Radreise NordvogesenZwei Touren, die Kulinarik und Idylle verbinden

Patrick Kunkel

 · 13.01.2024

Radreise Nordvogesen: Ein idyllischer Kurztrip mit dem Bike.
Foto: Martin Kirchner
Das Vallée de la Bruche in den Vogesen steht für entschleunigten Genuss: In den Bergen rings um das Flusstal liegen lauschige Dörfer, einsame Straßenpässe, ein mythischer Gipfel und viele idyllische Berggasthöfe. Zwei Touren, die sich bei einer Radreise in den Nordvogesen empfehlen.

Mmmmh. Der gute elsässische Pinot gris! Der Grauburgunder passt hervorragend zur Pastete und dem deftigen elsässischen Kalbsbraten, den man uns im Bergrestaurant Velleda, ein paar Meter unterhalb des Donon-Gipfels, vorsetzt. Wer, so wie mein Mitfahrer Martin und ich, gerne Kulinarik mit sportlichem Radfahren verbindet, ist im Vallée de la Bruche in den elsässischen Vogesen genau am richtigen Ort. Nur: Wir müssen höllisch aufpassen, dass wir nach zwei Tagen Radfuttern, äh, -fahren, nicht mehr Kilos auf den Rippen haben als zuvor. Beruhigend, dass wir schon ein paar Kilometer in den Beinen haben: Der Anstieg auf den Gipfel des Donon hat es in sich.

Die Bergstrecke führt immerhin auf luftige 1009 Meter über null. Zugegeben: Das ist nicht viel, aber der Donon ist damit immerhin der höchste Berg der Nordvogesen. Und außerdem ist er nicht irgendeine Erhebung: Auf dem Gipfel zieht nicht nur der Nachbau eines keltischen Tempels Besucherströme an. Angeblich verehrten die gallischen Ureinwohner den Berggott Vosegus auf dem Donon – woraus sich wiederum der Name für das gesamte Vogesen-Gebirge abgeleitet hat. Eine ruhige Bergstraße führt durch üppige Nadelwälder hinauf. Von der Passhöhe bogen wir auf einen Forstweg Richtung Gipfel ab, ein paar Meter mussten wir schieben.

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Radreise Nordvogesen: Ein Mix aus Kulinarik und Idylle

Die Passhöhe liegt gut 300 Meter tiefer. Praktisch: Mit prall gefüllten Radlerbäuchen – das Gugelhupf-Eis mit Tresterschnaps vom Gewürztraminer passte zum Schluss auch noch rein – können wir es einfach nur noch bergab rollen lassen ins Vallée de la Bruche. Dort schlängelt sich der wilde Bergfluss Bruche zwischen den Vogesen-Hängen dahin. Das Flusstal ist das längste in dem französischen Mittelgebirge. Es markiert die Grenze zwischen den Nordvogesen und den Mittleren Vogesen. Ein wahres Idyll von Flussradweg folgt dem Lauf der Bruche – aber nicht wie sonst üblich auf flachen Uferwegen. Die Wegeplaner haben sich stattdessen die alten Verbindungswege zwischen den Dörfern ausgesucht, was das Pedalieren dort unglaublich abwechslungsreich macht.

Allerdings geht es auch immer wieder auf und ab. Das Wort flussaufwärts bekommt angesichts manch knackiger Rampe noch mal eine ganz andere Bedeutung. Überhaupt: Flach geht es im Vallée de la Bruche nur auf vergleichsweise kurzen Abschnitten dahin. Das bestätigt uns auch Simone Leininger vom Tourismusbüro in der schmucken Altstadt von Schirmeck, dem Hauptort des Bruche-Tals, die ganz kräftig die Werbetrommel für Radler jedweder Couleur rührt.

