Mareike Röwekamp
· 15.10.2022
Ein Rennradziel in Europa. Ein Ziel, das noch zu entdecken ist. Mit Bergen für die Sicht und Höhenmetern für die Beine. Ein Ziel mit Charakter. Frankreichs südwestlicher Zipfel könnte dieses Ziel sein, das Baskenland mit den Atlantischen Pyrenäen, dachte unsere Autorin. Grün ist es dort. Ein Dschungel, bewässert von den Tiefs der nahen Biskaya.
Text Mareike Röwekamp
„Mareike, ich hasse dich!“, presst Laura gerade noch heraus, bevor sie nach Luft schnappt. Dann höre ich kurz das Klickern der Schaltung und ein Stöhnen. Eine Rampe, die einer Wand gleicht, führt in den Wald hinauf. In einem an den Hang gebauten Häuschen schaut ein Mann halb fassungslos, halb amüsiert wortlos aus dem Fenster. Und ich frage mich: Was machen wir hier eigentlich, und wie sind wir hier gelandet?
Laura und ich wollten mal wieder zusammen Rad fahren. Gemeinsam hatten wir bereits Neuseeland auf dem Mountainbike durchquert, den Oman mit Rennrad und Gravelbike bereist (TOUR 12/2020). Diesmal suchten wir einen Startpunkt, der sich leicht und schnell erreichen lässt. Laura war gerade aus Paris zurück in ihre Heimat gezogen, das französische Baskenland – warum sollten wir also nicht dort in Bayonne starten und in die Pyrenäen fahren? Zumal Laura, die kurz zuvor an der Desertus-Bikus-Rad-Rallye durch wüstenhafte Regionen Spaniens teilgenommen hatte, sich freute, mal wieder grüne Landschaften zu sehen. Die Idee der Tour durch die Atlantischen Pyrenäen war geboren: sechs Etappen, 500 Kilometer, 10.000 Höhenmeter – das klang relativ gemütlich. Jetzt allerdings, schon am Morgen des zweiten Tages, ächzen wir bergauf. Der kleine Weg leitet uns durchs Grün, bis wir auf Schotter landen – für Laura auf dem Rennrad nicht zu fahren, und auch für mich, mit dem vollbepackten Gravelbike, ist hier Ende. Laura nutzt die Schiebepassage und dreht ein kleines Video für das Ultradistanz-Rennen „Poco Loco“, an dem sie teilnehmen will. „Was ich an Bikepacking-Trips mag, ist das Unbekannte, das, was ungeplant passiert“, höre ich sie texten. Nicht geplant ist auch, dass wir uns irgendwann einem verschlossenen Gatter nähern, auf dem in großen Buchstaben „Proprieté privé“ steht: Privatweg. Irgendetwas Ungeplantes passiert auf jeder Radreise – auch Routenplanungsfehler ...
Tags zuvor waren wir in Bayonne gestartet, das längst mit dem bekannten Küstenort Biarritz zusammengewachsen ist. Dunkelgraue Wolkenberge hatten sich vor uns aufgetürmt. Im Baskenland regnet es immer, erzählt man sich. „Wann trifft es uns?“, fragte ich mich. Sicher früher oder später, aber wann? Doch an diesem Tag drohten die Wolken nur. Trocken passierten wir baskische Fachwerk-Bauernhäuser, die verstreut in der Landschaft stehen und wenige kleine Dörfer. Die Gegend schien eingeschlafen, ohne Bewohner, ohne eine Bewegung. Wir fuhren über die erste Passhöhe, den 325 Meter hohen Col d’Ipharlatze oder auf Baskisch „Iparlatzeko Lepoa“, bald folgte der zweite Scheitel, der Col d’Osquich (495 Meter), der sich schon etwas mehr nach Pass anfühlte. Oben steht ein verlassenes Hotel zum Verkauf bereit. Mich wunderte es nicht. Mir vermittelte sich schnell eine Gewissheit: Wer hier wohnt, der muss es mögen, oder man ist hier geboren. Im besten Fall beides. Welchen Ruf die Basken in Frankreich haben, wollte ich von Laura wissen, die hier aufgewachsen ist. „Nun, sie sind ein bisschen wie die Korsen, wenn du verstehst, was ich meine ...“, begann Laura. Ich verstand! Stolz auf ihren Landstrich, ihre Kultur, gerne auch etwas eigenbrötlerisch. Erste Ablehnung sei aber nur Misstrauen, keine Verschlossenheit, sagte Laura. Ich ließ die Landschaft wirken. Auch wenn sie nicht einladend aussieht, ist sie schön: graugrün, laubgrün, grasgrün, blaugrün, kleegrün, farngrün, braungrün. All diese Grüntöne, angeordnet in verschiedenen Konstellationen, bilden Flecken, verbinden sich zu einem Bild, das nur ab und zu von etwas Braun oder Schwarz unterbrochen wird: Baumstämme und Wege. Sonst ist es grün. Nur grün.
