Das Rose Backroad gilt als ein prägender Begleiter des Gravel-Booms in Deutschland. Schnell entwickelte sich das 2019 erstmals verkaufte Modell zum „absoluten Bestseller unter den Dropbar-Bikes“, wie es der Bocholter Hersteller und Versandhändler schon für das Vorgängermodell formulierte. In dritter Generation wandelt sich das Backroad noch mehr vom einstigen Cyclocross-Nachfolger zum komfortablen Langstrecken-Geländerennrad, das es auf viel Nutzwert im Alltag und auf Reisen abgesehen hat. Die Einführung des auf Tempo dressierten Backroad FF, das seit vergangenem Jahr ein sportlich ambitioniertes Publikum anspricht, lässt den Entwicklern dafür neue Freiheiten.
Das neue Backroad folgt dabei vielen Gravel-Trends der letzten Jahre: Mehr Platz für breite Reifen, bis zu 53 Millimeter passen jetzt durch Rahmen und Gabel. Mehr Komfort, denn mit einer neuen Stützenklemmung, die das Konzept des Marathon-Renners Reveal aufgreift, soll die Carbonstütze nun mehr federn als beim Vorgänger. Simple und einsteigerfreundliche Antriebe, denn Einfach-Antriebe mit breit gefächerten Kassetten sind beim neuen Backroad alternativlos. Die Geometrie wurde behutsam angepasst, es sitzt sich mit etwas höherem Lenker noch etwas aufrechter und das Rad ist mit einem etwas flacheren Lenkwinkel und minimal tieferem Tretlager mehr auf Stabilität und Geradeauslauf getrimmt. Damit verleitet das Backroad eher zum gemütlichen Cruisen und zu langen Tagen im Sattel; es erfordert wenig Übung und Konzentration im Gelände. Bequeme Kontaktpunkte und die fluffigen Reifen verbreiten auf Anhieb Wohlfühl-Atmosphäre, auch wenn die Sattelstütze das Komfortversprechen nicht erfüllen kann. Eine sportliche Gangart mit Tempo-Passagen, kraftvollen Antritten und schnellen Kurven ist allein wegen des Gewichts von fast zwölf Kilogramm nicht mehr wirklich seine Stärke. Aber dafür gibt es ja das Backroad FF.
Auch beim Zusatznutzen bietet das Rose Neuerungen: Ein im Rahmen integriertes Staufach schafft Platz für ein Pannen-Set, an etlichen Befestigungspunkten lassen sich Schutzbleche, Gepäckträger oder maßgeschneiderte Rahmentaschen montieren. Letztere sind an Fixpunkten von Fidlock befestigt – einem magnet-mechanischem System, mit dem sich die Taschen fast wie von selbst am Rahmen einklicken. Damit entfällt die zeitraubende Fummelei mit Riemen, Klettverschlüssen und Spanngurten. Auch Canyon nutzt es für die Rahmentasche am neuen Grizl. Rose verwendet die gleiche Befestigung auch für die Flaschen, was den Vorteil hat, dass sie sich leicht seitlich entnehmen lassen und die Rahmentasche dabei nicht im Weg ist. Die Tasche zählt bei allen Carbon-Modellen zum Serienumfang; für das Aluminium-Modell lässt sie sich optional ordern.
Zur getesteten „Unsupported“-Ausführung, mit 4400 Euro die teuerste im Programm, gehört außerdem eine kleine Oberrohrtasche, eine hochwertige Dynamo-Beleuchtung von Supernova mit leistungsstarkem Scheinwerfer inklusive Fernlicht, sowie ein im Rahmen verbauter Pufferakku von Busch+Müller, genannt K-Werk. Ein Kippschalter im Lenkerende bestimmt, ob der Dynamo während der Fahrt die Beleuchtung befeuern oder die Batterie aufladen soll. Diese kann über ein USB-C-Port am Vorbau angezapft werden und Handy oder Navi laden. Solche Lösungen sind seit schon einigen Jahren technisch machbar und bei Reiseradlern beliebt. Bisher brauchte es aber einige Sachkenntnis und Bastelgeschick, um sie am eigenen Rad zu integrieren. Am Backroad ist alles sauber montiert und solide verkabelt, nichts klappert oder wackelt und die Bedienung ist selbsterklärend. Weil das Unsupported mit mechanischer Schaltung ausgestattet ist, ist es in der Theorie von Steckdosen völlig unabhängig.
Der wesentliche Begrenzer für allzu viele Verbraucher dürfte die Stromernte sein. Die Kapazität reicht etwa für das vollständige Aufladen eines Handys plus Navi. Weil der Nabendynamo relativ wenig Strom schickt, müsste man rund zwölf Stunden bei moderatem Tempo radeln, um den 5000-mAh-Akku wieder voll zu kriegen – bei ausgeschaltetem Licht. Alternativ lässt sich der Akku aber auch an der Steckdose wieder aufladen.
Bei manchen Details finden wir allerdings, dass sie noch Potenzial für Verbesserungen haben: Der prominent am Lenker platzierte Scheinwerfer etwa dürfte mit vielen Lenkertaschen inkompatibel sein. Das minimalistische Rücklicht am linken Ausfallende ist von der rechten Seite nicht zu erkennen. Und den Ladezustand des Akkus sieht man nur, wenn man das Staufach öffnet und das Vorderrad dreht (oder ein Ladekabel anschließt). Solche Details sind aber wohl verschmerzbar, wenn es im Notfall noch etwas Strom für den leeren Handy-Akku gibt.
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