Eine spektakuläre Küste – tagtäglich im Wandel der Gezeiten – ein ruhiges Hinterland mit legendären Anstiegen: die Bretagne, Heimat des großen Bernard Hinault, ist definitiv eine Reise wert.
Der Dachs ist eigentlich ein recht possierliches und mit seinem schwarz-weiß gestreiften Fell auch ein sehr hübsches Tier. Man darf ihn nur nicht reizen, dann wird er aggressiv und gefährlich. Wie viele Dachse in der Bretagne leben, ist nur zu schätzen, aber wenn die Bretonen vom Dachs sprechen, dann meinen sie ohnehin Bernard Hinault – einen der besten Radrennfahrer aller Zeiten, der in Yffiniac bei Saint-Brieuc in der Bretagne geboren wurde. Sein Motto lautete: „So lange ich atme, greife ich an“ – daher der Spitzname. Dort, wo „Le Blaireau“ – wie der Dachs auf Französisch heißt – einst seine Weltkarriere begann, haben wir uns im Frühsommer 2025 auf seine Spuren begeben, sind sowohl auf der Hausrunde von Hinault unterwegs gewesen als auch dort, wo wenig später der Tross der Tour de France vorbeirollte.
Wir haben auf unseren Touren weder einen leibhaftigen Dachs noch Bernard Hinault gesehen. Was im ersten Fall daran liegt, dass Dachse von Natur aus nachtaktiv sind. Und im Falle Bernard Hinaults wohl daran, dass der inzwischen 80 Jahre alte Ex-Champion nur noch selten auf dem Rennrad sitzt. Und außerdem war er vor der Frankreich-Rundfahrt 2025 enorm eingespannt. Ein Termin jagte den anderen, und uns blieben nur die übergroßen Portraits des fünfmaligen Tour-de-France-Siegers an den Hauswänden in seiner Heimatstadt und die TV-Spots, in denen er für die Tour de France warb. Dabei ist die Werbung ja eigentlich überflüssig. Es ist ja hinlänglich bekannt, dass die Franzosen im Allgemeinen und die Bretonen im Besonderen radsportverrückt sind.
Audrey Cordon-Ragot stammt aus der Gegend. Wir haben die mehrmalige Französische Meisterin in ihrer Heimat getroffen und anschließend noch einmal telefoniert. Sie sagt über den Radsport in der Bretagne: „Eine solch unglaubliche Stimmung bei Radrennen habe ich nirgendwo anders erlebt, außer vielleicht in Belgien. Auch bei der Tour de France Femmes 2025 war die Begeisterung in meiner Heimat so überwältigend, dass ich Tränen in den Augen hatte.“ Und dann sagt sie auf Französisch noch den schönen Satz: „Le vélo est Roi en Bretagne!“ Übersetzt heißt das so viel wie: „Das Fahrrad ist König in der Bretagne!“
Fährt man seine Touren in der Bretagne ohne die Anfeuerung der begeisterten Zuschauer am Straßenrand, dann bleibt einem immerhin die eigene Begeisterung über diese insbesondere an der Küste einzigartige Landschaft. Die bretonische Atlantikküste präsentiert sich alle paar Kilometer in einem anderen Antlitz. Mal mit langgezogenen Sandstränden, dann wieder mit traumhaften Buchten zwischen bizarr geformten Felsen; steile Klippen mit historischen Leuchttürmen ragen tollkühn in den Atlantik hinein, dazwischen pittoreske Dörfer und Städtchen mit den typischen Natursteinhäusern aus grauem Granit und mit blau gestrichenen Fensterläden. Fast jedes von ihnen ist von einem Meer aus Blumen umgeben: prächtige Hortensien in allen erdenklichen Farben und Schmucklilien vor allem. Und wenn schon keine bretonischen Fans für einen die „Gewn ha Du“ schwenken – die schwarz-weiße bretonische Flagge – so flattert sie munter in unzähligen Gärten im Wind. Die Bretonen sind nämlich in erster Linie Bretonen. Und dann erst Franzosen.
