meer, die teils schroffen Berge der Umgebung steigen auf etwa 2.000 bis 2.400 Meter an. Hauptverkehrsachse des Tals ist die Fernpass-Bundesstraße.
Extrem verkehrsarme Runden auf Nebenstraßen, touristischen Radwegen, Alm- und Forststraßen. Die Schotterpassagen sind technisch einfach, höchstens kurz mittelschwierig und mit 40-Millimeter-Reifen problemlos zu meistern. Die Anstiege überwinden selten mehr als 150 Höhenmeter am Stück. An einigen steilen Rampen steigern ausgeprägte Beinkraft oder eine leichte Untersetzung den Spaß. Fast alle Touren führen je zur Hälfte über Schotter und Asphalt, nur Tour vier macht eine Ausnahme: Sie führt nur zu einem Drittel über Schotter.
Die landschaftlich großartige Strecke führt zur Hälfte über Asphalt und startet sanft auf Touristen-Radwegen im Lech- und Vilstal, bevor sie hinter der Kalbelehof Alpe zwei-, dreimal kurz und garstig Richtung Tannheimer Tal ansteigt. In diesem bekannten Feriengebiet zweigt eine tagsüber für Autos gesperrte Stichstraße zum Talkessel des Vilsalpsees ab. Wir fahren bis zur bewirtschafteten Vilsalpe am östlichen, weniger begangenen Ufer. Zurück in Tannheim folgt der anstrengendste Teil: An den geschotterten Höhenweg schließt sich der lange und steile Anstieg zur ehemaligen Gaststätte Adlerhorst über dem Haldensee an, an dem mit etwa 1.380 Metern der höchste Punkt der Strecke erreicht wird. Die Abfahrt von dort ist im Winter als Rodelbahn geöffnet und entsprechend steil, ebenso wie die teils grober geschotterte ehemalige Gaichtpassstraße zurück ins Lechtal. Mit Cross- oder Mountainbike-Erfahrung kein Thema, für reine Asphaltjünger aber eventuell anstrengend. Deshalb folgen wir abschließend sehr einfachen Wegen am Lech zurück zum Start.
Kalbelehof Alpe (Km 33,5) vor Schattwald oder Vilsalpe (Km 45,8) am Vilsalpsee, beide nur im Sommer bewirtschaftet. Ansonsten zahlreiche Gaststätten im Tannheimer Tal.
Die Königsetappe rund um das Ammergebirge wird ihrem Namen gerecht, da sie schon nach wenigen Kilometern an Schloss Neuschwanstein (und seinem Getümmel) vorbeiführt. Zudem folgt sie im nördlichen Teil einem sogenannten Königssträßchen. Die Runde ist tagesfüllend, läuft aber leicht, da sie zu größeren Teilen asphaltierten Radrouten folgt. Wo der Schotter schönere und ruhigere Strecken erschließt, wurde er bevorzugt. Landschaftliche Highlights sind unter anderem der Forggensee, das Murnauer Moos, die Zugspitzblicke vor Garmisch und das großartige Tal der Neidernach, das von Griesen Richtung Plansee steigt. Man kann die Runde genauso gut gegen den Uhrzeigersinn fahren, doch der eindrucksvolle Plansee und Heiterwanger See (Badestrand!) liegen dramaturgisch besser am Ende der Runde. Fahrtechnisch ist die Strecke eher einfach. Lediglich die abschließenden steilen Schotterabfahrten nach Reutte erfordern etwas Bremsroutine.
Schwaigen-Grafenaschau (Km 57), Café Habersetzer, www.cafe-habersetzer.de (Öffnungszeiten checken!). Aussichtsreich und ruhig am Murnauer Moos gelegen, gute Kuchenauswahl und schöne Terrasse.
Die Route folgt dem Lech am schottrigen Ostufer, bevor sie bei Stanzach ins tief eingeschnittene Namloser Tal und damit in Richtung Fernpass steigt. Das Namloser Tal gehört für viele Rennrad- und Motorradfahrer zur beliebten Runde übers südlich gelegene Hahntennjoch – und Motorräder können bekanntlich nerven. Das Gravelbike bewährt sich dort als Fluchtfahrzeug, denn es ermöglicht immer wieder den Ausweg auf die alte, teils geschotterte Namloser Straße, wo wir oberhalb von Kelmen kurz an der 1.400-Meter-Höhe kratzen. Zuvor ist der Abstecher Richtung Fallerschein-Almdorf eine aussichtsreiche Option für eine längere Rast. Eine weitere Schönheit ist der Heiterwanger See, der auch schon von Tour 2 besucht wird. Den Verbindungsweg zwischen ihm und der Planseestraße bitte sehr rücksichtsvoll benutzen – er ist schmal und stark begangen. Abschließend geht es rasant und geschmeidig auf der fein asphaltierten Planseestraße zurück nach Reutte.
Almdorf Fallerschein (Km 30), Michl’s Fallerscheinstube (www.alpe-fallerschein.com). Im Sommer bewirtschaftete Brotzeitstation mit bevorzugter Lage am Wendepunkt unseres Abstechers.
Viele Blicke in das gewaltig breite und weitgehend naturbelassene Lechtal, dazu ein Anstieg in einen praktisch ausweglosen alpinen Talkessel mit Hütteneinkehr – die Runde ist in der Wirklichkeit deutlich eindrucksvoller als auf der Karte. Wir haben den Hinweg zur Petersbergalm mit ein paar wenig befahrenen, aber kurzzeitig steilen Nebenwegen gewürzt. Neben langen Flachpassagen am Lech sind deshalb auch steile Schotterstücke enthalten. Dadurch wird die Strecke fahrtechnisch mittelschwer. Wer gleich zu Beginn Kräfte sparen will, fährt südlich von Reutte am Ost- oder Westufer direkt am Lech entlang und lässt die Rampen Richtung “Highline 179” und Fernpassstraße aus.
Petersbergalm (www.petersbergalm.at). Die landwirtschaftlich genutzte, auf rund 1.290 Metern Höhe gelegene Alm ist der prachtvolle Höhe- und Wendepunkt der Runde.
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