Titan-GravelbikesFünf langlebige Geländerenner im Test

Jens Klötzer

 · 23.03.2024

Titan-Gravelbikes: Fünf langlebige Geländerenner im Test
Foto: Wolfgang Papp
Im zweiten Teil unseres Tests von Titanrädern nehmen wir fünf sehr unterschiedliche Titan-Gravelbikes unter die Lupe. Ist Titan die beste Wahl für unzerstörbare Geländerenner? TOUR sammelt im Labor Zahlen und Fakten.

Das sind die fünf Titan-Gravelbikes

Robust und langlebig, dabei leicht und komfortabel: Das sind wohl die wichtigsten Eigenschaften, die von einem guten Gravelbike erwartet werden; zumindest für die beiden erstgenannten könnte Titan der ideale Rahmenwerkstoff sein. Denn kein anderes Material, das für Fahrradrahmen verwendet wird, gilt als beständiger als das silbrig glänzende Metall. Dabei ist es weniger das Material selbst, sondern vielmehr der fehlende Lack, der einen Titanrahmen so resistent gegen die Spuren eines Fahrradlebens macht. Weil Titan nicht korrodiert oder altert, verzichten die Räder meist auf ein schützendes, jedoch kratzempfindliches Dekor.

Gerade beim Gravelbike, das gerne auch mit Packtaschen beladen wird, das Staub, Schlamm und Steinschlägen ausgesetzt und bei dem die Gefahr eines Sturzes größer als beim Straßenrad ist, werden die ersten “Kampfspuren” an lackierten Stahl-, Alu- oder Carbonrahmen oft schon nach wenigen Touren sichtbar. Die unlackierte, glänzende Oberfläche eines Titanrahmens hingegen ist gegen Scheuerspuren und vorbeistreifende Äste weitgehend immun. Trägt sie doch mal einen Schmiss davon lässt der sich meist mit wenig Aufwand auspolieren.

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Im zweiten Teil unseres Tests von Titanrädern dürfen sich fünf Anbieter präsentieren, die in unserem Vergleich von Straßenrennern in der vorigen Ausgabe nicht dabei waren und die ihre Interpretation des idealen Geländerenners zeigen. Wir haben uns anhand dieser Beispiele im Labor angeschaut, ob die Räder noch weitere Vorteile gegenüber solchen aus anderen Materialien bieten und für wen sich der Griff zum Edelmetall lohnt.

Anpassungsfähig: Ein eingeschweißtes Frästeil nimmt am 8bar Mitte TI Bremssattel und Steckachse auf. Mit dem ovalen Insert lässt sich der Radstand verkürzen.Foto: Matthias BorchersAnpassungsfähig: Ein eingeschweißtes Frästeil nimmt am 8bar Mitte TI Bremssattel und Steckachse auf. Mit dem ovalen Insert lässt sich der Radstand verkürzen.

Kurz und knapp

Für ein robustes Gravelbike ist Titan prädestiniert, denn auch einen ruppigen Umgang steckt das Material fast spurlos weg. Besonders leichte oder komfortable Räder darf man jedoch nicht erwarten. Erfreulich sind die erfrischenden Konzepte kleiner, experimentierfreudiger Anbieter und günstiger werdende Einstiegspreise. Gegenüber Aluminium und Carbon bleibt das Material dennoch vergleichsweise teuer.


Titan-Gravelbikes: Viel Gewicht, wenig Komfort

Bereits für die TOUR-Ausgabe 3/24 konnten wir das technische Niveau aktueller Titanrahmen ausloten. Dass Titan besonders leichte Rahmen hervorbringt, entpuppte sich schon dabei als Trugschluss. Für die robuster gebauten Gravelbikes gilt das umso mehr. Die meisten unserer Testrahmen bringen nackt um 1800 Gramm auf die Waage. Damit sind sie zwar 10 bis 20 Prozent leichter als vergleichbare Stahlrahmen. Allerdings können selbst preiswerte Alu-Rahmen dieses Niveau problemlos auch erreichen; hochwertige, gut gemachte Alu-Modelle können es deutlich unterbieten und sind dabei immer noch günstiger.

Einzig der US-Hersteller Moots konnte mit seinem (sehr teuren) Straßenrenner in der März-Ausgabe in dieser Disziplin beeindrucken: Bei 1580 Gramm Rahmengewicht können auch nur noch aufwendige Aluminiumrahmen mithalten. Allerdings kann das niedrige Gewicht zulasten der Steifigkeit gehen, wie der Labortest des Moots zeigte. Unsere Gravelbikes sind allesamt beruhigend steif, aber auch entsprechend schwer – die schwersten Rahmen kommen von Chirp Chirp und Triban und wiegen um zwei Kilogramm.