Man muss sagen, das macht sie ziemlich überzeugend: Etliche Radrouten rund um Schirmeck und die anderen Dörfer des Bruche-Tals hat Simone selbst ausbaldowert und stellt sie inklusive deutschsprachiger Beschreibungen, Tracks zum Nachfahren und reichlich Kartenmaterial zur Verfügung. Landschaftlich ist alles erste Sahne. Aber: “Die meisten Routen sind steil. Wir sind halt in den Bergen, und die schönsten Sachen sind nicht unten, sondern oben. Für uns ist das kein Problem, die Mehrzahl unserer Besucher ist sowieso mit dem E-Bike unterwegs.”

Engpass: Auf dem Radweg zwischen Urmatt und Schirmeck separiert ein Durchschlupf mit Handicap die Zwei- und Vierbeiner.Foto: Martin KirchnerEngpass: Auf dem Radweg zwischen Urmatt und Schirmeck separiert ein Durchschlupf mit Handicap die Zwei- und Vierbeiner.

Der höchste Punkt der Mittleren Vogesen

Wir aber nicht. Gut so. Uns bleibt folglich nur eins: in die Pedale treten. Auch am nächsten Tag der Radreise steht eine Bergetappe auf dem Plan: gegenüber des Donon, auf der anderen Talseite, wollen wir hinauf zum Champ du Feu, dem mit 1099 Metern höchsten Punkt der Mittleren Vogesen. Der Trip lohnt sich in jedem Fall, nicht nur sportlich gesehen: Oberhalb des lang gezogenen Tals liegen ruhige Dörfer, struppige Hochweiden, einsame Straßenpässe – und reihenweise idyllische Berggasthöfe, die Fermes-Auberges.

Dort werden elsässische kulinarische Besonderheiten gereicht, aber in der deftigen Bergbauernvariante. So etwa in der Ferme-Auberge du Bambois von Isabelle und Walter Huber, die später am Tag direkt am Wegesrand liegt. Auf der Speisekarte stehen: geräucherter Schinken, Kalbsbraten mit Spätzle oder Flammkuchen. Und natürlich die kräftigen Bergkäse, die vom Hof von Isabelles Bruder stammen. Alles ziemlich rustikal, aber lecker und aus eigener Produktion. “Das Besondere an den elsässischen Bergbauernhöfen ist, dass 70 Prozent der Produkte, die dort verkauft werden, vor Ort produziert werden müssen”, erklärt Simone: “Alles ist einfach, ohne Schnickschnack.” Aber wohl gerade deshalb ganz besonders gut.



Radreise Nordvogesen: Routen und Informationen

Die Routen der beiden Touren durch die Nordvogesen (rot = Tour 1, blau = Tour 2).Foto: Kartografie WinterDie Routen der beiden Touren durch die Nordvogesen (rot = Tour 1, blau = Tour 2).

Allgemeine Info

Die Vogesen sind ein bis zu 1424 Meter hohes Mittelgebirge im Osten Frankreichs. Sie liegen im Dreiländereck zwischen Frankreich, der Schweiz und Deutschland. Das Vallée de la Bruche ist ein Flusstal auf der Höhe von Straßburg, das ein gutes Stück abseits der Touristenströme liegt. Hauptort ist Schirmeck. Der Donon-Gebirgsstock ist mit 1009 Metern Höhe der höchste Punkt der Nordvogesen, das auf der anderen Talseite liegende Champ du Feu (1099 Meter) gehört bereits zu den Mittleren Vogesen.

Tour 1: Rund um Schirmeck

  • 53 Kilometer
  • 1130 Höhenmeter
  • 16% maximale Steigung
Das ist das Höhenprofil von Tour 1.Foto: Anner GrafikDas ist das Höhenprofil von Tour 1.

Auf zum Champ du Feu, dem mit 1099 Metern höchsten Punkt der Mittleren Vogesen! Die aussichtsreiche Strecke führt auf die Anhöhen des Bruche-Tals und nach 43 Kilometern an der Ferme-Auberge du Bambois vorbei. Einen Stopp sollte man bei der Erinnerungsstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Struthof einlegen, das unweit des Gipfels liegt.

Tour 2: Auf den Donon!

  • 43 Kilometer
  • 1000 Höhenmeter
  • 19% maximale Steigung
Das ist das Höhenprofil von Tour 2.Foto: Anner GrafikDas ist das Höhenprofil von Tour 2.