Am Ende des Tages wurde das Bild doch noch durch einen Ort unterbrochen: Mauléon-Licharre. Und dieser empfahl sich mit bester Verpflegung. Eine altes Kloster, umgebaut zum Hotel, liegt idyllisch gegenüber einer Schlossruine. Das Abendessen war hervorragend, französische Küche mit Liebe zum Detail. Beim Dessert schoss mir durch den Kopf: „Halte die Erinnerung fest, du wirst sie später brauchen können!“ Ich sollte recht behalten. Nach der Schottersackgasse finden wir ein von Fliegen übervölkertes Café, in dem wir einen Pilger treffen, der auf dem Jakobsweg unterwegs ist. Er schlafe mal auf dem Boden, mal in Kirchen, berichtet er. Wir ahnen noch nicht, dass wir uns später am Tag an dieses Gespräch erinnern werden. Denn als wir Lourdios-Ichére erreichen, den letzten französischen Ort vor dem Col de la Pierre Saint-Martin, der nach Spanien führt, steht die Sonne bereits tief. Es ist 18 Uhr, und wir könnten den Tag Tag sein lassen, wenn wir denn eine Unterkunft fänden. Doch die Beschilderungen führen ins Nirgendwo, und die wenigen Menschen, die wir in dem 150-Seelen-Ort treffen, schicken uns mal in die eine, mal in die andere Richtung, so dass wir schon überlegen, uns bis zum Morgengrauen in der kühlen Kirche auszuruhen. Aber irgendetwas in uns sperrt sich. Orte strahlen aus, ob sie jemanden willkommen heißen – dieser tut es nicht. Wir fahren weiter.
Im Anstieg wird es dunkler und dunkler. Als wir den Zwischengipfel erreichen, den Col de Labays auf 1.351 Metern, ist es unwirtlich kalt. Außer uns ist niemand unterwegs. Bei fünf Grad erreichen wir die Passhöhe. Während wir mit klammen Fingern unsere Jacken und Handschuhe für die Abfahrt aus den Taschen nesteln, sehen wir in der Dunkelheit plötzlich einen wackeligen Lichtkegel, der sich uns von spanischer Seite aus nähert. Es ist ein einsamer Radfahrer, mit dem wir uns kurz unterhalten, mitten im Nichts. Kurz schießt mir das gemütliche Abendessen des Vortags durch den Kopf. Also, weiter! Unsere Wege trennen sich, jeder stürzt sich in die Nacht: der Radler nach Frankreich, Laura und ich nach Spanien.
Um mich herum ist Schwarz. Laura ist davon bereits verschluckt. Nur das Geräusch des pfeifenden Bergwindes begleitet mich. Der kleine Lichtkegel meiner Lampe dringt nicht weit im dichten Nebel. So vergeht eine Unendlichkeit, bis sich irgendwann, ganz fein, eine gezackte Linie in das dunkle Nichts zeichnet. Sie trennt ein pechschwarzes Schwarz unten von einem Nur-Schwarz oben. Diese Linie steigt langsam immer höher, bis mir klar wird: Ich fahre jetzt wieder in die Berge hinein. Ganz oben wird der Himmel von ein paar schwachen Sternen sanft erleuchtet, bis plötzlich mein Scheinwerfer das Ortseingangsschild „Isaba/Izaba“ trifft, unser Zielort auf spanischer Seite. Erleuchtete Straßenlaternen, Stimmen auf den Straßen, Neonröhren in den noch geöffneten Bars, geschäftiges Nachtleben an der Schwelle vom Kommen der einen und dem Gehen der anderen. Im Hostel ist unser Zimmerschlüssel mit einem Zettel auf dem Tresen hinterlegt. Ein weißes, frisch bezogenes Bett und eine heiße Dusche warten auf uns. Wir legen die Beine hoch. So schön und einfach kann das Leben sein.
