RoutenplanungBikepacking-Routen planen - so geht’s

Gitta Beimfohr

 · 21.02.2025

Wie plant man eigentlich mehrtägige Touren?
Foto: Pia Nowak / @piarazzi
Sie haben Lust auf eine Bikepacking-Tour, wissen aber nicht, wie Sie das mit der Routenplanung anstellen? Kein Problem, wir haben wertvolle Tipps uns Tricks zu dem Thema.

“Nächste Woche muss ich ein Auto im Sauerland abholen und würde da hinradeln. Willst du mit?” Manchmal bleibt einem einfach nicht viel Zeit zum Überlegen. Kurz mal googeln: Von München nach Plettenberg im Hochsauerland – das sind knapp 750 Kilometer mit insgesamt 3600 Höhenmetern, sagt Outdooractive.

Hm, doch ganz schön weit. Aber wenn man eine Woche Urlaub dafür nimmt und dann gemütlich 100 Kilometer am Tag abspult – das kann man schaffen. Und ein gutes Training wäre es auch. Klar, bin dabei!

Kurztrips in den Alltag einbauen

So schnell kann's gehen. Mit der Hilfe von Online-Tourenportalen wie komoot, Outdooractive, Ride with GPS etc. ist das Entwerfen einer eigenen, mehrtägigen Bikepacking-Route schon lang kein Hexenwerk mehr. Im Prinzip reicht die Eingabe von Start- und Zielort und man erhält in wenigen Sekunden eine ordentliche Route zum Nachfahren.

Gelegenheiten für solche spontanen Ausflüge finden sich in fast jedem Alltag. Schon lang nicht mehr die Oma zum Kaffee besucht, weil sie leider etwas zu weit entfernt wohnt? Perfekt! Man muss ja nicht hin und zurück mit dem Rad zurücklegen.

Hin vielleicht mit dem Zug oder im Familienauto und nur zurück mit dem Rad. Das könnte sich als hervorragender Wochenendplan herausstellen. Und Omas viel zu leckeren Käsekuchen hätte man so auch gleich verbrannt.

Oder man nutzt diese Möglichkeit für ein ohnehin geplantes Grundlagen-Training. Eine locker gedrehte Mehrtagestour durch Deutschland ist auf jeden Fall spannender, als lange Einheiten auf den schon ewig bekannten Runden vor der Haustür. Und natürlich deutlich günstiger, als ein Trainingslager-Trip nach Mallorca.

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Theoretisch reicht die Zieleingabe in den Tourenplaner, so wie beim Navi im Auto – schon kann's losgehen. Aber unsere Erfahrungen haben gezeigt: Ganz so einfach ist es dann doch nicht. Etwas mehr Beschäftigung mit der Route und den Etappen erhöht den Spaßfaktor ungemein!

1. So planen Sie Ihre eigene Route

Es kommt immer drauf an, was man vorhat. Will man tatsächlich einfach nur zielorientiert irgendwo ankommen, dann gibt man im Tourenplaner den Zielort ein, wählt am besten die Kategorie “Gravelbike” und erhält eine recht direkte Route auf Nebenstraßen und Schotterwegen.

Die Höhenmeter sehr moderat, weil die vorgeschlagene Gravel-Route automatisch möglichst durch Flusstäler führt. In unserem Fall Richtung Sauerland ging es auch mal aussichtsreich über und durch Weinberge hindurch, kurze Trail-Abschnitte waren auch mal dabei.

Unterwegs trafen wir auf Feld- und Dammwegen überraschend viele andere Biker. Die hatten zwar völlig andere Ziele, doch die Flusstäler scheinen in den Tourenportalen doch das Hauptroutennetz zu sein. Hin und wieder passierten wir sogar kleine Hütten mit Fahrrad-Reparatur-Tools zur freien Verfügung.

Tatsächlich hielten wir an unserem 100-Kilometer-Tagesplan fest und haben am Zielort eine Punktlandung hingelegt. Doch immer wieder wurden wir das Gefühl nicht los, dass wir mit unserer Zielvorgabe einiges an Highlights verpasst haben. Daher hier unsere Tipps für eine spannendere Routenplanung:

Der Weg ist das bessere Ziel

Klar, ein Hauptziel für die so genannte Makro-Planung, also zur Orientierung, wo es überhaupt hingehen soll, ist wichtig. Aber muss es wirklich der direkteste Weg dorthin sein? Es lohnt sich, in der digitalen Karte die Lupe anzusetzen: Gibt es vielleicht eine Serpentinenstraße, einen Panorama-Weg oder andere interessante Spots nahe der direkten Strecke?

Eine Route im Visier haben ist gut, unterwegs davon abweichen allerdings schwer.Foto: Christian PenningEine Route im Visier haben ist gut, unterwegs davon abweichen allerdings schwer.