Der Donon ist weithin sichtbar. Wohl deshalb erklärten ihn schon die Gallier zum Kultort. Ob was dran ist? Vielleicht findet man es auf der höhenmeterreichen Runde durch die traumhaften Wälder des Donon-Gebiets heraus. Zumeist geht es über asphaltierte, ruhige Nebenstrecken, der Schotteranteil ist gering, die Abfahrt nach Schirmeck etwas verkehrsreicher, aber bergab stressfrei fahrbar.

Fouday ist ein hübscher Vogesen-Ort im Verlauf von Tour 1.Foto: Martin KirchnerFouday ist ein hübscher Vogesen-Ort im Verlauf von Tour 1.

Die wichtigsten Infos zu einer Radreise in die Nordvogesen

Anreise

Auto: aus Deutschland über die A5 via Kehl und Strasbourg.

Beste Reisezeit

April bis Mitte Oktober. Im Sommer ist es auch in Höhen über 1000 Meter angenehm warm. Nachmittags kann es aber Gewitter geben.

Radservice

Ttecmoto in Schirmeck bietet Radservice und Ersatzteile, diese allerdings stark überteuert – dem Chef sei es gegönnt.

Unterkunft

La Rubanerie: Lauschig und ruhig am Fluss gelegenes Hotel, das mit der Schindelfassade ein wenig aus der Zeit gefallen scheint. Die Zimmer sind im klassischen Stil, alles ist ein bisschen abgenutzt, und der eine oder andere Stilbruch bei der Inneneinrichtung macht die Rubanerie umso sympathischer. Liebevoll angerichtetes, leckeres und reichhaltiges Frühstück, sehr freundliche Gastgeber. 14, rue de Jardins 67570 La Claquette

Sehenswert

Der Schrecken liegt mitten im Wald-Idyll: Das 1941 errichtete Konzentrationslager Struthof-Natzweiler ist die einzige Einrichtung dieser Art auf französischem Boden. 52.000 Gefangene mussten im nahe gelegenen Steinbruch Zwangsarbeit leisten. 22.000 Menschen starben. Das Europäische Zentrum der deportierten Widerstandskämpfer ist ein Ort der Erinnerung von ganz besonderer Bedeutung.

Jean-Frédéric Oberlin, evangelischer Pfarrer, Pädagoge und Sozialreformer hatte im 18. und 19. Jahrhundert das Ziel, mitten in einem armen Vogesental eine neue Gesellschaft aufzubauen. Im Oberlin-Museum in Waldersbach erfährt man alles dazu.

Essen

Das Elsass und damit auch die Vogesen gelten seit jeher als Genussregion – sowohl, was das Essen angeht, als auch wegen der hervorragenden regionalen Weine. Feine, allerdings eher bodenständige Küche findet man in den Restaurants und Berggasthöfen der Vogesen. Die Preise sind auf mittlerem Niveau.

Wohl bekomm’s: Schlemmen gehört bei einer Vogesentour dazu.Foto: Martin KirchnerWohl bekomm’s: Schlemmen gehört bei einer Vogesentour dazu.

TOUR-Tipp: Herzhafte, deftige und hervorragend zubereitete Regionalküche gibt es im Restaurant La Schlitte (das elsässische Wort für “Holzschlitten”). 26, route de Fréconrupt 67130 La Broque

Touren und Karten

Radrouten für alle Schwierigkeitsgrade, aber auch Wandertouren sowie Infos über Einkehrmöglichkeiten, Serviceangebote und Karten: www.vogesenwandern.de

Literatur

Reiseführer “Elsass”, von Antje und Gunter Schwab. Detaillierter, sorgsam recherchierter Reiseführer mit Tiefgang. Michael Müller Verlag, 444 Seiten, ISBN 978-3-95654-401-9, 21,90 Euro.


GPS Daten

Sie können den GPX-Track zu den Touren in den Vogesen hier kostenlos herunterladen.

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