Preislich konkurrenzfähig?

Interessant ist, dass es unter den aktuellen Rädern gegenüber früheren Tests zwar mehr günstigere Modelle gibt, die in Fernost gefertigt werden, diese aber auch mehrheitlich an Gewicht zulegen. In der TOUR-Historie finden sich deutlich leichtere Rahmen unter 1400 Gramm, auch schon im Scheibenbremsen-Zeitalter. Die schweren Rahmen bringen es mit sich, dass die Räder auch mit teuren (also leichten) Komponenten nicht eben leicht werden. Titan-Gravelbikes sind selbst mit viel Mühe kaum leichter als neun Kilo zu bauen. Zum Vergleich: Das wiegen Großserien-Gravelbikes aus Carbon in der Preisklasse um 3000 Euro. Bei den Straßenräden ist mit Titanrahmen bei spätestens acht Kilogramm Schluss.

Ungeschliffen: Das Triban ist unschlagbar günstig. Manche Schweißnaht zeigt, dass an der Verarbeitung gespart wurde.Foto: Matthias BorchersUngeschliffen: Das Triban ist unschlagbar günstig. Manche Schweißnaht zeigt, dass an der Verarbeitung gespart wurde.

Auf die erste Ernüchterung an der Waage folgt sogleich die nächste: Auch dass das Rahmenmaterial besonders komfortabel sei, ist eine Mär. Alle Straßenräder und Gravelbikes in unserem Vergleich liegen auf maximal durchschnittlichem Niveau; viele fahren sich gegenüber modernen Carbonrädern sogar ausgesprochen hart, gerade Endurance-Modelle mit Carbonrahmen räumen zumindest für den Komfort am Heck fast durchgängig Bestnoten ab. Bei Gravelbikes ist das etwas weniger dramatisch, weil die breiten Reifen viel Komfort bereitstellen. Auf schmaleren Straßenpneus ist ein Carbonrahmen besonders für die Langstrecke aber die bessere Wahl.


Wie leicht geht´s mit Titan?

Tabelle mit den Gewichten der Titan-Räder.Foto: TOURTabelle mit den Gewichten der Titan-Räder.

Eine Übersicht der Einzelgewichte der aktuellen Gravelbikes und der Straßenräder aus Titan, sortiert nach reinem Rahmengewicht. Das in den USA gefertigte Moots setzt sich als einziges Modell deutlich ab, dafür kostet allein der Rahmen 6500 Euro. Dahinter geht’s eng zu, Unterschiede zwischen Gravelbike- und Straßenrahmen lassen sich höchstens in der Tendenz ausmachen. Die Gabeln von Falkenjagd und Chirp Chirp bestehen ebenfalls aus Titan und schlagen noch mal 200 bis 300 Gramm drauf. Zum Vergleich: Aktuelle Carbonrahmen (ohne Gabel) wiegen je nach Qualität ca. 800 bis 1400, Stahlrahmen 1800 bis 2400 Gramm. Titanräder sortieren sich damit auf dem Niveau von Aluminiumrädern ein, die aber deutlich günstiger sind.


Eine Frage der Sichtweise

In Anbetracht der nüchternen Fakten ist das Preis-Leistungs-Verhältnis von Titanrädern nicht besonders gut, auch wenn der Einstieg in die Welt des Edelmetalls dank günstiger Rahmen aus Fernost preiswerter gelingt als noch vor einigen Jahren. Doch die Faszination von Titan geht bekanntermaßen über die reinen Zahlen hinaus. Wer an einem Rad lange Freude hat, weil es auch nach Jahren noch wie neu aussieht, wird über den höheren Preis oder etwas mehr Gewicht hinwegsehen können.

Die Ergebnisse der Titan-Gravelbikes im Überblick

Tabelle mit allen Einzelnoten der fünf Titan-Gravelbikes.Foto: TOURTabelle mit allen Einzelnoten der fünf Titan-Gravelbikes.

Rot sind die Teilnoten ab 4,0. So sehen Sie, welche Räder wegen schwächerer Einzelnoten für Sie nicht infrage kommen.

*LL=lebenslang, CR = Crash Replacement, RA = Rennausschluss

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