Das milde Klima macht’s möglich, dass hier neben den buntesten Blumen sogar Palmen und Bananen gedeihen. So weit, so hübsch. Aber vor allem arbeiten Ebbe und Flut daran, dass sich die Landschaft an ein und demselben Ort alle paar Stunden verändert. Genau deshalb haben wir vor Ort nach einem Geistesblitz noch einmal umgeplant: Statt von Morlaix, unserem ersten Standort, an der Küste in Richtung Plougasnou und durchs Landesinnere via Lanmeur zurückzuradeln, haben wir spontan beschlossen, dieselbe Strecke hin- und wieder zurückzufahren. Einfach deshalb, weil wir sehen wollten, wie sich die Kulisse durch die Gezeiten an der bretonischen Küste innerhalb von Stunden komplett verändert. Denn nirgendwo in Europa herrscht ein solch enormer Tidenhub wie in der Bretagne. Bei Saint Malo beträgt er in der Regel elf bis zwölf Meter, beim Le Mont-Saint-Michel sogar 14 Meter. Nur in der Bay of Fundy in Kanada ist er noch größer.
Es ist ein bisschen so, als würde jemand einfach mal den Stöpsel ziehen. Tausende von Booten liegen dann bei Niedrigwasser mit zum Teil bedenklicher Schieflage im Schlick, als hätten die Eigner sie aufgegeben. Aber von wegen. Kommt die Flut, dümpeln Yachten und Fischerboote wieder auf dem Wasser und die Bretonen gehen ihrer zweiten großen Leidenschaft nach: der Schifffahrt und insbesondere dem Segeln. Die Flut kommt schnell in der Bretagne. „À la vitesse d’un cheval au galop“. So hatte es der französische Dichter Victor Hugo einmal beschrieben – „so schnell wie ein galoppierendes Pferd“. „Es ist schon verrückt mit den Gezeiten”, sagt auch Audrey Cordon-Ragot lachend, „ich habe es immer wieder erlebt, dass Touristen ihr Auto irgendwo an der Küste abgestellt haben und als sie zurückkamen und losfahren wollten, schwamm es im Wasser.“
Die Radprofis sind bekanntlich ähnlich schnell unterwegs wie ein galoppierendes Pferd. Auf der 7. Etappe der Tour de France 2025 zur legendären Mur de Bretagne betrug die durchschnittliche Geschwindigkeit rasende 48,117 km/h. Wir haben es deutlich langsamer angehen lassen, gezwungenermaßen. Denn auch wenn die höchsten Erhebungen in der Region nicht über 400 Meter hinauskommen, ist die Bretagne ein höchst anspruchsvolles Revier für Hobby-Radsportler. Dort wo die Kollegen Pogacar & Co. die Steigungen auf dem großen Blatt einfach mal so wegbügeln, mussten wir ständig und hektisch herunterschalten, um nicht an einer der zahlreichen Rampen zu verhungern. Von der Mur de Bretagne, die die Profis 2025 gleich zweimal bewältigen mussten, ganz zu schweigen. 13 oder 14 Prozent sollen es sein an den steilsten Passagen, aber gefühlt führt das schnurgerade Asphaltband direkt in den bretonischen Himmel und bereitet Höllenschmerzen.
