Konkret sollen Radfahrerinnen und Radfahrer nur noch frühmorgens sowie ab 15 Uhr nachmittags die in den österreichischen Alpen gelegene Panoramastraße befahren. Die von der Betreibergesellschaft Grohag gestartete Kampagne wird von den Verantwortlichen mit Sicherheitsbedenken begründet, da derzeit etwa 80 Prozent der rund 25.000 jährlichen Radfahrenden zur Hauptverkehrszeit unterwegs sind. Im Vergleich dazu verzeichnet die Straße jährlich knapp eine Million Besucher und etwa 280.000 motorisierte Fahrzeuge wie Autos, Motorräder und Busse. Die Großglockner-Hochalpenstraße, die sich über 48 Kilometer durch die beeindruckende Alpenlandschaft schlängelt, ist nicht nur bei Autofahrern beliebt, sondern hat sich in den letzten Jahren auch zu einem Mekka für ambitionierte Radsportler entwickelt. Das Fuscher-Törl, einer der Höhepunkte der Strecke, gilt als begehrtes Ziel für viele sportbegeisterte Radfahrerinnen und Radfahrer. Die geplante Einschränkung des Radverkehrs auf Tagesrandzeiten stellt nun einen Einschnitt in diese gewachsene Radkultur dar.
Die Betreiber der Hochalpenstraße sehen in dem zunehmenden Radverkehr während der Hauptverkehrszeiten ein erhebliches Sicherheitsrisiko. „Die Auffahrt sollte idealerweise frühmorgens zwischen 6:00 und 7:00 Uhr – spätestens jedoch bis 8:00 Uhr – oder alternativ ab 15:00 Uhr am Nachmittag erfolgen“, empfiehlt Johannes Hörl, Vorstand der Grohag. Zu diesen Zeiten sei das Verkehrsaufkommen deutlich geringer, was sowohl die Sicherheit erhöhe als auch das Naturerlebnis intensiver mache, heißt es in einer entsprechenden Presseerklärung. Die Kampagne zielt darauf ab, die Verkehrsströme zu entzerren und potenzielle Konflikte zwischen motorisierten Fahrzeugen und Radfahrern zu minimieren. Die Straßenmanager argumentieren, dass die kurvenreiche Strecke besonders in den Sommermonaten an ihre Kapazitätsgrenzen stößt. Die Kombination aus langsameren Radfahrern und schnelleren motorisierten Fahrzeugen führe zu gefährlichen Überholmanövern und erhöhe das Unfallrisiko. Durch die Verlagerung des Radverkehrs auf verkehrsärmere Zeiten hoffen die Verantwortlichen, die Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer zu erhöhen. Bei einem Drittel der Unfälle sind laut Betreibergesellschaft Fahrräder involviert. Was in der Gewichtung nach viel klingt, relativiert sich mit Blick auf die tatsächliche Zahl: 2023 gab nach Darstellung der österreichischen Tageszeitung “Der Standard” auf der Glocknerstraße 13 Unfälle mit Personenschaden, in die nur Kraftfahrzeuge verwickelt waren; Unfälle mit Fahrradbeteiligung und Personenschaden wurden 2023 sechs registriert.
Die Kampagne der Großglockner Hochalpenstraße stößt bereits jetzt auf erheblichen Widerstand seitens der Radlobby und Umweltschutzorganisationen. Kritiker sehen in der Maßnahme eine ungerechtfertigte Benachteiligung von Radfahrern und befürchten negative Auswirkungen auf den Radtourismus in der Region. Kritik an der Kampagne der Hochalpenstraßen AG kommt von den Grünen. Statt die Radtouristen an den Rand zu drängen, sollte man diese unterstützen: “Das reduziert den Autoverkehr, schützt die Natur und entlastet Anrainer von Lärm und Abgasen”, sagt die Landtagsklubobfrau Martina Berthold im “Der Standard”. Sie schlägt einen autofreien Tag pro Monat auf der Großglockner Hochalpenstraße vor: “Am autofreien Tag könnten alle Radfahrer sicher und ungestört durch den Nationalpark Hohe Tauern fahren. Gleichzeitig entspannt dieses Angebot den Verkehr an den übrigen Tagen.”
Harald Gaukel, Vorsitzender der Radlobby Salzburg, kritisiert die Kampagne, weil sie sich nur an die Radfahrenden und nicht an alle Nutzergruppen richte, so berichtet “Der Standard” weiter: “Dass die Radfahrenden als das Problem benannt werden, ohne auch an die Rücksicht der Motorisierten zu appellieren, ist von einem Mautstraßenbetreiber zu erwarten. Aus eigener Erfahrung weiß ich aber, dass die Gefahr in der Regel von Autos und Motorrädern ausgeht, die nicht warten können, bis sie genug Übersicht und Platz zum Überholen haben.” Ebenfalls empört zeigt sich die 85-jährige Trainerlegende Gunnar Prokop (Handball und Leichtathletik) in einem Beitrag der Kronen-Zeitung: “Wir Radfahrer werden nur noch diskriminiert” und kündigt im gleichen Atemzug an, “auch heuer wieder” mit dem Rad die Glocknerstraße zu befahren.
Die geplante Einschränkung des Radverkehrs könnte auch Auswirkungen auf den Tourismus in der Region haben. Die Großglockner-Hochalpenstraße ist nicht nur eine wichtige Verkehrsader, sondern auch ein bedeutender Wirtschaftsfaktor für die umliegenden Gemeinden. Kritiker befürchten, dass die Einschränkungen für Radfahrer zu einem Rückgang des Radtourismus führen könnten, was wiederum negative Folgen für die lokale Wirtschaft hätte. Als Alternative zu den geplanten Zeitfenstern schlagen Radverbände und Umweltorganisationen verschiedene Maßnahmen vor. Dazu gehören die Einrichtung von Radspuren, Geschwindigkeitsbegrenzungen für motorisierte Fahrzeuge oder die Einführung von autofreien Tagen. Diese Vorschläge zielen darauf ab, den Verkehr auf der Hochalpenstraße zu entschleunigen und sicherer zu gestalten, ohne bestimmte Verkehrsteilnehmer auszuschließen. Die Diskussion um die Zukunft des Radverkehrs auf der Großglockner-Hochalpenstraße verdeutlicht den Konflikt zwischen verschiedenen Mobilitätsformen im alpinen Raum. Es bleibt abzuwarten, wie die Betreiber auf die Kritik reagieren und ob alternative Lösungsansätze in Betracht gezogen werden, die sowohl den Sicherheitsaspekten als auch den Bedürfnissen aller Verkehrsteilnehmer Rechnung tragen.