Vpace hat einen Namen wie Donnerhall in der Kinder-MTB-Szene. Zumindest im Süden Deutschlands sind die Räder bei Rennen weit verbreitet. Vpace dürfte sogar der führende Anbieter sein, weit vor bekannten Marken. Dies hat handfeste Gründe. Die Mannen um Sören Zieher haben sich früh darauf spezialisiert, kindgerechte Geometrien und Anbauteile zu sportlichen Rädern zu komplettieren – wie so oft aus der Motivation, den eigenen Kindern vernünftige Räder zugänglich zu machen. Der Erfolg gibt ihnen Recht. Große Hersteller schaffen es nicht, im Segment von Kinderrädern vergleichbar konsequent vorzugehen.
Das Modell Michl soll Kinder nun auch als Gravelbike glücklich machen. Ob das funktioniert, hat unser Testfahrer Leo probiert, zwölf Jahre alt, 147 Zentimeter groß und geübter Mountainbiker. Das Michl28 empfiehlt Vpace ab 1,45 Metern Körpergröße, es passt daher perfekt zu unserem Testpiloten, der mit Rennrädern bislang wenig Erfahrung hat. Die Testfahrten führen überwiegend über Forststraßen und gepflegte Waldwege, aber Leo nimmt auch Straßen und leichte Trails im Heimrevier unter die Räder. Im Prinzip seine MTB-Strecken ohne die wirklich kniffeligen Stellen.
Auf diesem bunten Strecken-Mix kommt er mit dem Rad auf Anhieb zurecht. „Toll, wie leicht das rollt“, ist einer seiner ersten Kommentare auf einem schnellen Schotterabschnitt. Der gebogene Lenker erweist sich im Vergleich zum MTB aber als gewöhnungsbedürftig. Hinzu kommt, dass die Schaltbremsgriffe in Kinderhand einfach eine Nummer zu groß sind. Lektion Nummer eins: MTB-Lenker passen besser zu Kinderhänden. Entsprechend ist Leo auch von der Bremsperformance nicht sehr überzeugt: „Die ist schwach, verglichen mit meinem Bike“, urteilt er. Trotzdem kommt er überall rauf und runter, Schalten klappt, auch ein Steilanstieg ist mit der 32-42-Untersetzung des 1x11-SRAM-Getriebes machbar. Die 155 Millimeter kurzen Kurbeln passen zu den Beinen. Auch das Gewicht des Rades (8,6 Kilogramm) findet Leo angenehm: „Schön leicht!“, kommentiert er die Differenz zu seinem Mountainbike, das mit Federgabel mehr als zehn Kilo wiegt. Wer keinen Rennlenker will, bekommt das Rad von Vpace auch mit geradem MTB-Lenker. In der Version „Commuter“ ist zudem eine clevere Lichtanlage mit Akku im Lenker integriert sowie ein Satz Schutzbleche. So wird aus dem Gravelbike ein leichtes Alltagsrad. Für Fahrer ab 135 Zentimeter gibt es zudem das kleinere Model Michl275.
Unser Testrad rollt auf Schwalbes G-One Allroad in 40 Millimetern Breite und mit Schläuchen. Für sportliche Nutzung böte es sich an, auf Tubeless umzustellen. Das spart rund 300 Gramm Gewicht, erlaubt niedrigeren Reifendruck und senkt das Pannenrisiko.
Das Rad kostet 1.749 Euro. Die Commuter-Version kommt inklusive Licht und Schutzblechen auf den gleichen Preis. Viel Geld für ein Kinderrad. Aber die Wiederverkaufspreise von Vpace-Kinderrädern sind hoch, das muss man bei solchen Anschaffungen berücksichtigen. Gut erhalten sind bis zu zwei Drittel des Anschaffungspreises beim Gebrauchtverkauf wieder drin. Fahren können Kinder solch ein Rad etwa zwei Jahre, wenn der Wachstumsschub sich verzögert, auch drei.
Nun die Gretchenfrage: Haben Kinder mit dem Gravelrad mehr Spaß als mit einem MTB? Leo legt sich fest: „Nein, ich würde mein Bike nicht gegen das Gravelrad tauschen, denn ich fahre mit meinem MTB genauso schnell und schaffe auch schwierigere Stellen, die besonders Bock machen!“ Das liegt natürlich auch an Leos Vorprägung durchs Mountainbiken. Das MTB-Hardtail ist breiter einsetzbar und bietet mehr Kontrolle und Fahrspaß im Gelände. Kinder, die zuvor nur Straßenräder gefahren sind, dürften es umgekehrt wahrnehmen: das Gravelrad als Horizonterweiterung.
Geländeräder sind in der Hand von Kindern allemal sinnvoller als reine Straßenräder – schon um den Autos aus dem Weg gehen zu können. Kinder, die unbedingt mit einem Rennlenker ausrücken wollen, finden im Michl28 ein gutes Angebot. Über die Reifenwahl lässt sich das Rad auf die bevorzugten Strecken einstellen. Der Vpace-Renner ist sehr gut gemacht, so leicht und so kindgerecht, wie ein Rennlenker-Bike nur sein kann. Wenn alle Kinderräder so gut wären, würden wohl mehr Kinder Radfahren als Sport für sich entdecken.