Insbesondere im Hinterland der Bretagne kommt man sich ansonsten vor wie bei einer Achterbahnfahrt, besser gesagt wie bei einer Fahrt in der „Wilden Maus“. Denn die Anstiege sind nie lang, dafür bisweilen ekelig steil und sie ziehen sich in unzähligen Kurven durch das beschauliche und wellig bis hügelige Bauern- und Binnenland. „So schön es an der Küste auch sein mag”, sagt die stolze Bretonin Audrey Cordon-Ragot, „ich bin ein Mädchen vom Land, und dort, wo die Straßen am steilsten sind, wo eine himmlische Ruhe herrscht, ist meine Heimat.” Das Hinterland der Bretagne ist durchzogen von endlosen Hecken, Bocage nennt man sie auf Französisch. Buchweizen wird hier wieder angebaut, Grundstoff für die Galettes, die von den Bretonen so geliebte Crêpe-Variante aus eben jenem Buchweizenmehl. Und man rollt vorbei an riesigen Artischocken-Feldern. Die leicht bitteren, aber äußerst schmackhaften Distelgewächse sind ebenfalls eine Spezialität der Bretagne. Lustig sehen die Kelchblätter aus, also die „Köpfe“ der Artischocken – beinahe wie Aliens, lauter kleine ETs.
Von Morlaix aus führt uns die Tour in den Parc Naturel Régional d’Armorique und auf den Roc’h Trevezel, mit 381 Metern Höhe die zweithöchste Erhebung der Bretagne – übrigens auch eine Zwischenstation beim legendären und über 1200 Kilometer führenden Brevet Paris-Brest-Paris. Der Ausblick vom Gipfel an der kleinen Kapelle Saint-Michel de Barsparts ist gigantisch und reicht bei guter Sicht bis hinüber zum Atlantik. Rund um den Berg erstreckt sich eine karge, nur von Heidekraut und Stechginster bewachsene Landschaft.
Auf der Abfahrt zurück in Richtung Morlaix rasen wir dann fast genauso schnell wie die Profis durch dunkle Mischwälder. „Argoat“, „Land der Wälder“, nannte man die Bretagne einst, ehe große Teile der Waldgebiete im Laufe der Jahrhunderte massiver Abholzung zum Opfer fielen. Sie erstreckten sich einst bis an die Küste, wo sich vor rund 2000 Jahren ein gewisser Obelix auf die Jagd nach Wildschweinen gemacht haben soll. Der dicke, gemütliche und etwas einfältige Gallier und sein smarter Kumpel Asterix aus den weltberühmten Comics waren genau genommen nämlich keine Franzosen, sondern Bretonen. Das Dorf der unbeugsamen Gallier hat deren Schöpfer, Albert Uderzo, nämlich an der bretonischen Küste verortet – und zwar nach Erquy.
Als Beweis dafür führen die Menschen aus Erquy das Bild auf Seite drei in den Asterix-Bänden an. In dem Motiv unter der Lupe wollen sie ganz eindeutig die drei Felsen vor der Küste ihrer Stadt erkennen. Als wir nach einem Café au lait im Hafen von Erquy noch ein wenig durch die Straßen schlendern, sehen wir in den Auslagen der Souvenirgeschäfte überall kleine Asterix- und Obelix-Figuren. Warum Asterix für neun Euro zu haben ist und Obelix zehn Euro kostet, muss man nicht verstehen. Vielleicht geht es nach Gewicht? Zaubertrank für die nächste Tour haben wir vergeblich gesucht ...
Unser Zwischenziel ein wenig weiter westlich von Erquy ist das Cap Fréhel mit seinem historischen Leuchtturm. Im Juli und August erstrahlt die Heide oberhalb der Klippen in einem zart leuchtenden Violett, der gelb blühende Ginster bildet einen grandiosen Kontrast dazu. Schaut man von den Felsen über das smaragdgrüne Wasser in die Ferne, kann man sich sehr gut vorstellen, warum die Römer hier einst das Ende der Welt, das „Finis Terrae“, vermuteten.