Der Himmel ist nah, wenn es Tortilla zum Frühstück gibt, und blau, als wir Isaba verlassen. Die Sonne heizt die breiten Straßen auf, auf denen wir uns die Anstiege des Tages erarbeiten. Nach der Einsamkeit zuvor ist es fast ein Schock, all die Menschen zu treffen, die uns von Saint-Jean-Pied-de-Port aus entgegenkommen. Wanderer, Tagesausflügler, Pilger ziehen auf dem Jakobsweg nach Süden in die Berge. Anstrengung, Leiden, Glückseligkeit, Konzentration, Kontemplation, Zielstrebigkeit, Katharsis – all das ist in ihren Blicken zu lesen. Wir kreuzen den Jakobsweg in Richtung der nächsten Bergkette. Absurd steil türmen sich die Wände, in die Wege gebaut sind, vor uns auf. Und wieder die Erkenntnis: Wer sich hier einrichtet, den formt sein Umfeld. Wer sich hier niederlässt, der hat sich entschieden. Auch wir haben uns entschieden: den nächsten Pass zu überqueren, der noch nicht einmal ausgeschrieben ist. Über kleine Wege, ohne eine Menschenseele zu treffen, arbeiten wir uns in die Höhe. Die Sonne brennt, ab und an treffen wir eine Herde Kühe oder freilaufende Pferde, die uns nicht beachten. Nach einer Abfahrt, die fahrtechnisch nicht für die Aufstiegsmühen entlohnt, aber schöne Ausblicke auf eine ins Abendrot getauchte Bergwelt ermöglicht, landen wir in einem einsam gelegenen Hotel am Fluss Nive. Dort hatten wir Stunden zuvor ein Zimmer gebucht – in der Nebensaison, Ende Mai, ohne Schwierigkeiten, obwohl es in diesem Teil der Pyrenäen nur wenige Unterkünfte gibt.
Wir sind nicht überrascht, dass der Folgetag weiter harte Steigungen für uns bereithält. Dass sich am Ende des Tages allerdings auf nur 50 Kilometern mehr als 1.800 Höhenmeter angesammelt haben, ist unser persönlicher Rekord an Höhenmeter-Dichte. Wer hier Rad fährt, muss Berge mögen! Aber bei aller Feindseligkeit der Anstiege: Die Landschaft ist schön. Kleine gelbe Bergblumen unterbrechen das ewige Grün. Bewaldete Hügel stehen wie ein Kegelwald im Tal, auf das wir von oben herunterblicken und in dem Ziegen frei umherlaufen. Das letzte Stück der Abfahrt müssen wir unsere Räder schieben. Wir rutschen auf unseren Pedalplatten über den Asphalt, so steil ist es. Müde von den Anstiegen legen wir unten im Dorf Banca einen halben Ruhetag ein. Danach verlassen wir die hohen Pyrenäenberge Richtung Atlantik. Die Straßen werden breiter, wir passieren Orte mit Geschäften, die Schinken, Käse oder Keramik aus der Region anbieten und kommen nach Espelette, das außer uns auch eine Schar Touristen angezogen hat, vielleicht weil der Ort bekannt ist für seinen Piment d’Espelette, eine Chili-Sorte mit leicht rauchiger Note. Die Straßen führen nun zunehmend sanfter über die Hügel. In einem leichten Auf und Ab, das für ein paar vergnügte Antritte gut ist, rollen wir in Richtung Atlantik. Eine gut befahrene Küstenstraße führt nach Saint-Jean-de-Luz, wo Menschen am Stadtstrand liegen oder am Hafen flanieren. Nur noch ein paar Anstiege durch das Hinterland, dann begleitet uns der Fluss Nive bis in die Innenstadt des schönen Bayonne. Dort mündet die Nive in den Adour, wo unsere Tour begann, doch diesmal liegt der Fluss in grellem Sonnenlicht. Da fallen mir die Wolken zu Beginn der Reise ein: So bedrohlich sie sich auch türmten – geregnet hat es die vergangenen sechs Tage keinen Tropfen. Trotz all des Grüns.
