Gero Günther
· 16.09.2022
Der östliche Teil der Tschechischen Republik besteht aus Hügeln, auf denen wahlweise Obst, Wein, Wald oder gar nichts wächst. Wer die Region mit ihren Burgen, Schlössern und Barockstädten erkunden will, kann auf nagelneue Radrouten zurückgreifen, muss sich aber auch auf holprige Straßen einstellen. Ein Bericht über Rennradtouren in Mähren.
Text: Gero Günther
Die ersten Zweifel kommen mir fünf Minuten, nachdem wir losgefahren sind. Das Pflaster in der Altstadt von Olomouc ist rutschig und uneben. Wenig elegant holpert mein Rad an Hochgotik, Renaissance und Barock vorbei. „Vielleicht wäre ein Gravelbike besser geeignet gewesen als das Rennrad“, sage ich zu Peter, dem Fotografen, den alle nur mit dem englischen „Pete“ ansprechen. Der lacht und lässt mich viermal an der größten Dreifaltigkeitssäule Europas vorbeirumpeln, um sein Bild zu schießen. Das 34 Meter hohe Monumentalwerk ist so verschnörkelt, dass es selbst in dieser Stadt der prächtigen Fassaden, Treppenaufgänge und Stuckdecken noch heraussticht. Die vergoldete Figurengruppe auf der Spitze glänzt in der Morgensonne, als wolle sie uns etwas beweisen. Es ist kurz vor neun, die Temperaturen liegen bei sechs Grad. Zum Glück habe ich die dicken Handschuhe eingepackt. Sie werden mir an diesem Herbsttag noch sehr nützlich sein.
Mähren heißt die Region, die wir in den nächsten Tagen vom Sattel aus erkunden wollen. Sie liegt im Osten der Tschechischen Republik und riecht zumindest in dieser Jahreszeit nach feuchtem Laub, Äpfeln und Steinkohle. Bis zum Zweiten Weltkrieg war mehr als ein Viertel der Bevölkerung deutschsprachig, und selbst Tschechen verwenden manchmal die alten deutschen Ortsnamen. Und so fahren wir abwechselnd aus Olomouc oder Olmütz hinaus, ganz ohne revanchistische Hintergedanken. Zumal Pete aus einer tschechischen Familie stammt und mit der Landessprache groß geworden ist.
In der Ferne sehen wir Hügel aus dem breiten Tal der Morava herauswachsen. Dort müssen wir hin. Bei Šternberk beginnt der Anstieg, den wir durch einen Kurzbesuch der stattlichen Burg noch etwas hinauszögern. Im Hof prosten sich die Mitglieder einer Hochzeitsgesellschaft gerade fröhlich zu. „Nehmen Sie, bitte“, sagt eine ältere Dame und hält uns einen Weidenkorb mit Kringeln aus geräuchertem Käse unter die Nase. Ein Mann im historischen Kostüm präsentiert seine Büchse und setzt mir seinen Dreispitz auf den Kopf. Er stelle einen preußischen Soldaten dar, sagt er auf Tschechisch.
Durch den knallbunten Herbstwald strampeln wir in Serpentinen auf die Hochfläche hinauf, die wir als Ziel auserkoren haben. Der kalte Wind pustet Blätterhaufen über die Straße und rüttelt an halb verfallenen Höfen. Die weit verstreuten Dörfer, durch die wir kommen, sind eine wilde Mischung aus Bauerngärten, Kolchosen, Plattenbauten und Kapellen. Zum Straßenbild gehören außerdem biertrinkende Männer in Tarnjacken und ältere Herren, die in Plastiklatschen zum Einkaufen schlurfen. Klingt nach wüsten Ost-Klischees? Zugegeben, aber sie entsprechen zumindest hier und heute den Tatsachen.
