Der Preis ist heißCube Attain C:62 SLT im Test

Julian Schultz

 · 04.04.2025

Cube Attain C:62 SLT: Der Preis ist heiß
Foto: Wolfgang Papp
Mit dem neuen Top-Modell des langstreckentauglichen Attain haut Cube einen neuen Preis-Leistungs-Kracher raus. Doch ist das C:62 SLT auch technisch in Form? Der TOUR-Test liefert Antworten.

Zweitausendneunhundertneunundneunzig. In Zahlen: 2999 Euro. So viel kostet das neue Top-Modell des Cube Attain. Natürlich ist auch das noch ein ordentlicher Batzen Geld für ein Fahrrad – aber mit Blick auf die Mitbewerber konkurrenzlos. Schließlich wuchert das C:62 SLT mit einer Ausstattung, wie sie sonst nur an deutlich teurere Modelle geschraubt wird. Für vergleichbare Räder mit moderner, elektronischer Schalttechnik sowie leichten Laufrädern und Sattelstütze aus Carbon ruft selbst die Versandhandelskonkurrenz aus Bocholt oder Koblenz mindestens 2200 Euro mehr auf.

Bei großen Fachhandelsmarken wie Giant, Specialized oder Trek wird für ähnliche Ausstattungsversionen mindestens das Doppelte fällig. Wie schafft Cube das? Auf Nachfrage verweist der größte deutsche Fahrradbauer auf günstige Einkaufskonditionen, schlanke Unternehmensstrukturen und die eigene Produktion an der deutsch-tschechischen Grenze. Doch der riesige Preisunterschied wirft noch eine weitere Frage auf: Ist das Cube eine Mogelpackung? TOUR ist der Frage in Labor und Praxis nachgegangen.

Cube Attain C:62 SLT: Extreme Komfortgeometrie

Das Attain der jüngsten Generation nimmt im Sortiment des bayerischen Fahrradbauers weiterhin den Platz des unkomplizierten Rennrads für alle Gelegenheiten ein. Mit betonter Komfortgeometrie zieht Cube eine scharfe Trennlinie zum Agree, das zwar ebenfalls als Marathonrad kategorisiert ist, durch aerodynamisch optimierte Rohrformen und eine sportive Sitzposition aber deutlich Richtung Wettkampfrenner tendiert.

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Fast drei Zentimeter ist das Steuerrohr des Attain länger, der Lenker somit höher. Der Quotient aus Stack+ und Reach+, der zur Einordnung der Sitzposition auch Vorbau und Lenker berücksichtigt, bewegt sich auf dem Niveau reisetauglicher Gravelbikes. Kurzum: Recht viel rückenschonender kann man aktuell auf einem straßentauglichen Rennrad kaum sitzen; das Attain ist für lange Tage im Sattel prädestiniert. Die Materialfrage beantworten beide Endurance-Plattformen der Waldershofer gleich, indem das Attain erstmals die Rahmenqualität des Agree übernimmt.

Der Anteil an Carbonfasern liegt bei 62 Prozent, deshalb auch die Modellbezeichnung. Ein mit Nano-Partikeln versetztes Harz hält das Geflecht zusammen. Bei höheren Qualitätsstufen reduziert Cube den Anteil des “Klebers” weiter und optimiert die Belegung, womit sich vor allem leichtere Rahmen-Sets für Race-Plattformen wie das Litening Aero backen lassen. Für das Attain nennt Cube ein Rahmengewicht von 1150 Gramm.

Die direkten Konkurrenten von Canyon und Rose machen für vergleichbare Modelle ähnliche Angaben. Das Testrad hängt mit knapp über acht Kilogramm an der Waage, wobei das C:62 SLT enorm vom Aufbau mit leichten Newmen-Carbonlaufrädern profitiert und sich ausgesprochen leichtfüßig fährt. In dieser Preisklasse ist das ein Alleinstellungsmerkmal, in vielen Rädern der Konkurrenz stecken meist Laufräder mit Alu-Felgen.

Abgrenzung zum Cube Agree?

Neu sind im Vergleich zum Vorgänger die etwas längeren Kettenstreben und größere Reifenfreiheit, womit Cube den Renner für den Einsatz auf Schotterpisten wappnet. Durch die längeren Kettenstreben wächst auch der Radstand, wovon der Geradeauslauf profitiert; das lehnt das ohnehin schon gutmütige Lenkverhalten des früheren Attain noch mehr an das eines Schotterspezialisten an.

Einzigartig: Derart hochwertige Carbonlaufräder sind eigentlich nur in teureren Rädern zu finden.Foto: Matthias BorchersEinzigartig: Derart hochwertige Carbonlaufräder sind eigentlich nur in teureren Rädern zu finden.

Durch den Platz für bis zu 34 Millimeter breite Pneus – bei den mit HPA (High Performance Aluminium) gekennzeichneten Modellen 32 Millimeter – lässt sich das Marathonrad zudem für Fahrten über Feld- und Waldwege umrüsten. Damit zieht die Neuheit wie schon erwähnt eine klare Trennlinie zum Agree, das deutlich direkter und wendiger auf Lenkbefehle reagiert, sowie mit der maximalen Reifenfreiheit geizt. Ab Werk rollt das neue Attain auf 30 Millimeter breiten Grand Prix von Continental, die ordentlich rollen, aber nur mit Schlauch gefahren werden können.