Fabien Leduc von der Agentur „Abiciclette“, von dem wir unsere Rennräder geliehen haben, wird geradezu poetisch bis pathetisch, wenn er vom Cap Fréhel erzählt. „Jedesmal wenn ich die Klippen und diesen Leuchtturm erblicke, wie er den Elementen gegenübersteht, durchzieht meinen Körper ein Schauer, als ob ich den Radius eines elektromagnetischen Feldes betreten hätte, dessen Mittelpunkt dieser Leuchtturm wäre. Kurz gesagt: es ist eine echte Gänsehaut-Landschaft.” Wir sind extra um sechs Uhr in der Früh aufgestanden, weil wir befürchtet hatten, dass wir an diesem Ausflugs-Hotspot der Bretagne nicht alleine sein würden. Aber die Horden von Bus-Touristen, die ab spätestens 9 Uhr hier einfallen, haben uns doch ein wenig geschockt. Also schwingen wir uns schnell wieder in den Sattel und pedalieren via Yffiniac zurück in Richtung Saint-Brieuc.
In Yffiniac wurde schon fleißig gewerkelt, für die Tour de France wollte sich Bernard Hinaults Heimatort natürlich besonders herausputzen. Wir haben uns den Hals verrenkt und beinahe einen Unfall verursacht, weil wir hofften, den großen Bernard Hinault zu erspähen – wie er vielleicht gerade auf dem Rad zum Einkaufen fährt. Aber außer dem übergroßen Hinault im Gelben Trikot auf der Hauswand an der Rue de Penthièvre war nichts zu sehen von ihm. Aber so sicher wie Ebbe und Flut an der bretonischen Küste aufeinander folgen – auch ohne eine nachgewiesene Dachssichtung lohnt eine Reise mit dem Rennrad in die Bretagne.
In Zeiten des Klimawandels eine echte Alternative, wenn man nicht unbedingt darauf besteht, das eigene Rad mitzunehmen. Das ist durchaus machbar, aber gestaltet sich eher schwierig. In TGV-Zügen gibt es inzwischen reservierungspflichtige Stellplätze, allerdings nur sehr wenige, in den Thalys-Zügen von Köln nach Paris gibt es keine. Alle Wege bei der Anreise mit der Bahn führen mal wieder über Paris, wo man den Bahnhof wechseln muss (Metro-Ticket kann man bereits im TGV auf dem Weg nach Paris kaufen). Vom Gare de Montparnasse (ca. eine Stunde mit der Metro inkl. Fußweg vom Gare de l’Est) braucht der TGV dann gut drei Stunden nach Morlaix. Von Morlaix nach Saint-Brieuc fährt der Regionalzug eine gute Stunde, und auch mit dem Mietwagen beträgt die Fahrtzeit zwischen den beiden Städten rund eine Stunde. Infos: www.bahn.de / www.sncf.com/de BUS Alternative für die Anreise ist der FlixBus, der beispielsweise ab Köln nach Paris, aber auch nach St. Malo fährt. Die Radmitnahme muss aber frühzeitig reserviert werden, da pro Bus nur wenige Räder transportiert werden können. www.flixbus.de
Von Hamburg bis in den Nordwesten der Bretagne sind es rund 1400 Kilometer. Die schnellste Strecke führt über Köln, nördlich an Paris vorbei, ans Ziel. Neben den Benzinkosten kommen bei dieser Route rund 60 Euro an Mautgebühren für Hin- und Rückfahrt hinzu. Reist man aus dem Süden Deutschlands an (München – Morlaix: ca. 1350 km) liegen die Mautkosten aufgrund der längeren Strecke auf den mautpflichtigen Autobahnen in Frankreich bei knapp 90 Euro.
Es gibt nur wenige Direktflüge von Deutschland in die Bretagne. Lediglich von Frankfurt/Main kann man ohne Zwischenstopp nach Rennes fliegen. In der Regel geht es von allen anderen deutschen Airports mit der Air France via Paris nach Rennes oder Brest, wobei inzwischen immerhin der lästige Transfer vom Flughafen Charles de Gaulle zum Airport Orly entfällt. Hin- und Rückflug kosten ab ca. 300 Euro. Von Brest braucht man mit dem Mietwagen rund eine halbe Stunde nach Morlaix, rund anderthalb Stunden nach Saint-Brieuc. Ab dem Aeroport Rennes ist man in gut einer Stunde in Saint-Brieuc und in deren zwei in Morlaix.
