Das Gravelbike meines Kollegen Max – ein Giant Revolt – ist kaum wiederzuerkennen. Erst wuchsen die 40er-Reifen zu stolligen 50ern heran, dann verschwand der Bügellenker und machte einem breiten MTB-Lenker Platz. Nur die Federung fehlt noch. Es ist, als wolle das Rad um jeden Preis jemand anderes sein – ein Mountainbike vielleicht, nur mit Existenzzweifeln.
Natürlich: Jeder darf fahren, wo und wie er möchte. Wer sein Gravelbike über verblockte Enduro-Trails jagen will – nur zu. Doch in meinen Augen ist das Unsinn. Es erinnert mich an vergangene Modeschübe im Sport: Beim Windsurfen in den Achtzigern wurden die Bretter immer kleiner, weil’s cool war – bis kaum noch jemand aufs Wasser kam und man einen Sturm brauchte, um die winzigen Boards zu beschleunigen. Oder beim Snowboarden, als alle plötzlich auf butterweichen Freestyle-Planken standen und niemand es mehr schaffte, auf der Piste eine Kante zu setzen und 90 Prozent über den Schnee wobbelten als seien sie besoffen.
Jetzt also Race-Gravelbikes mit fetten Reifen, Gravelbikes mit Vario-Stütze und Federgabel oder geradem Lenker wie ein Mountainbike. Und Graveller, die damit steile Wurzelpfade hinunter stolpern oder versuchen die Alpen auf Holper-Trails zu überqueren.
Quatsch sag ich da nur. Zweckentfremdet wie all die Landrover auf der A96.
Für mich ist das Gravelbike ein Ticket in die Freiheit. Denn mit einem Gravelbike kann ich nach Lust und Laune von der Straße in den Wald abbiegen und alles hinter mir lassen. Waldboden und Gravel statt Asphalt. Bäume statt Autos. Ruhe statt Lärm. Mit einem Gravelbike fliege ich über den Forstweg und genieße die Beschleunigung, weil leicht. Weil schnell. Weil aufs Wesentliche reduziert – ohne Federgabel, Variostütze, fetten Schlappen.
Mein Appell: Keep the Gravel in Gravelbiking.
Denn manchmal ist weniger nicht nur mehr – sondern einfach schöner.