Unseren Weg flankieren raschelnde Maisfelder, abgeerntete Äcker mit Stoppelhaaren und er führt durch Wälder, in die der saure Regen klaffende Wunden gerissen hat. Und schließlich bekommt auch der Asphalt immer größere Löcher und kann sich nicht mehr recht zwischen Landstraße und Forstweg entscheiden. Wir sind im Nirgendwo angekommen. Mährische Pampa. „Sagte ich es nicht bereits“, rufe ich Pete durch den Sturm zu: „Wir hätten die Gravelbikes nehmen sollen!“
Als wolle sie meinen Einwand kommentieren, taucht aus dem Nirgendwo eine Silhouette auf, die ich aus der Distanz als Mountainbiker identifiziere. Der einsame Fahrer kommt uns auf der Piste direkt entgegen. Aus der Nähe entpuppt sich der Mann als Tretrollerfahrer. Tretroller? Im Ernst? „Footbiken“ sei eine Trendsportart in Tschechien, erklärt uns Ondřej Hysek, der sich bis zu 70 Kilometer am Tag durch die Landschaft stößt und auch vor krassen Steigungen nicht zurückschreckt. „Der Typ“, sagt Pete, „läßt uns ja wie totale Warmduscher aussehen.“ „Mir ist trotzdem kalt“, erwidere ich, „und außerdem habe ich Hunger!“ Eine Stunde und etliche Höhenmeter später dampft eine mährische Knoblauchsuppe vor uns auf dem Tisch. Die Bedienung ist ein schüchternes Mädchen um die 15. Als Hauptspeise wähle ich Toast mit Leber und Pilzen. Deftiger geht es kaum.
Dank der Kalorien sieht die Welt gleich viel freundlicher aus. Auch der Wind kommt nun nicht mehr von vorne, sondern knufft uns freundschaftlich in die Seite. Auf zerzausten Alleen rollen wir mit frischem Elan durch Viehweiden und Streuobstwiesen. Ich freue mich auf die Abfahrt und werde bitter enttäuscht. Die Straßendecke ist so schlecht, dass ich mir zum dritten Mal auf dieser Tour ein Gravelbike herbeiwünsche.
Auch am nächsten Tag gibt es ein paar holprige Stellen auf unserem Weg durch das herbe Hügelland im Osten von Olomouc. Einsam ist es hier am Rand eines großen Truppenübungsplatzes, so einsam, dass wir unser Mittagessen mangels Alternativen in einer Tankstelle einnehmen müssen, immerhin an einem Tisch und in einem gut geheizten Raum. Zum Ausgleich sind die Windbeutel, die wir am Nachmittag im historischen Lipník verspeisen, umso leckerer. Leider wird die Zeit an diesen kurzen Tagen knapp, und der geplante Abstecher zur Festungsanlage Helfštýn muss kurzerhand gestrichen werden. Schade. Dafür grinsen uns die Dörfer auf dem Weg zurück nach Olomouc mit ihren Kürbissen und Maiskolben wie pausbäckige Kinder an. Ein paar kurze Rampen halten uns warm, obwohl der eisige Wind längst wieder eingesetzt hat.
Wesentlich lieblicher kommt Mähren in der Region um Mikulov daher, wo wir unsere nächsten beiden Touren geplant haben. Das Gebiet an der österreichischen Grenze wird wegen seiner Milde und der zahlreichen Weinberge als „Toskana Tschechiens“ bezeichnet. Unsere Strecke führt vorbei an den besten Reben des Landes. Begleitet werden wir fast den ganzen Tag lang vom Knallen der gasbetriebenen Schussapparate, die die Vögel aus der Spätlese vertreiben sollen. Und dann gleiten wir in ein Areal hinein, das zu den schönsten Landschaften Mährens gehört: die Kulturlandschaft von Lednice-Valtice. Sie besteht aus riesigen Parks samt Seen, Schlössern und Lustbauten, die die Fürsten von Liechtenstein hier im Laufe von Jahrhunderten errichten ließen. 40.000 Fußballfelder groß ist das Gelände, auf dem 680 Baumarten wachsen. Und das Beste: Weite Teile des Weltkulturerbes können und dürfen mit dem Rad befahren werden.