Im Serientrimm lässt sich dadurch relativ wenig Einfluss auf den Federkomfort nehmen, der in Labor wie Praxis durchschnittliches Niveau erreicht. Zwar spendiert Cube dem Top-Modell eine runde Carbonsattelstütze mit langem Auszug, die integrierte Klemmung übernimmt das Rad von teureren Modellen; wie beim Agree ist das Heck dennoch straff abgestimmt, an der Front mit robuster Lenker-Vorbau-Kombi aus Aluminium werden Unebenheiten ebenfalls wenig gefiltert.

Modern: Im Gegensatz zum Vorgänger verlaufen die Leitungen teilintegriert unter dem Vorbau ins Steuerrohr.Foto: Matthias BorchersModern: Im Gegensatz zum Vorgänger verlaufen die Leitungen teilintegriert unter dem Vorbau ins Steuerrohr.

Elektronische Ultegra-Gruppe

Das Attain schreit damit förmlich nach breiteren Gummis, auch weil die montierten Reifen zwischen den weit ausgestellten Gabelholmen und Sitzstreben etwas verloren wirken. Tubeless-fähige Pneus mit 32 Millimetern, im Onlinehandel ab 40 Euro erhältlich, würden das Cube besser federn und näher an die Kategorie der Allroadbikes heranrücken lassen. Highlight des C:62 SLT ist der Aufbau mit aktueller 2x12-Schalttechnik von Shimano.

Die elektronische Ultegra-Gruppe funktioniert tadellos, die Gänge wechseln geschmeidig, die Bremse lässt sich gut dosieren. Die Kombination aus Kompaktkurbel (50/34 Zähne) und großer Kassette (11-34 Zähne) nimmt steilen Rampen den Schrecken, die Gänge sind eng gestuft. Die Reichweite des zentralen Akkus ist üppig, Schaltwerk und Umwerfer brauchen erst nach zigtausend Gangwechseln frischen Strom.

Ein aufgeräumtes Cockpit, durchschimmernde Carbonlagen am Rahmenset und Befestigungspunkte für eine kleine Tasche verleihen der Top-Version einen modernen Charakter. Indem die Bremsleitungen unter dem Vorbau ins Steuerrohr geführt werden, bleibt Spielraum für die Positionsanpassung. Die Platzierung der Taschen-Montagepunkte im hinteren Rahmendreieck erinnert an das Agree, auf Nachfrage soll demnächst ein passendes Nylon-Täschchen verfügbar sein. Für feste Schutzbleche ist das Chassis indes nicht mehr vorbereitet, die Option bietet Cube aktuell nur noch beim Gravelbike Nuroad.

Preis-Leistungs-Tipp

Schicke Optik, erstklassig ausgestattet, tadellos verarbeitet und günstig: Mit dem Attain C:62 SLT stellt Cube erneut ein Rennrad der Kategorie “Preis-Leistungs-Tipp” auf die Reifen. Das 2999-Euro-Modell, das 200 Euro mehr als das günstigste Agree kostet, leistet sich keine nennenswerten Schwächen. Randonneure dürften sich eventuell etwas mehr Langstreckenkomfort wünschen, die Investition in breitere, höherwertige Reifen ist daher empfehlenswert.

Neben der Top-Variante sind zwei weitere, günstigere Ausstattungsvarianten mit Carbonrahmen erhältlich. Durch einfachere Komponenten fallen die Modelle aber um 600 bzw. 1200 Gramm schwerer aus. Noch aggressiver sind die drei Alu-Versionen kalkuliert: Das Einstiegsmodell mit veralteter 2x8-Schaltung kostet nur 899 Euro, die Top-Variante des Attain HPA, die etwas mehr als zehn Kilogramm wiegt, gibt’s für 1399 Euro.



Cube Attain C:62 SLT: Test-Noten und Details

  • Preis: 2999 Euro
  • Gewicht Komplettrad: 8,0 Kilo
  • Rahmengrößen: 47, 50, 53, 56, 58, 60, 62 (Testnote gefettet)
  • TOUR-Note: 2,1
Das neue Cube Attain C:62 SLTFoto: Matthias BorchersDas neue Cube Attain C:62 SLT

Geometrie

  • Sitz-/Ober-/Steuerrohr: 500/560/183 Millimeter
  • Stack/Reach/STR: 608/376 Millimeter/1,62
  • Stack+/Reach+/STR+: 673/557 Millimeter/1,21
  • Radstand/Nachlauf: 1015/59 Millimeter

Ausstattung

  • Antrieb/Schaltung: Shimano Ultegra Di2 (2x12; 50/34, 11-34 Z.) | Note: 1,0
  • Bremsen: Shimano Ultegra (160/160 mm) | Note: 1,0
  • Reifen: Continental Grand Prix 30 mm (eff.: 30 mm) | Note: 2,0
  • Laufräder: Newmen Advanced SL.R 38 Streem
  • Laufradgewichte: 1250/1733 Gramm (v./h.)

Messwerte

  • Gewicht Komplettrad: 8020 Gramm | Note: 3,0
  • Fahrstabilität: 8,0 N/mm | Note: 2,0
  • Komfort Heck: 143 N/mm | Note: 2,3
  • Komfort Front: 93 N/mm | Note: 2,7
  • Antritt/Tretlagersteifigkeit: 60 N/mm | Note: 1,0

Vor- und Nachteile des Marathonrads

  • Plus: hochwertig ausgestattet, sehr fair kalkuliert
  • Minus: vergleichsweise hart

Stärken, Schwächen und weitere Details zum Cube Attain C:62 SLTFoto: TOURStärken, Schwächen und weitere Details zum Cube Attain C:62 SLT

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