Scott Addict GravelNeues Gravelbike von Scott im Einzeltest

Julian Schultz

 · 25.08.2021

Scott Addict Gravel: Neues Gravelbike von Scott im EinzeltestFoto: Hersteller / Daniel Geiger

Sechs Jahre hat sich Scott für die Neuentwicklung seines Addict Gravel Zeit gelassen. Dank Anleihen beim Straßenrad ist ein Race-Gravelbike für Schotterpisten herausgekommen – mit praktischen Details. Wir haben das Scott Addict Gravel gestet.

  Das neue Scott Addict Gravel Foto: Hersteller / Daniel Geiger
Das neue Scott Addict Gravel

Schier unaufhaltsam braust der Gravel-Zug seit Jahren durch die Radsportwelt. Kein anderes Segment kann diesem rasanten Entwicklungstempo folgen. Weder bei Wettkampf- noch bei Marathon-Rädern ploppen derart viele Neuheiten auf. Die Ingenieure bei Scott ließen es allerdings gemächlicher angehen. Zwar erblickte das erste Addict Gravel bereits 2015 das Licht der Welt. Der Schweizer Hersteller reagierte damit relativ früh auf den Trend, der sich längst zum Boom entwickelt hat. Doch das erste Modell war gewissermaßen eine Mogelpackung. Schließlich basierte es auf der Plattform des Addict CX – einem Cyclocross-Rad – und geizte mit typischen Graveleigenschaften. Unsere größten Kritikpunkte in TOUR 5/2019 waren die vergleichsweise gestreckte Sitzposition und das Fehlen von Befestigungsösen für Taschen oder Schutzbleche. Zudem wunderten wir uns, warum nur 35 Millimeter breite Pneus aufgezogen waren – es wäre Platz für breitere Reifen gewesen. Umso gespannter waren wir deshalb auf den Nachfolger, den wir bereits vor dem Marktstart Anfang Juli testen konnten.

Sportliche Sitzposition auf dem Scott Addict Gravel

Die Kulisse für unsere Testfahrten rund um das schweizerische Gruyères hätte dabei kaum symbolträchtiger sein können. Denn während Feinschmecker den gleichnamigen und weltweit bekannten Käse erst nach mehrmonatiger Reifezeit goutieren, erhofftsich Scott nach der mehrjährigen Entwicklungsphase des Addict Gravel eine ähnliche Reaktion unter Rennradlern. Wie sein Vorgänger kommt auch das neue Rad – wir testeten das Top-Modell Tuned in Größe 56 – betont sportlich daher und sortiert sich im Offroad-Bereich eindeutig unter den Rennmaschinen ein. Die Sitzposition ist ordentlich gestreckt, das Oberrohr sogar noch etwas länger als beim Vorgänger. Mit den jetzt 45 Millimeter breiten Reifen darf der Untergrund nun gerne etwas holperiger sein. Bemerkenswert das Fahrverhalten des Rades bei hohem Tempo auf losem Untergrund: Mit dem langen Radstand und dem extremen Nachlauf stabilisiert sich das Rad wie von selbst; Schlaglöcher, Spurrillen oder im Weg liegende Steine können die Fuhre kaum aus der Ruhe bringen.

Scott Addict Gravel im Fahrtest: Tempobolzen auf Schotter

In der Praxis heißt das: Fahrspaß! Auf den Schotterautobahnen rund um Gruyères wirbelt das Addict Gravel Staub auf und lässt sich spielend leicht auch mit hohem Tempo fahren. In Sachen Laufruhe gibt es in diesem Segment kaum besseres, einzig das BMC Urs kann hier mithalten. Zu holprig sollte das Terrain allerdings nicht sein. Auf den verwurzelten Trails entlang des Lac de la Gruyère gerät das träge Lenkverhalten zum Nachteil. Und für die Kopfsteinpflasterpassage hinauf zum pittoresken Château de Gruyères bietet die ovalgeformte Aero-Sattelstütze vom Komponentenspezialisten Syncros zu wenig Federkomfort. Die breiten Reifen können diesen Nachteil nur bei sehr geringem Luftdruck kompensieren. Das geht, die Kompromisse im Fahrverhalten gefallen aber nicht jedem.

  Am aerodynamischen Carbon-Cockpit von Syncros sind keine Kabel mehr sichtbar. Das Top-Modell Tuned kommt zudem mit den 45 Millimeter breiten Schwalbe-Reifen G-One R. Foto: Hersteller / Daniel Geiger
Am aerodynamischen Carbon-Cockpit von Syncros sind keine Kabel mehr sichtbar. Das Top-Modell Tuned kommt zudem mit den 45 Millimeter breiten Schwalbe-Reifen G-One R.

Doch verblockte Trails sind ohnehin nicht das Lieblingsterrain des Addict Gravel. Das lässt sich auch an den schnellen Laufrädern von DT Swiss und dem aerodynamischen Carbon-Cockpit von Syncros erkennen. Die 335 Gramm leichte Lenker-Vorbau-Einheit erinnert ans Straßenrad, mit der vollständigen Kabelintegration trägt Scott der aktuellen Entwicklung Rechnung – und das nicht nur beim High-End-Modell. Zwar sind die günstigeren Versionen mit zweigeteiltem Cockpit ausgestattet, doch auch hier sind die Züge zeitgemäß integriert. Zudem lässt sich nun an fünf Montageösen sämtliches Zubehör wie Schutzbleche & Co. anbringen.

Drei Funkschaltungen beim Addict Gravel

Los geht Scotts neuer Gravelbike-Spaß bei 2569 Euro, das Addict Gravel 30 und das Frauenmodell Contessa sind dann mit Shimanos mechanischer GRX-Gruppe ausgestattet. Die Versionen 10 und 20 kommen mit SRAMs Force eTap AXS (5699 Euro) beziehungsweise der neuen Rival XLPR eTap AXS (Preis Anfang August 2021 unbekannt, Anm. d. Red.). Das Top-Modell Tuned mit SRAMs Red eTap AXS kostet stolze 8699 Euro und richtet sich, auch wegen eines steiferen Carbonrahmens und des integrierten Powermeters, an Wettkämpfer.

  Hier im Bild das Top-Modell mit SRAMs Red eTap AXS Gruppe Foto: Hersteller / Daniel Geiger
Hier im Bild das Top-Modell mit SRAMs Red eTap AXS Gruppe

Das Scott Addict Gravel im Detail

  • Preis 8699 Euro
  • Gewicht Komplettrad 8,3 Kilo
  • Rahmengrößen: XS, S, M, L, XL
  • Ausstattung
  • Antrieb/Schaltung: SRAM Red eTap AXS (46/33, 10-36 Z.)
  • Bremsen: SRAM Red eTap AXS HRD (160/160 mm)
  • Laufräder/Reifen: DT Swiss GRC 1400 Spline/Schwalbe G-ONE R 45 mm

Den vollständigen Test mit detaillierten Noten und Messwerten zu Gewicht, Steifigkeit und Ausstattung finden Sie unten zum Download für 0,99 Euro.

Warum nicht kostenlos? Weil Qualitätsjournalismus seinen Preis hat. Dafür garantieren wir Unabhängigkeit und Objektivität. Die Grundlage der TOUR-Tests sind standardisierte und reproduzierbare Testverfahren, die wir stets offenlegen. TOUR-Artikel kann man kaufen – TOUR-Testsiege nicht!