Zu Hause am Rechner lassen sich solche Highlights per Drag and Drop noch ganz leicht in die Route integrieren und sie peppen eine Longdistance-Strecke ungemein auf. Und denken Sie bloß nicht: Ach, das kann ich ja dann vor Ort entscheiden, ob ich da abbiege. Die Erfahrung zeigt: Man macht es dann nicht.

Wer sich, wie wir, auf ein Tagespensum von 100 Kilometern festgelegt hat, der will die auch schaffen. Und wer weiß, wie lange dieser Abstecher dauern, wie viel Extrakörner sie kosten und wie kompliziert es wird, wieder in die ursprüngliche Route einzufädeln.

Doch es gibt noch ein recht nerviges Problem, das von spontanen Abzweigen abhält: Um beim Fahren den Akku des Navis zu schonen – was bei einer langen Tagesetappe wichtig ist – speichert man den ausgearbeiteten Track samt Karte offline ab.

Weicht man nun unterwegs vom Track ab, dann wird die Route nicht einfach neu berechnet, wie beim Auto-Navi. Hier will der Track nun ständig, dass man umkehrt. Reparieren kann man das erst wieder mit Online-Zugang.

Gerade bei Rennradtouren kann es sinnvoll sein, noch einmal scharfen Auges Kilometer für Kilometer die geplante Route durchzugehen und große Straßen gezielt aus der Planung zu entfernen. So bleibt man auf kleinen Straßen mit weniger verkehr. - Sandra Schuberth, TOUR Redakteurin

2. Tagespensum

Abwechslung heißt das Zauberwort. Wie bei einer Alpenüberquerung auch, macht es Sinn, die Länge der Tagesetappen zu variieren. Das ist gut für die Beine, den Kopf und die Motivation. Als Königsetappe könnte man einen längeren Überführungstag wählen, um richtig Strecke zu machen.

An Tagen mit einem eingebauten Highlight darf man dafür deutlich weniger Kilometer planen, um mehr Zeit für Sightseeing oder mehr Entspannung an einem schönen Badesee zu haben.

Von Trailspot zu Trailspot: In Tschechien ist das Dank der vielen Trailcenter gut möglich.Foto: Max FuchsVon Trailspot zu Trailspot: In Tschechien ist das Dank der vielen Trailcenter gut möglich.

Auf unserer Route ins Hochsauerland wurden die 100 Kilometer ab Tag vier bereits zur hektischen Mission. Pannen, die Suche nach einem geöffneten Bikeshop in der Mittagszeit, ein verlorener Schuh, die abendliche Unterkunftssuche – alles kleine Zeitfresser, die sich aber aufsummieren und den Etappenplan erheblich durcheinander bringen können.

Je höher die Zahl der Gruppenmitglieder übrigens, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit für solche Malheurs, und umso kürzer sollte man die Etappen von vornherein wählen.

Diese Tools helfen für Route und Navigation

Tourenportale wie Outdooractive und komoot liefern jede Menge Routenideen und fertige Tracks. Premium-Kunden bei komoot finden sogar ein Etappenplanungs-Tool, das intuitiv bedienbar ist.

Sogar mit Unterkunftsadressen, Sehenswürdigkeiten und Einkehrvorschlägen. Nachteil: Hat man den Track offline gespeichert und ändert unterwegs seine Pläne, dann lässt sich die Route erst wieder online anpassen.

Wie das komoot-Planungstool funktioniert, wird in diesem Video-Tutorial sehr anschaulich erklärt:

Routen zum Nachfahren

Eine eigene Route basteln macht zwar Spaß, maximiert die Vorfreude und verschafft ein gewisses Überblickswissen. Aber manchmal fehlen einfach Zeit und Inspiration für eine solide Tourenplanung.

Für diesen Fall gibt es mittlerweile wahre Fundgruben im Netz, zum Beispiel bikepacking.com: In diesem Portal tauschen sich Longdistance-Biker über ihre weltweiten Erfahrungen und Ausrüstungen aus und stellen die GPS-Daten ihrer Etappentouren zum Download bereit.

Es lohnt sich allerdings immer, die Tracks nochmal zu überprüfen. Um Strecke zu machen, werden hier nicht immer die schönsten, sondern möglichst direkte Routen gewählt.

Interview mit Wiebke Lühmann

Wiebke Lühmann muss es wissen: Wie plant man 280 Etappen durch den afrikanischen Kontinent?Foto: Fabienne EngelWiebke Lühmann muss es wissen: Wie plant man 280 Etappen durch den afrikanischen Kontinent?

Die 30-Jährige ist gerade erst 14 Monate lang von Freiburg bis ans Kap der Guten Hoffnung nach Südafrika geradelt. Das waren über 20.000 Kilometer durch insgesamt 22 Länder. Eine Tour, die sehr aufwändig zu planen gewesen sein dürfte. Wir haben sie nach ihrer Rückkehr dazu befragt.