Fast alle Wege führen über Paris. Im verkehrstechnisch zentralistisch organisierten Frankreich führt auch der Weg an die Westküste meist über die Hauptstadt. Das ist aufwendig, lässt sich aber angenehmer gestalten, wenn man die Reise mit einem Kurzbesuch in Paris verbindet.
Bahn
Von Köln oder Frankfurt am Main fährt ein Schnellzug (Thalys, TGV oder IC) in vier Stunden nach Paris. Von Norden kommend, hält er am Gare du Nord, aus dem Osten kommend, am Gare de l’Est. Nach dem innerstädtischen Bahnhofswechsel zum Gare Montparnasse fährt von dort ein Direktzug in knapp vier Stunden nach Bayonne – wer früh bucht, kann Tickets für 49 Euro ergattern. Für die grenzüberschreitende Fahrt braucht man eine Internationale Fahrradkarte für 9 Euro; sie beinhaltet eine Stellplatzreservierung.
Bus
Flixbus (www.flixbus.de) oder das spanische Unternehmen ALSA (www.alsa.com) fahren vom Gare de Bercy im Osten von Paris in zehn bis elf Stunden nach Bayonne; eine Fahrt über Nacht ist möglich. Räder lassen sich verpackt im Stauraum transportieren.
Flug
Der Flughafen Biarritz-Anglet-Bayonne (BIQ) wird von Frankfurt am Main, Berlin, München oder Düsseldorf mit Air France angeflogen, mit einem Zwischenstopp in Paris Charles de Gaulle (CDG).
Auto
Die Fahrt von Deutschland nach Bayonne ist lang, von Frankfurt am Main sind es 1.400 Kilometer; Paris bietet sich gut für einen Zwischenhalt an.
Von Ende Mai bis September hat man die höchste Wahrscheinlichkeit, angenehmes Radreisewetter zu erwischen. Das Klima ist an der Küste oft wechselhaft-regnerisch, in den Bergen kann es auch trockenere Phasen geben. Im Juni kann auf den Gipfeln nachts noch Frost herrschen, während es sich tagsüber auf fast 30 Grad erwärmen kann.
Mauléon-Licharre | Tag 1
Domaine Agerria
Die idyllisch an einem kleinen Weinanbauhügel gelegene Domaine befindet sich in einem ehemaligen Kloster aus dem 19. Jahrhundert. Sie legt Wert auf ihre Küche; am besten gleich bei Ankunft einen Platz im Restaurant reservieren! Alternativ finden sich Brasserien im Ort, der per kurzem Fußmarsch erreichbar ist. Doppelzimmer mit Frühstück ab 78 Euro.
Isaba, Spanien | Tag 2
Hostal Lola
Charmantes, modernes Hostel im belebten spanischen Dorf Isaba, inmitten der Berge gelegen. Sehr freundliches Personal, dazu ein einladendes Frühstücks- Buffet, inklusive spanischer Tortilla. Doppelzimmer mit Frühstück ab 78 Euro.
Estérençuby | Tag 3
Les Sources de la Nive
Hotel mit Restaurant, das einzige weit und breit. Doppelzimmer ab 69 Euro, Frühstück kostet 9 Euro pro Person.
Banca | Tag 4
Logis Hôtel Erreguina
Doppelzimmer ab 65 Euro, Frühstück 9,50 Euro pro Person.
Louhossoa | Tag 5
Hôtel du Trinquet
Im liebevoll eingerichteten Hotel kostet ein Doppelzimmer ab 58 Euro, Frühstück 9,50 Euro pro Person.