Le Moulin à Papier (https://www.moulin-a-papier.fr/)
Ebenfalls sehr charmantes Chambre d’hôtes, etwas außerhalb der Stadt gelegen. Schöne Zimmer in einem altem Gemäuer aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, sehr nette Gastgeber, als „Accueil Vélo“ (fahrradfreundliche Unterkunft) gekennzeichnet. DZ ab 95 Euro.
Im frühen Frühjahr und im späten Herbst kann’s ungemütlich werden in der Bretagne, Schauerwetter oder auch Dauerregen mit starken Winden sind immer möglich. Die Sommer sind mild, in Zeiten des Klimawandels auch schon mal brutal heiß. Bei einer früheren Reise im Juli 2022 stieg das Thermometer auf 43 Grad, im Juni 2025 herrschten im Landesinneren Temperaturen von bis zu 36 Grad. An der Küste ist es stets ein wenig kühler, und eine stete, frische Brise macht es zudem angenehmer. In der Hauptsaison (Juli/August) ist es an der Küste brechend voll.
Die Rosa-Granit-Küste ist definitiv einen Ausflug wert. Bei Ploumanac’h findet man einen absoluten Traumstrand; von dort aus empfiehlt sich ein Spaziergang – am besten in der Abendstimmung zum Leuchtturm. Gegenüber, im Schlösschen auf der Île de Costaérès, hat übrigens der deutsche Komiker und Schauspieler Dieter Hallervorden seinen Zeit- bzw. Alterswohnsitz. Eines der beliebtesten Fotomotive der Bretagne liegt an der zerklüfteten Felsküste bei Plougrescant: das zwischen zwei Felsen eingeklemmte Haus am Pointe de Château. Saint Malo, die alte Korsarenstadt, leidet in der Hauptsaison akut an „overtourisme“ – gesehen haben sollte man sie dennoch. Gleiches gilt für den Mont-Saint-Michel; der Inselberg mit der Abtei liegt als „La Merveille“ (Das Wunder) inmitten des Wattenmeeres – offiziell allerdings schon im Departement Normandie. Das nächste berühmt-berüchtigte Brevet Paris-Brest-Paris über 1.200 Kilometer findet 2027 statt. www.paris-brest-paris.org
Wer auf Muscheln, Austern und sonstige Meeresfrüchte steht, der dürfte sich in der Bretagne wahrlich fühlen wie „Gott in Frankreich“. Die Austern aus Cancale, etwas weiter im Norden, sind seit 2019 sogar immaterielles UNESCOWelterbe. Wen es bei der bloßen Erwähnung von Austern schon schüttelt, der muss dennoch keine Angst haben zu verhungern. Überall an der Küste stehen Hummer, Crevetten, Strandund Wellhornschnecken (Bulot und Bigorneau), Jakobsmuscheln, „Moule frites“ und verschiedene Fischgerichte auf der Karte. Wem auch das nicht schmeckt – Fleisch gibt es natürlich auch, und für französische Verhältnisse bieten die Restaurants häufig vegetarische und bisweilen sogar vegane Gerichte an. Die Bretagne ist darüber hinaus berühmt für ihre Artischocken und natürlich für die Crêpes und Galettes (Crêpes aus Buchweizenmehl), die mit allerlei Köstlichkeiten gefüllt werden, von süß (Apfelmus, Zucker, Nutella etc.) bis herzhaft: Ziegenkäse, Andouille (Wurst aus Innereien) und Fisch. Sogar der Döner kommt hier als Galette-Döner daher. Das „Nationalgetränk“ der Bretonen ist der Cidre, der leicht perlende Apfelwein mit einem Alkoholgehalt von ungefähr drei bis fünf Volumenprozent. Wer auf Cola steht und/oder unterwegs einen kleinen Zuckerkick braucht: die Bretonen haben mit der Breizh Cola sogar eine eigene, durchaus leckere Variante auf den Markt gebracht. Für unterwegs bieten sich die bretonischen Butterkekse an; die Caramel au beurre salé (Salzbutterkaramell-Bonbons) sind fiese Plombenzieher, aber sensationell lecker.