BIKE: Wiebke, wie plant man solch eine Superroute?

Wiebke Lühmann: Was die Makroplanung der Route betrifft, lege ich vorab nur mein Ziel fest, in diesem Fall Südafrika. Die Mikroplanung mache ich Vorort. Bei über 280 Etappen und 22 unterschiedlichen Ländern geht das auch gar nicht anders. In Afrika folgte ich einfach den Hauptrouten durch die Länder. So verzweigt ist das Wegenetz dort meist nicht. Ganz im Gegensatz zu Europa: Hier macht eine detailliertere Routenplanung eher Sinn, weil es so viele Optionen gibt. Aber selbst da plane ich wenig vor, weil ich lieber flexibel bleibe. Ich brauche die Freiheit im Kopf.

In Afrika hattest du zeitlichen Druck wegen der Visa.

Richtig. Auch die habe ich unterwegs jeweils fürs übernächste Land beantragt, denn die Zeit von 30 Tagen läuft, sobald die Bewilligung da ist. Teilweise wurde es richtig knapp, diese Zeitfenster einzuhalten. Ich wusste ja auch vorher nicht: Wie wird es mir mit der Hitze gehen? Ansonsten wusste ich nur: Ich nehme mir ein Jahr Zeit von Marokko bis zum Kap der Guten Hoffnung. Das ist natürlich ein Luxus. Wer für seine Tour Urlaub einreichen muss, hat nur begrenzt Zeit. Da kommt man um eine genauere Planung kaum herum.

Hast du dich vorab erkundigt wegen der Reisesicherheit in den Ländern?

Grob, ja. Ich wusste, dass Nigeria schwierig werden könnte, aber ich habe mich auch über die Westafrika-Cycling-Group ständig auf dem Laufen gehalten. In dieser Community tauschen sich viele Bikepacker über ihre aktuellen Erlebnisse im Land aus. Und dann trifft man unterwegs auch immer wieder andere Biker, die man direkt nach ihren Erfahrungen fragen kann. Solche frischen Tipps sind Gold wert.

Kurz vor Weihnachten warst du zurück bei deiner Familie. Bist du in das berühmte mentale Loch nach so einer langen Tour gefallen?

Gute Frage. Sagen wir so: Ich hatte in Südafrika noch überlegt, ob ich nicht einfach weiterfahre. Also an der Ostküste Afrikas entlang bis nach Ägypten wieder Richtung Heimat. Ich hatte ja meine Wohnung vor der Tour aufgegeben und wusste: Bis März werde ich keine eigenen vier Wände haben. Im Moment wohne ich bei meinem Vater, und das fühlt sich irgendwie immer noch nach Durchreise-Modus an. Aber ich wollte auch meine Familie und meine Freunde endlich wieder sehen, daher bin ich doch, wie geplant, kurz vor Weihnachten von Kapstadt nach Hause geflogen.

Und, planst du schon wieder die nächste Tour?

Auf jeden Fall! Die nächste große Tour habe ich schon im Kopf. Aber ich denke, damit lasse ich mir noch etwa zwei bis drei Jahre Zeit. Bis dahin werde ich ein Buch über meine Afrika-Tour schreiben, Sponsoren pflegen und auf jeden Fall ein paar kürzere Touren-Projekte starten.

Was war denn eigentlich deine erste längere Bike-Tour?

2019 bin ich von Bogota (Kolumbien) nach Buenos Aires (Argentinien) geradelt. Einfach losgefahren, ohne große Planung. Das klingt aus heutiger Sicht vielleicht etwas naiv, aber es hat glücklicherweise alles bestens geklappt. Fit genug war ich, weil ich vom Triathlon kam. Inspiriert hat mich damals schon die Bike Touring Community. Darin sind viele der Meinung, dass man sich mit zu viel Planung die Überraschungen und das Abenteuer nimmt.

Was würdest du Bikern raten, die zum ersten Mal auf eine lange Etappentour gehen?

Beim ersten Mal würde ich raten, das Ganze nicht aus sportlicher Sicht anzugehen. Lieber auf Komfort achten, also angenehme Klamotten tragen, bequem sitzen, ein gutes Zelt dabei haben - sich einfach eine gute Zeit machen und das Unterwegssein genießen. Dabei schauen, wie es ist, tagelang unterwegs zu sein, statt einem zu hoch gesteckten Tagesziel hinterher zu hecheln.

Unsere Kollegin Sandra Schuberth hat Wiebke Lühmann auf ihrem Weg durch Afrika mental und am Ende auch persönlich begleitet. Hier alle Höhen und Tiefen dieses 22-Länder-Abenteuers in Kurzversionen:

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