An diesem Montagmorgen ist kaum jemand unterwegs. Und so rutschen wir auf einem weichen Erdweg zum eleganten Teichschlösschen von Lednice und kommen uns dabei vor, als wären wir in einen tschechischen Märchenfilm geraten. Zum neogotischen Hauptschloss mit seinen Türmchen und Balkonen sind es nur noch ein paar Kilometer. Zwischen den Zierbeeten, Statuen und Gewächshäusern muss das Rad zwar geschoben werden, aber es lohnt sich, eine fürstliche Kaffeepause einzulegen, ehe es weiter zu den großen Stauseen im Norden des Pálava-Gebirges geht.
Nach einer weiteren Passage aus grobem Kies ist auch Pete endlich davon überzeugt, dass ein geländetauglicheres Vehikel seiner alten Heimat besser entsprechen würde. Unsere Rennräder haben zwar keine Mühe, die zahlreichen Asphaltlücken zu bewältigen, aber breitere Reifen würden hier einfach mehr Spaß machen. Zumal auch die befestigten Straßen oft urplötzlich rissig werden wie Spülhände. Dazwischen gibt es aber auch immer wieder nagelneue Radwege, über die das Rad geschmeidig surren kann. Über mangelnde Abwechslung können wir uns jedenfalls nicht beschweren.
Die Pollauer Berge, zu deren Füßen das Weingut liegt, in dem wir wohnen, nehmen wir am letzten Tag ins Visier. In einer Schleife pedalieren Pete und ich zwischen den vielen kleinen Parzellen hindurch. Auf und Ab. Gebremst werden wir lediglich von den Spätfolgen einer Weinprobe, die wir am vergangenen Abend pflichtbewusst absolviert haben. Michal Solarik, Winzer und selbst Rennradfahrer, hatte uns bei der Planung der heutigen Tour tatkräftig unterstützt und jeden Wegpunkt, den wir auf der Karte markiert haben, mit einer weiteren Rebsorte begossen. Zum Glück ist der Morgen so frisch, dass sich der Kater schnell verkriecht und wir schließlich nüchtern durch den größten Winzerort Tschechiens kurbeln. Die von Michal angepriesenen Kellereien, Hauptsehenswürdigkeit von Velké Bílovice, lassen wir trotzdem schnell hinter uns. Allzu dramatisch hat sich der Himmel inzwischen verfärbt. Immerhin beweist der Gewitterregen großes Feingefühl, indem er erst in unserer Mittagspause einsetzt und prompt nach dem Espresso den Betrieb einstellt.
Wir sind wieder im Schlösser-Areal von Lednice-Valtice angelangt und nehmen erneut einen Kiesweg in Kauf, um zu einem eigentümlichen Gebäude namens „Rendez-vous“ zu gelangen. Der riesige Triumphbogen liegt mitten im Wald, dem ehemaligen Jagdrevier der Fürsten. „Was zum Kuckuck haben sich diese Liechtensteiner bloß gedacht?“, wundert sich Pete. Prompt werden wir vom örtlichen Förster aufgeklärt. Er wohnt mit seiner Frau im westlichen Flügel des „Rendez-vous“ und lässt uns über eine Wendeltreppe in das Obergeschoss des als Triumphbogen getarnten Jagdschlösschens hinaufsteigen. Dort schlüpfen unsere Radschuhe in Filzpantoffeln, um das edle Parkett zu schonen. Der mit reichlich Stuck und Gemälden verzierte Saal war früher Treffpunkt der adeligen Jagdgesellschaften. Hier nahm man das Frühstück ein, ehe zum Halali geblasen wurde. Angesichts der Tausenden von Fliegen, die sich seit dem Aufziehen der Herbstkälte in das Gebäude geflüchtet haben und nun surrend vor sich hinsterben, könnte man hier statt eines Historienfilms auch prima einen Horrorfilm drehen.