Das L’Aire du Temps wird seit Jahren von diversen Gastro-Guides lobend erwähnt. Auf der Karte stehen regionale Gerichte wie Cocotte (Auflauf) mit Seeteufelmedaillons oder Artichaut à la barigoule (gefüllte, geschmorte Artischocken) – modern interpretiert und mit erstklassigen Produkten zubereitet. Super Preis- Leistungs-Verhältnis, sehr gute Weinkarte. www.airdutemps.fr
Der Radreiseveranstalter Abicyclette Voyages aus Rennes verleiht neben Trekkingbikes und E-Bikes auch Rennräder von Wilier. Die Mindestmietdauer beträgt bei der Ausleihe von einem Rad zehn Tage, bei der Ausleihe von mindestens zwei Rädern fünf Tage. Preis pro Rad für fünf Tage: 247 Euro, eine Woche: 303 Euro, zehn Tage: 374 Euro. Im Preis inbegriffen ist die Lieferung sowie die Abholung der Räder in der gesamten Bretagne. Ebenfalls inbegriffen sind Wasserflasche, Helm, Pumpe, Schloss, Bike-Computer und ein Reparatur- Kit. www.abicyclette-voyages.com
Auch Mor’Les Cycle in Morlaix bietet Leih-Rennräder an. Rue de Paris 5, +33 09 51381506 Bei Problemen mit dem Bike in Saint-Brieuc hilft Culture Vélo im Vorort Trégueux, https://www.culturevelo. com/-Saint-Brieuc-.
Reiseführer Bretagne, Michael-Müller- Verlag, 27,90 Euro; Michelin regional 512, Bretagne, Maßstab: 1:200.000, 6,95 Euro.
www.tourismebretagne.com
www.atout-france.fr
www.bretagne-reisen.de
Die Bretagne ist Frankreichs größte Halbinsel und liegt im äußersten Westen des Landes. Die Gallier nannten die Region einst „Aremorica“, was übersetzt so viel wie „Land am Meer“ bedeutet. Das vom Golfstrom beeinflusste Klima ist mild, in der Bretagne wachsen Palmen und Bananen! Absolut prägend für die Küstenregion sind die Gezeiten (Marées); in der Bucht von Saint Malo beträgt der Tidenhub um die elf Meter, beim Mont- Saint-Michel gar bis zu 14 Meter – so viel wie nirgendwo sonst in Europa. In der Bretagne wird natürlich Französisch, aber auch das zur keltischen Sprachgruppe zählende Bretonisch gesprochen. Fast alle Schilder in Breizh, so der bretonische Name der Region, sind zweisprachig gehalten. Auf einer Fläche von rund 27.000 Quadtrakilometern leben rund 3,3 Millionen Menschen. Die Hauptstadt der Bretagne ist Rennes; Morlaix mit dem gigantischen Eisenbahnviadukt punktet mit einer pittoresken Altstadt. Saint-Brieuc ist längst nicht so touristisch aufgehübscht, aber genau das mach den Reiz der alten Bischofsstadt aus.