Als Landstrich mit starker kultureller Identität hat auch das Baskenland seine eigene Küche. Auf den Speisekarten finden sich Gerichte wie Axoa, ein Rinds- oder Kalbsragout mit Piment, oder die Piperade, oft als Beilage aus sautierten Tomaten und Gemüsepaprika, mit Zwiebeln und Knoblauch. Bacalao ist die typische Fischspeise der Region. Selbstverständlich darf auch der Fromage de brebis, Schafskäse, nicht fehlen, der auf vielen Bauernhöfen in den Bergen hergestellt wird. Auch Käse aus Ziegenmilch zählt zu den lokalen Spezialitäten. Wer Fleisch mag, probiert die bekannten Schinken (Jambon) oder Lomo, ein lokales Wurstprodukt aus Schweinelende. Nicht zu verpassen: der Gâteau basque – ein mürber Kuchen, in verschiedenen Variationen, zum Beispiel mit Schwarzkirsch- oder Mandelcreme-Füllung.
Fêtes de Bayonne
Vor dem ersten August-Wochenende taucht sich die Stadt in Rot-Weiß – zur Fêtes de Bayonne. Für fünf Tage verwandelt sich Bayonne dann in ein Festival rund um baskische Tradition, Musik, Essen und seinen imaginären König Leon, der als Puppe auf einem Thron vor dem Rathaus jeden Tag um 12 Uhr geweckt wird. Seit den 1990er-Jahren kleiden sich die Teilnehmer nach dem Vorbild der Partnerstadt Pamplona in Weiß mit rotem Halstuch.
Bayonne
Cyclable Bayonne
In den Bergen empfiehlt es sich, besser keine Panne zu haben und Reparaturmaterial samt Ersatzschläuchen mitzunehmen.
Reiseführer „Pyrenäen“, 672 Seiten, Reise Know-How Verlag 2018 23,90 Euro.
Michelin-Straßenkarte Local (Blatt 342) „Baskenland – Pyrenäen”, 1: 150.000, Vertrieb: Gräfe & Unzer 2022; 9 Euro.
Das Département Pyrénées-Atlantiques, deutsch: Atlantische Pyrenäen, liegt im äußersten Südwesten Frankreichs und grenzt an Spanien. Die größte Stadt ist Pau (76.000 Einwohner), gefolgt von Bayonne (52.000), dem Start- und Zielort unserer sechstägigen Etappenfahrt, der nur wenige Kilometer vom Atlantik entfernt liegt. Höchste Erhebung ist mit 2.974 Metern der Pic Palas etwas südöstlich unserer Route. Wir kommen am Col de la Pierre Saint-Martin (1.765 Meter), dem höchsten Pass unserer Route, dem 2.044 Meter hohen Pic d’Arlas am nächsten. Ein Großteil des Départements wird vom französischen Teil des Baskenlandes eingenommen. Basken sprechen ihre eigene Sprache: Baskisch, oder in der Eigenbezeichnung „euskara“. Die Sprache ist nach derzeitigem Forschungsstand genetisch keiner Sprachfamilie zugehörig und ist heute die einzige isolierte Sprache auf dem europäischen Kontinent. In Frankreich hat das Baskische seit 2008 den Status eines schützenswerten Kulturguts („patrimoine de la France“); einzig offizielle Amtssprache bleibt das Französische.
Wer mit dem Rad durch das Baskenland und die Pyrenäen reisen will, muss klettern können und die Einsamkeit lieben. Giftige Steigungen von bis zu 20 Prozent sind keine Seltenheit. Da die Pässe aber nicht so hoch sind und meist bewaldet, fehlen oft atemberaubende Ausblicke in die Weiten der Bergwelt. Es gibt sie hier und dort, aber der Charme der Route liegt vielmehr in der Ursprünglichkeit der Region, die weit entrückt ist vom Massentourismus. Die Straßen haben meist gute Qualität und sind nur wenig befahren. Dementsprechend hält sich die Verpflegungs-Infrastruktur in Grenzen – man sollte immer Verpflegung für den jeweiligen Tag dabeihaben.