Auf dem Rückweg setzt sich die Sonne wieder durch. Wir rollen noch ein paar Kilometer am ehemaligen eisernen Vorhang entlang und erreichen bei schönstem Sonnenschein unseren Startort Mikulov. Bleibt noch genügend Zeit für eine kleine Spazierfahrt durch das Städtchen mit seinen barocken Gebäuden und dem Schloss, in dem einst Napoleon weilte, nachdem er die Schlacht von Austerlitz gewonnen hatte. Auf dem steilen Marktplatz will Pete seine letzten Bilder schießen. Und wieder lässt er mich über bucklige Pflastersteine holpern. „Echt toll deine Heimat“, sage ich, „aber beim nächsten Mal nehmen wir die Gravelbikes!“ „Ano“, sagt Pete, das heißt auf Tschechisch „ja“.
Mähren, tschechisch Morava, ist eine Region im Osten Tschechiens. Anfang des 11. Jahrhunderts wurde das Mährerreich ein Land der böhmischen Krone und schließlich Teil der Habsburgermonarchie. In der Tschechischen Republik ist Morava eine historische Landschaft, aber keine eigene Verwaltungseinheit. Verschiedene Mittelgebirge und von intensiver Landwirtschaft geprägte Ebenen bestimmen die Region Mähren. Im Zentrum liegt das Flussbecken der March, tschechisch ebenfalls Morava. Höchster Gipfel ist der 1.490 Meter hohe Altvater in den Sudeten. Südlich davon liegt die Hochebene Niederes Gesenke (400 bis 600 Meter), die zu den Beskiden ansteigt. An der Grenze zur Slowakei liegen die Weißen Karpaten. Wir haben zwei historische Orte als Standorte gewählt: das in den Flussauen der Morava gelegene Olomouc (Olmütz), bis ins 17. Jahrhundert das Zentrum Mährens, und Mikulov (Nikolsburg), nahe der Grenze zu Niederösterreich.
Auto
Aus dem Süden über München und je nach Verkehrslage entweder Wien oder Prag, aus dem Norden über Prag nach Brno (Brünn). Olomouc liegt 1,5 Stunden nördlich von Brno, Mikulov 45 Minuten südlich der mährischen Hauptstadt.
Bahn
Von München erreicht man Mikulov über Wien und Břeclav in sieben Stunden, Olomouc über Wien und Prerov in etwas mehr als neun Stunden – für die Radmitnahme ist eine Fahrradkarte fürs Ausland erforderlich, die neun Euro kostet und eine Stellplatzreservierung einschließt. Von Berlin dauert die Fahrt über Prag nach Olomouc 7,5 Stunden, nach Mikulov knapp 10 Stunden.
Da nur wenige Routen Höhen über 800 Meter erreichen, kann man in Mähren von Mai bis Mitte Oktober Rennrad fahren. Während der tschechischen Sommerferien (Juli/August) kann es in einigen Gebieten sehr voll werden. Besonders schön ist es im Herbst, wenn sich das Laub verfärbt und im Süden Federweißer (Burčák) verkauft wird.
Olomouc
Long Story Short
Von außen ein historisches Gebäude, innen saniert mit hellen, schicken Räumen. Man kann auf ganz verschiedene Weisen unterkommen: Es gibt (sehr coole) Schlafsäle, kleine Ferienwohnungen und Zimmer. Manche warten mit Kochgelegenheiten auf, andere mit freistehenden Badewannen oder Ledercouches. Doppelzimmer ab etwa 70 Euro, Frühstück kostet rund 6 Euro extra.
Mikulov
Hotel Ryzlink
Modernes Hotel in einem edlen Weingut am Stadtrand. Die Zimmer sind reduziert, kitschfrei und geräumig. Ryzlink ist übrigens einfach die tschechische Schreibweise von Riesling. Es gibt hier auch Wellness-Behandlungen auf Wein-Basis. Doppelzimmer mit reichhaltigem Frühstück ab 71 Euro.