Die beiden Touren im Landesinneren führen überwiegend über winzige, fast ausschließlich gut asphaltierte und verkehrsarme Straßen. Entlang der Küste rollt man auf der Tour ab Morlaix auch weitgehend auf wenig befahrenen Nebenstraßen, in Richtung des Cap Fréhel ab Saint-Brieuc ist ein bisschen mehr Verkehr. In der Hauptsaison im Juli und August ist es dort überall rappelvoll. Der höchste Berg der Bretagne, der Roc’h Ruz, ist mit einer Höhe von 385 Metern vergleichsweise ein Winzling. Höhenmeter kommen dennoch einige zusammen; auf den gut hundert Kilometer langen Touren ins Binnenland sind es jeweils um die 1300 Höhenmeter, auf den Touren an der Küste ca. 1000. Bei einem Blick auf das „Sägezahn-Profil“ der Routen weiß man schon vor der Tour, dass es ständig rauf und runter geht und einige Rampen warten – und das kostet bekanntlich oft mehr Körner als ein längerer, gleichbleibend steiler Anstieg.
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TOUR DE LA MARÉE
119 km | 1320 Höhenmeter | max. 12 % Steigung
Von Morlaix aus sind es nur ein paar Pedalumdrehungen an die Küste. Und die ist so faszinierend, dass wir spontan entschieden haben, auf demselben Weg zurückzufahren. Nicht nur, weil es dort so schön ist, sondern weil wir auf der Tour erleben wollten, wie sich die Küste im Laufe der Gezeiten (Marées) verändert. Via Plougasnou und Locquirec führt die Straße immer wieder mit grandiosen Ausblicken auf den Atlantik nach Locquémeu. Nach einer Stärkung im Café du Port geht es zurück – und tatsächlich schaut die Landschaft vollkommen anders aus: Wo auf dem Hinweg noch Wasser war, liegen die Boote jetzt im Watt.
AUFS DACH DER BRETAGNE
111 km | 1430 Höhenmeter | max. 10 % Steigung
Die Tour von Morlaix ins Landesinnere gleicht einer Achterbahnfahrt. Auf winzigen, aber fast immer bestens asphaltierten Straßen, führt die Route durch welliges bis hügeliges Bauernland, durch teils arg verschlafene und dann wieder hübsch herausgeputzte Dörfer und Städtchen zum Mont-Saint-Michel de Brasparts (auf bretonisch „menez Mikael-an-Are“), dem mit 381 Metern zweithöchsten Berg der Bretagne nach dem Roc’h Ruz (385 Meter). Vom Gipfel im Herzen des Naturparks Amorique führt die Strecke mit minimalem Gefälle abwärts und überwiegend entlang des Flusses Queffleuth zurück nach Morlaix.
ZUR MUR DE BRETAGNE
114 km | 1360 Höhenmeter | max. 14 % Steigung
Auch die Tour von Saint-Brieuc ins Landesinnere ist vor allem deshalb ein Genuss, weil auf den vielen winzigen Straßen so gut wie kein Autoverkehr herrscht. Dort wo Bernard Hinault einst seine Trainingsrunden drehte, ist die Landschaft alles andere als spektakulär; man rollt durch Bauernland, endlose Getreidefelder wechseln mit waldigen Passagen ab, und auch hier geht es ständig hoch und runter. Nur selten wird es steil dabei, außer natürlich an der legendären Mur de Bretagne (Côte de Menez-Hiez), an der zuletzt auf der 7. Etappe der Tour de France 2025 Tadej Pogaçar die Nase vorne hatte.
ZUM CAP FRÉHEL
110 km | 1060 Höhenmeter | max. 10 % Steigung
Auch an der Küste nördlich seines Heimatortes Yffinac hat der große Bernard Hinault häufig trainiert. Die Tour führt von Saint-Brieuc via Erquy ans Cap Fréhel, zweifelsohne eines der landschaftlichen Highlights der nördlichen Bretagne. Aber weil quasi minütlich Busladungen an Touristen ausgespuckt werden, macht man sich nach einem kurzen Stopp lieber schnell wieder auf den Weg. Zurück geht es im Landesinneren nach Saint-Brieuc, wobei man durch den Geburtsort Hinaults kommt. Der grüßt im Vorbeirollen von einem überlebensgroßen Portrait an einer Hauswand.