Gravelbikes bilden, neben E-Bikes, den Boomsektor in der Fahrradwelt der vergangenen Jahre. Das Angebot ist derart explodiert, dass es bereits Unterkategorien gibt, die besonders sportliche Wettkampfräder und reisetaugliche Modelle abgrenzen (siehe Alternativen unten). So weit geht die Differenzierung beim größten Fahrradhersteller der Welt (noch) nicht. Giant bietet das Revolt als klassisches Gravelbike an, das betont komfortabel ausgelegt und mit 40-Millimeter-Pneus für die Gattung durchschnittlich breit bereift ist. Das heißt nicht, dass unser gewählter Stellvertreter irgendwie uninspiriert wäre – im Gegenteil. Der Konzern will auch beim Revolt seiner Rolle als Technologieführer gerecht werden und gibt dem Rad einige Gimmicks mit, welche in Zukunft zum Standard bei Gravelbikes werden könnten.
Fast schon etabliert ist das vom Renn- und Crossrad stark abweichende Geometriekonzept, das auch viele andere Hersteller adaptieren: Ein recht langes Oberrohr und ein kurzer Stummelvorbau heben sich in der Sitzlänge auf, verändern aber das Lenkverhalten. Das führt dazu, dass sich das Rad trotz sehr flachem Lenkwinkel und langem Radstand noch neutral um Kurven steuern lässt. Ergebnis ist eine besondere Laufruhe geradeaus, selbst auf Holperstrecken und sehr weichen Böden, die auch fahrtechnisch weniger Versierten ein sicheres Gefühl vermittelt. Durch Wurzelfelder und Schlaglöcher bügelt das Giant deshalb so unbeeindruckt wie kein anderes Rad in unserem Trio (Gravel, Allroad und Cyclocross).
Wer vom Straßenrenner auf das Giant umsteigt, könnte die Lebendigkeit vermissen, schnelle Richtungswechsel erfordern etwas Nachdruck. Auf langen Touren hingegen, für die das Revolt ausgelegt ist, ist die stoische Laufruhe meist eine Wohltat, weil es weniger Konzentration und Fahrtechnik erfordert. Mit einem speziellen Wende-Ausfallende – das Hinterrad lässt sich in einer vorderen und hinteren Position montieren – kann das Fahrverhalten in engen Grenzen etwas agiler oder laufruhiger eingestellt werden. Enge Trails mit vielen Antritten liegen dem Giant dennoch weniger, ruhiges Dahingleiten auf geraden Schotterpisten dafür umso mehr.
Mit den schwach profilierten Reifen schlägt es sich auch auf Asphalt wacker. Sorgen, dass irgendwo Gänge fehlen, sind unbegründet, denn mit der Zweifach-Kurbel ist von extrem kleinen Berggängen bis zur Speed-Übersetzung alles an Bord. Üblich für Gravelbikes sind die vielen Ösen für Flaschen, Gepäck und Schutzbleche; auch ein im Rahmen integriertes Staufach für das nötigste Werkzeug findet man bei anderen Herstellern. Eher ungewohnt ist eine auf Knopfdruck höhenverstellbare Sattelstütze (Dropper Post), für die das Revolt zumindest vorbereitet ist. Sie verbessert das Sicherheitsgefühl in steilen Abfahrten, ist aber in Kombination mit Rennlenker noch selten zu finden.
Die serienmäßig verbaute Carbonstütze bietet ein beachtliches Federvermögen, neben dem gutmütigen Fahrverhalten die zweite große Stärke des Rades. Schwereren Fahrern könnte das zu viel sein, weil die Stütze bei höherer Trittfrequenz zum Wippen neigt. Sie lässt sich aber leicht durch eine steifere, runde Stütze austauschen. Leider konterkariert der dünne, harte Lenker das Konzept ein wenig. Darüber hinaus sind Schwächen an dem Rad kaum auszumachen, egal auf welchem Terrain. In Summe bietet das Giant damit den breitesten Einsatzbereich in unserem Vergleich.
Mit gestreckter Sitzposition, integriertem Carbon-Cockpit, Aero-Features und Leistungsmessung bringt das Backroad FF Elemente von Profi-Rennrädern mit ins Gelände. Solche Wettkampf-Gravelbikes gibt es bislang noch wenige, das Rose ist eines der günstigsten: Los geht’s ab 3499 Euro >> hier erhältlich.
Auf preiswerten Gravelbikes fällt die Sitzposition selten sportlich aus. Mit robusten Alu-Rahmen sind die meisten relativ schwer. Trek gibt sich bei seinem Alu-Gravelbike noch besondere Mühe. Wer eine höherwertige Ausstattung wünscht, kann das Rahmen-Set auch einzeln kaufen. Ab 1299 Euro.
Mit aufrechter Sitzposition, einer Geometrie nahe am Hardtail-MTB, 54-Millimeter-Reifen und bis zu 35 Kilogramm Zuladung treibt Wilier das Konzept des Abenteuer- und Bikepacking-Gravelbikes auf die Spitze. Das Rad für Abenteurer kann mit zwei Gepäckträgern bestückt werden und kostet ab 3700 Euro >> hier erhältlich.