Während Tschechien ein Land der Biertrinker ist, liebt man in Südmähren Wein. Zu den wichtigsten Rebsorten rund um Mikulov gehören der Grüne Veltliner, Müller-Thurgau, Welschriesling und Chardonnay. Wichtig ist auch der abschließende Schnaps, meist auf Pflaumenbasis, im Süden aber auch als eine Art Grappa destilliert. Die Küche ist deftig und fleischlastig. Braten, Gulasch und Würste stehen auf fast jeder Karte. Beilagen sind Knödel. Zu den Klassikern gehören auch die Knoblauch- oder Sauerkrautsuppe, überbackener Käse mit Preiselbeeren, zudem Mehlspeisen (Kolatschen, Zwetschgen- oder Mohnknödel) und Kuchen. Während man in der Studentenstadt Olomouc und auch in Mikulov eine große Auswahl an Restaurants hat, sollte man sich auf dem Land nicht unbedingt darauf verlassen, einen geöffneten Gasthof zu finden. Kleine Supermärkte und Tankstellen sind dann die Rettung.
Olomouc
Long Story Short Eatery & Bakery
Einst war in dem stattlichen Gebäude eine Armeebäckerei untergebracht, heute beherbergt es neben einem Hostel ein schickes Restaurant, das sich wohltuend von traditionellen Kneipen abhebt. Die Küche ist einfallsreich, frisch und von regionalen Zutaten geprägt.
Mikulov
Pivnice Golem im Hotel Tanzberg
Eine Kombination aus gemütlicher Bierkneipe und jüdisch inspiriertem Lokal, das auch Feinschmeckeransprüchen gerecht wird. Von 1553 bis 1573 wohnte dort der berühmte Rabbiner, Gelehrte und Erfinder des Golem, Judah Löw.
Brno
Wer in Mähren unterwegs ist, sollte sich die zweitgrößte Stadt Tschechiens nicht entgehen lassen. Brno (deutsch: Brünn) ist eine lebendige, junge Metropole mit reichlich Kultur und coolen Kneipen. Dort finden seit den 30er-Jahren wichtige Bahnrennen statt. Zum jährlichen Grand Prix von Brünn im Juni versammeln sich Fahrer aus der ganzen Welt. Lange wird es das Brünner Velodrom, die älteste Radrennbahn Europas, aber nicht mehr geben. Es entspricht nicht mehr den heutigen Standards und soll durch einen Neubau ersetzt werden; Infos hier. Außerdem gibt es im Zentrum von Brno (Pellicova 5) das Asphalt Cycling Lab, einen Shop plus Café, gegründet von Radenthusiasten, Designern und Fotografen.
Olomouc
Kolarna
MTB, Cross-Räder, Gravel- und Rennräder – Kolarna hat alles im Angebot und engagiert sich auch im Rennsport.
Mikulov
Okolo
Der schöne und gut ausgestattete Laden ist auf edle Rennräder und Gravelbikes spezialisiert.
Für Olomouc „Střední Morava“, 1:100.000, Kartografie Praha 2011, vor Ort rund 2 Euro. Für Mikulov „Zahrada Evropy“, 1:25.000, Verlag Geodézie On Line aus Česká Lípa 2017, 8 Euro, vor Ort etwas mehr als 5 Euro.
Mähren, tschechisch Morava, ist eine Region im Osten Tschechiens. Anfang des 11. Jahrhunderts wurde das Mährerreich ein Land der böhmischen Krone und schließlich Teil der Habsburgermonarchie. In der Tschechischen Republik ist Morava eine historische Landschaft, aber keine eigene Verwaltungseinheit. Verschiedene Mittelgebirge und von intensiver Landwirtschaft geprägte Ebenen bestimmen Mähren. Im Zentrum liegt das Flussbecken der March, tschechisch Morava. Höchster Gipfel ist der 1.490 Meter hohe Altvater in den Sudeten. Südlich davon liegt die Hochebene Niederes Gesenke (400 bis 600 Meter), die zu den Beskiden ansteigt. An der Grenze zur Slowakei liegen die Weißen Karpaten. Wir haben zwei historische Orte als Standorte gewählt: das in den Flussauen der Morava gelegene Olomouc (Olmütz), bis ins 17. Jahrhundert das Zentrum Mährens, und Mikulov (Nikolsburg), nahe der Grenze zu Niederösterreich.
