Unbekannt
· 26.11.2015
Viele Hersteller interpretieren das Gravelbike als eine gemäßigte Variante des klassischen Cross-Rennrads. Cannondale schlägt mit dem Slate eine andere Richtung ein.
Blickfang und technisches Highlight ist das Einarm-Federbein Lefty. Ursprünglich für die Mountainbikes der US-Marke konzipiert und darin seit Jahren bewährt, wurde die Lefty am Slate auf Schotterpassagen und leichtes Gelände abgestimmt. Der Federweg ist auf 30 Millimeter begrenzt, der Nachlauf an die Geometrie angepasst. Zweite Besonderheit sind die 27,5-Zoll-Laufräder. Die Idee dahinter: Der Außendurchmesser der mit 42 Millimeter breiten Slicks bereiften Räder ist so fast der gleiche wie bei 28-Zoll-Felgen mit schmaler Rennradbereifung. Die kleineren Laufräder erlauben trotz des üppigen Reifenvolumens eine Geometrie mit rennradtypischen Lenkeigenschaften und ausreichender Fußfreiheit. Zugleich verbessern die breiten Reifen das Offroad-Potenzial.
Mit diesem Konzept erregt das Slate viel Aufsehen, über kaum ein anderes Rad wurde zuletzt mehr berichtet. Entsprechend gespannt waren wir auf dieses Testrad. Mit mechanischer Ultegra-Schaltung und hydraulischen Scheibenbremsen von Shimano entspricht es der mittleren von drei Ausstattungsvarianten. Allerdings wies uns Cannondale darauf hin, dass es noch aus der Vorserie stammt. Die Lefty etwa spricht noch nicht so fein an wie geplant, 42 Millimeter breite Faltreifen von Panaracer sollen später die schweren Maxxis-Drahtreifen ersetzen.
Erste Überraschung: Man sitzt gestreckt wie auf einem Wettkampf-Crosser, mit deutlicher Sattel-Lenker-Überhöhung. Wer deshalb aber glaubt, das Slate würde loslegen wie die Feuerwehr, den bremst die Realität beziehungsweise die Trägheit des Systems. 10,2 Kilo Gesamtgewicht, von denen nicht wenige Gramm in den relativ schweren Laufrädern stecken, lassen sich nicht so leicht wegdiskutieren. Im Vergleich zu den Rädern von Open, Salsa und Stevens fährt sich das Rad deutlich weniger agil. Gut möglich jedoch, dass sich dies mit einer leichteren Ausstattung ändert. Erstaunlich ist, dass man von der Lefty in normalen Fahrsituationen kaum etwas merkt (im Wiegetritt lässt sie sich per Lockout-Knopf deaktivieren). Ihre Stunde schlägt, wenn das Vorderrad auf Hindernisse wie Wurzeln oder mittelgroße Steine trifft. Hier vermittelt die Frontfederung nicht nur weniger routinierten Fahrern ein deutliches Plus an Sicherheit. Ob profillose Slick-Reifen die richtige Wahl für das Rad sind, hängt vom Einsatzgebiet ab. Auf Asphalt und feinem Schotter funktionieren solche Reifen gut – für Paris-Roubaix könnte so ein Rad eine Offenbarung sein. Schnelle Kurven auf jeder Art von Naturboden mögen sie aber weniger, auf feuchten Böden rutschen sie leicht durch. Spätestens, wenn es in richtiges Gelände geht, wünscht man sich deshalb ein Stollenprofil.
Kurzum: Ein innovatives, avantgardistisches Konzept, das wir mit final abgestimmter Frontfederung und Serienreife noch mal intensiver testen werden.
PLUS komfortabel, avantgardistische Optik
MINUS teuer, schwer
Info www.cannondale.com
Rahmenmaterial/-größen Alu / S, M, L, XL
Preis/Gewicht 3.499 Euro (Komplettrad) / 10,2 Kilo
DAS SAGEN DIE TESTFAHRER
Jens Klötzer » Nach der großen Vorfreude bin ich etwas ernüchtert. Wegen des hohen Gewichts fährt es sich nicht so spritzig wie erwartet. Die Reifen geben im Gelände praktisch keine Rückmeldung. «
Christoph Allwang » Das Rad ist sehr komfortabel und wendig. Dank Federgabel und der voluminösen Reifen fährt es sich recht gutmütig und verzeiht Fahrfehler. Im Gelände sind die Reifen aber zu rutschig. «
Thomas Musch » Der spekatulären Optik steht ein im besten Sinn unauffälliges Fahrverhalten gegenüber. Die Federgabel überzeugt vor allem auf schnellen Holperstrecken. «
Alternativen keine
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