107 Kilometer | 1.360 Höhenmeter | max. 13 % Steigung
Aus Bayonne mit seinem quirligen Leben am Ufer der Nive führt die Route recht bald in ruhige Gefilde. Dem Flusslauf des Adour folgend bleibt die Strecke erst flach und erarbeitet sich über vier Anstiege schließlich den höchsten Punkt des Tages, den Col d’Osquich auf 495 Meter Höhe. Der Ort Mauléon-Licharre mit einem Schloss, einem Dorfplatz und einigen Restaurants rund um das Bürgermeisteramt („Mairie“) lädt dazu ein, für eine Nacht zu bleiben.
109 Kilometer | 3.000 Höhenmeter | max. 19 % Steigung
Die Pyrenäen rücken in Wellen immer näher, bis man in Lourdios-Ichère eine Entscheidung zu treffen hat. Entweder man hat sich im letzten französischen Ort vor dem Anstieg des Tages vorab ein Zimmer reserviert, das man ganz gezielt anfährt, oder man radelt wie wir aus Ermangelung einer Schlafgelegenheit über den Gipfel nach Spanien. Über den Col de Labays auf 1.351 Metern geht es hinauf zum Col de la Pierre Saint-Martin (1.765 Meter), wo auf der anderen Seite Spanien wartet.
84 Kilometer | 2.650 Höhenmeter | max. 20 % Steigung
Der Tag, an dem sich ein Pass an den nächsten reiht. Erst der Puerto de Laza, dann der Port de Larrau (1.578 Meter), über den die Grenze zwischen Spanien und Frankreich verläuft. Die Beine melden sich spätestens am Col de Bagargi, der über einige Kilometer Steigungen von durchgängig über zehn Prozent aufweist. Zuletzt führt die Straße unterhalb des Errozate-Gipfels noch auf fast 1.300 Meter Höhe. In der Abenddämmerung besticht die Sicht über die Berge während der Abfahrt ins Tal der Nive.
49 Kilometer | 1.840 Höhenmeter | max. 21 % Steigung
Zur Begrüßung des Tages geht es gleich in den Anstieg durch den Wald. Was unspektakulär aussieht, wird zur Anstrengung für die bereits strapazierten Beine. Auf über 1.200 Meter Höhe führt die Strecke zum Col d’Arnostéguy (1.236 Meter), auf der anderen Seite des Berges plötzlicher Trubel! Eine Etappe des Jakobsweges schickt Pilger den Berg hinauf. Dank sei ihnen für ein Refugium mit großen Eisbechern auf der Route! Ein zweiter Anstieg ist wieder einsam, dafür mit brutalen Steigungen gespickt und teils auf Schotter. Steile Kehren führen nach Banca, einem Dorf mit etwas mehr als 300 Einwohnern – und einem Fischmuseum.
31 Kilometer | 200 Höhenmeter | max. 10 % Steigung
Ruhetag. Wir nutzten den Tag, um dem Home-office-Konzept Tribut zu zollen und hauptsächlich für die Mahlzeiten das frisch renovierte Zimmer in einem Familienhotel zu verlassen. Ein Transfer am Abend führt über breite und wieder deutlich befahrenere Straßen einige Kilometer in Richtung Küste. Jetzt passieren wir wieder Orte, die fast Städten gleichen. Ein Halt bietet sich an in der Töpferei „Poterie Goicoechea“ in Ossès, in der es Vasen und Geschirr zu besichtigen und erstehen gibt. Wir fühlen uns zurück in der Zivilisation, mit all ihren Annehmlichkeiten und Unannehmlichkeiten (Verkehr).
91 Kilometer | 1.200 Höhenmeter | max. 17 % Steigung
Der Atlantik ruft. Zuvor jedoch steuern wir auf welligen Straßen Espelette an, eine touristische Kleinstadt, die für ihr „Piment d’Espelette“ bekannt ist. Von dort geht es über wenig befahrene, breitere Straßen Richtung Küste. Am Meer führt eine recht verkehrsreiche Straße in Wellen nach Saint-Jean-de-Luz, ein Küstenort mit Strand, in dem sich eine Pause anbietet. Danach wartet das Hinterland mit ein paar Zwischenanstiegen. Die letzten fünf Kilometer rollen wir am Ufer der Nive entlang bis in die Innenstadt von Bayonne.
GPS-Daten: Atlantische Pyrenäen (11/2022) / kostenlos