Schon lange, bevor der Bikepacking-Hype über die Szene schwappte, vertrauten Abenteurer auf Salsa. Das Cutthroat ist so etwas wie der Urgroßvater der Langstrecken-Bikes und wurde explizit für die legendäre Tour-Divide-Route entwickelt. Auf diesem Klassiker legen Wagemutige rund 4500 Kilometer und 60.000 Höhenmeter von den kanadischen Rockys durchs amerikanische Hinterland bis zur mexikanischen Grenze zurück. Erdrutsche und Buschfeuer führen dazu, dass die Route jedes Jahr ein wenig angepasst werden muss. Das Salsa ist auf alles vorbereitet: Dank des Nabenstandards passen Mountainbike-Laufräder und bis zu drei Zoll fette Reifen ins Chassis. So kann das Bike dann auch Schneefelder und Sanddünen problemlos durchpflügen. Das Rahmendreieck nimmt vier Trinkflaschen oder eine gigantische Gepäcktasche auf. Auch zwischen den weit auseinanderliegenden Griffhöckern ist Raum für massig Hab und Gut. Schön: Ab Werk sind die Züge so verlegt, dass sie einer Lenker-Rolle nicht im Weg sind. Die Freigabe für maximal 160 Kilo Gesamtgewicht, Federgabeln mit 100 Millimetern Hub, Vario-Stützen und Sprünge aus bis zu 61 Zentimetern Höhe unterstreichen den Heavy-Duty-Anspruch des Carbonbikes.
Wer sich fern der Zivilisation wochenlang durch die Walachei schlägt, will bequem sitzen. Deshalb soll das weite Design der Sitzstreben Vibrationen reduzieren. Da im Sitzrohr jedoch eine dicke Alu-Stütze steckt, konnten wir auf unseren Prüfständen keinen Vorteil ausmachen. Das Flex-Element des Pivot etwa bietet mehr Komfort. Auch der extrem breite Alu-Lenker des Cutthroat beschert diesem trotz großem Hebel kaum schonenden Flex. Bei der Sitzposition verfolgt Salsa eine einzigartige Strategie. Der Reach baut kurz, der Stack hoch. Zusammen mit dem kurzen Vorbau bringt das den Fahrer in eine relaxte Sitzposition.
Von einer sportlichen Streckbank à la Marin ist das Salsa weit entfernt. Ausgelegt ist die Geometrie klar auf lange Sitzzeiten. Aufgrund der längsten Kettenstreben im Testfeld klettert das Bike äußerst kompetent. Durch die kompakte Positionierung auf dem Rad und den steilen Sitzwinkel kann man selbst an heftigen Rampen entspannt im Sattel sitzen bleiben, ohne dass das Vorderrad leicht wird. Dann hilft auch das Zusammenspiel aus kleinem Kettenblatt und großer MTB-Kassette. Nicht wegdiskutieren lässt sich jedoch das stattliche Gewicht. Knapp drei Kilo mehr als das athletische Alutech hat das Salsa auf den Kohlefaser-Rippen. Das Gewicht der einfachen Laufräder liegt gar auf Augenhöhe mit manchem Enduro-Mountainbike. Vom Scott mal abgesehen, beschleunigt das Salsa deshalb am trägsten. Für Sprints und Ambitionen auf den nächsten KOM ist das Bike eindeutig nicht ausgelegt.
Dass das Handling trotz Übergewicht agil bleibt, liegt an der Paarung von kurzem Oberrohr und kurzer Steuerzentrale. Gemeinsam mit dem besonders flachen Lenkwinkel lässt sich das Cutthroat ohne viel Aufregung in der gewünschten Linie platzieren. Die Reifen in der Dimension 29 mal 2,2 Zoll liegen satt auf dem Kurs und das krass breite Cockpit vermittelt ein hohes Kontrollgefühl. So viel Fahrsicherheit bringt auf ausgesetzten Wegen und Singletrails sonst nur ein Bike mit geradem Lenker. Für lange Radreisen mit Gepäck in abgelegene Ecken des Planeten ist das stabile Salsa nach wie vor eine Benchmark. In langsamen Kurven allerdings gestaltet der große Lenkbügel in Kombination mit dem weit ausladenden Heck den Fahrfluss zäh. Dann braucht es für den Richtungswechsel viel Engagement. Zum unverwüstlichen Konzept mag die mechanische Schaltung passen, der dreidimensional bewegliche Schalt-Bremshebel besitzt jedoch leider dermaßen viel Spiel, dass er in ruppigen Downhills keinen wirklich stabilen Halt bietet. Insgesamt ist das Salsa mit vernünftigen, aber nicht gerade edlen Teilen bestückt. Bessere Ausstattung und weniger Gewicht sind leider erst bei mehr finanziellem Mehraufwand drin.
hohe Fahrstabilität und Sicherheit im Gelände, optimiert für viel Gepäck, Rahmen mit vielen Aufbau-Optionen
schwer, mäßig ausgestattet, träge Beschleunigung, extrem breiter Lenker