Im mittelgebirgigen Norden Mährens wechseln sich kurze, teils giftige Rampen und längere Anstiege ab, im Süden rollt man über welliges Gelände ohne nennenswerte Steigungen; nur in den Pollauer Karstbergen muss man gelegentlich in die niedrigeren Gänge schalten. Leider lässt der Belag vieler kleiner Straßen in Mähren oft zu wünschen übrig. In jüngster Zeit haben die Regionen zwar zahlreiche Radwege entwickelt, die meist gut markiert sind, oft jedoch in Schotter übergehen. Wer flexibler sein will, sollte zum Gravelbike greifen. Auch wenn auf unseren Routen mit seltenen Ausnahmen wenig Verkehr herrscht, sollte man aufpassen. Viele Autofahrer sind sehr schnell unterwegs und bremsen erst spät ab. Wir hatten auf einer kurvigen, fast leeren Landstraße eine sehr unschöne Begegnung mit einem Busfahrer, für den wir offensichtlich ein rotes Tuch waren. Und noch eine Warnung: Die bei Rennradfahrern beliebte Farbe Rosa ist manch einem homophoben Landbewohner ein Dorn im Auge. Wer sich dumme Kommentare ersparen will, sollte sie meiden.
94 Kilometer | 900 Höhenmeter | max. 17 % Steigung
Von Olomouc durch das Tal der Morava nach Šternberk, dann bergauf auf die Hochebene im Niederen Gesenke. Die Einsamkeit der Landschaft spüren wir bei Dalov auf einem Radweg, dort kommt und geht der Asphalt. Wer über ein Gravelbike verfügt, sollte auf dem Radweg 6144 weiter nach Moravsky Beroun fahren, wir wählen die Bundesstraßen 45 und 46. In einem Schlenker auf kleinen Straßen zurück. Rasttipp: Moravský Beroun (Km 41,2), Restaurace R Klub.
96 Kilometer | 900 | max. 10 % Steigung
Von Olomouc am Truppenübungsplatz von Libava entlang führt eine gute, dann eine Betonplatten-Straße ins Hügelland. Durch Dörfer zum mittelalterlichen Stadtkern von Lipník nad Bečvou. Tipp: Ein zehn Kilometer langer (hin und zurück), aber steiler Abstecher klettert zur Burg Helfštýn. Zurück nach Olomouc führen Radwege und kleine Straßen durch welliges Gelände. Rasttipp: Lipník nad Bečvou, Café 49
98 Kilometer | 390 Höhenmeter | max. 6 % Steigung
Von Mikulov auf Radwegen und kleinen Straßen entlang von Fischteichen in die Parklandschaft der Schlösser-Areale von Lednice und Valtice. Am Teichschlösschen (Rybniční zámeček) 100 Meter den Hang hinaufschieben, um wieder auf die Straße und zum Schloss von Lednice zu gelangen. Dann auf holprigem Radweg nach Bulhary und kleinen Straßen zu den Stauseen von Nové Mlýny – ein Teil der Strecke verläuft auf einem Damm direkt am Wasser. Rasttipp: Container Cafe in Zmrzlina Hrušovany (Km 70,8).
62 Kilometer | 400 Höhenmeter | max. 7 % Steigung
Auf Radwegen und kleinen Straßen durch die Pollauer Karstberge hinüber ins Weinanbaugebiet von Velké Bílovice. Dort lohnt ein Abstecher (hin und zurück sechs Kilometer; am Ortsende links und nach 1,5 km wieder links) zu den kleinen Kellereien im Norden des Ortes. Danach rollen wir zum Schloss Lednice (wie bei Tour 3). Kurz hinter dem Fischteich im Süden des Städtchens biegen wir von der Landstraße auf einen Schotterweg ab, der uns nach wenigen Kilometern durch den Wald zum Triumphbogen beziehungsweise Jagdschloss „Rendez-vous“ bringt. Danach erreichen wir Valtice, wo das ältere Schloss der Fürsten von Liechtenstein steht – ein Besuch lohnt! Durch kleine Dörfer geht es zurück zur Radtrasse von Sedlec, auf der Tour 3 aus Mikulov hinausführt. Rasttipp (Km 35,5): Zámecký Hotel Lednice.