Julian Schultz
· 18.04.2025
Mit jedem neuen Cube-Rad, das in die Testredaktion rollt, kommt einem immer öfter der Film “Und täglich grüßt das Murmeltier” in den Sinn. Wie in einer Zeitschleife schickt der Fahrradhersteller aus der Oberpfalz derzeit einen Preiskracher nach dem anderen in den Markt – und folglich auch in den TOUR-Test. Im aktuellen Vergleich nimmt das Nuroad C:62 One diese Rolle ein, da es als einziges Gravelbike in dieser Preisklasse mit einem Carbonrahmen aufgebaut ist. Das Basismodell der überarbeiteten Nuroad-Plattform spielt damit in einer eigenen Liga und sichert sich den Testsieg. Das Gesamtgewicht von 9,3 Kilogramm ist in diesem Vergleichstest der Bestwert. Mit Ausnahme des Radon bleibt kein anderes Rad unter der Zehn-Kilo-Marke, zum schwersten Mitbewerber reißt das Cube sogar eine Lücke von mehr als zwei Kilogramm – das sind Welten. Das vergleichsweise geringe Gewicht macht sich im Sattel bemerkbar. Das Nuroad fühlt sich leichtfüßig und schnell an, es transportiert das Speed-Gefühl eines Straßenrads am besten ins Gelände. Dank schneller Reifen macht es aber auch auf Asphalt “bella figura”. Es entsteht der Eindruck, als sei man mit einem deutlich teureren Gefährt unterwegs. Selbst in der Preisklasse zwischen 2400 und 3000 Euro (s. TOUR-Spezial Gravel 1/2024) wäre das Cube konkurrenzfähig und müsste beim Gewicht nur einem Rad den Vortritt lassen.
Den sportlichen Ansatz unterstreicht das Nuroad mit der Sitzposition, die etwas gestreckter ausfällt als bei einigen Mitbewerbern, aber auch für lange Strecken und viele Stunden im Sattel noch geeignet ist. Die Nuroad-Varianten mit Alu-Rahmen, die für die aktuelle Saison unverändert geblieben sind, bringen Fahrerin oder Fahrer in eine deutlich aufrechtere Sitzposition. Auf dem Niveau der Konkurrenz liegt die Spurtreue; durch die vergleichsweise leichten Alu-Laufräder von Newmen lenkt sich das Cube jedoch etwas direkter.
Neben dem agilen Fahrverhalten weiß das Nuroad auch mit seinem Federungskomfort zu überzeugen, indem es als eines von nur zwei Modellen in unserem Vergleich eine Sattelstütze aus Carbon spendiert bekommt, die flexen kann. Im Verbund mit den geschmeidig rollenden Schwalbe-Pneus werden Unebenheiten spürbar geglättet. Ein Manko lässt sich allerdings nicht wegdiskutieren: Durch die bemerkenswert kurze Stütze (350 Millimeter) konnten unsere Tester nicht ihre präferierte Sitzhöhe einstellen. Erst ab der Rahmengröße L steckt Cube eine längere Variante (400 Millimeter) in den Rahmen.
Nicht hundertprozentig zum Charakter des Bikes passt die Getriebewahl. Zwar profitiert man an steilen Rampen von der riesigen Mountainbike-Kassette; im kleinsten Gang (40/51 Zähne) kann man bergauf selbst mit reichlich Gepäck am Rad die Kurbel noch drehen. Für schnelle Schotterjagden ist das Spektrum durch das kleine Kettenblatt jedoch begrenzt. Zudem fallen die Sprünge zwischen den Gängen groß aus. Die um 500 Euro teurere Ausstattungsvariante mit 2x12-Antrieb umgeht diese Schwäche; dank leichter Laufräder mit Carbonfelgen ist das Nuroad C:62 Pro zudem nochmals 600 Gramm leichter. Dennoch: Montagepunkte für Gepäckträger und feste Schutzbleche, welche die maximale Reifenfreiheit von 50 auf 45 Millimeter reduzieren, runden den sehr gelungenen Auftritt des Nuroad C:62 One ab. Ungewöhnlich ist die Befestigungsmöglichkeit für einen Seitenständer. Die weiteren Carbonmodelle kosten zwischen 2499 und 5999 Euro, die Schotter-Flotte mit Aluminiumrahmen liegt zwischen 899 und 1599 Euro.
Gewicht (25 Prozent der Gesamtnote): Für die Bewertung zählt das gewogene Komplettradgewicht in der einheitlichen Testradgröße 56–57 Zentimeter. Wir weisen zur Orientierung auch die Laufradgewichte aus. Die Notenskala ist so gelegt, dass die Note 1,0 technisch erreichbar ist: Für Gewichte unter 7,5 Kilogramm vergeben wir die Bestnote.
Komfort Heck (20 Prozent): Ein Maß für die Nachgiebigkeit bei Fahrbahnstößen, gemessen im TOUR-Labor. Es wird ein Federweg bei Belastung der Sattelstütze gemessen. Der Messwert korreliert sehr gut mit den Fahreindrücken und dem Komfortempfinden. Gute Noten bedeuten auch eine ordentliche Fahrdynamik, die sich auf schlechten Straßen und im Gelände positiv auf die Geschwindigkeit auswirkt.
Komfort Front (10 Prozent): Analog zum Heck wird die Verformung des Lenkers unter Last ermittelt. Eine gute Note bedeutet viel Federkomfort, was die Hände auf langen Touren entlastet. Starke Sprinter, die viel Steifigkeit wünschen, sollten aber eher auf einen steifen Lenker achten.
Frontsteifigkeit (10 Prozent): Wichtige Größe für die Lenkpräzision und das Vertrauen ins Rad bei hohem Tempo, ermittelt im TOUR-Labor. Es wird eine Gesamtsteifigkeit am fahrfertig montierten Rahmen-Set ermittelt, also inklusive Gabel. Die Steifigkeitswerte werden gedeckelt. Ziel sind nicht unendlich steife, sondern ausreichend fahrstabile Rahmen.
Tretlagersteifigkeit (10 Prozent): Verrät, wie stark der Rahmen bei harten Tritten, zum Beispiel im Sprint, nachgibt. Diese Messung findet ebenfalls im TOUR-Labor statt, mit einer realitätsnahen Aufspannung, bei der sich der Rahmen wie im Fahrbetrieb verformen kann.
Schaltung (5 Prozent): Die Schalteigenschaften werden im Fahrtest ermittelt. Bewertet wird nicht der Preis oder die Qualitätsanmutung einzelner Komponenten, sondern ausschließlich die Funktion des gesamten Getriebes. Dabei spielen das Gangspektrum, aber beispielsweise auch die Zugverlegung, die Qualität der Züge und die montierte Kette eine Rolle.
Bremsen (5 Prozent): Ähnlich wie beim Schalten zählt auch hier der Test auf der Straße, es fließen zusätzlich die Erfahrungen aus unseren unzähligen Tests von Bremsen mit in die Bewertung ein. Dabei wird nicht das Bauteil selbst, sondern die Funktion als Zusammenspiel von Bremskörper, Belägen und Scheiben bewertet: Wie gut lassen sich die Bremsen modulieren? Wie standhaft sind die Bremsen, wie reagieren sie bei Hitze oder Nässe, wie lang sind die Bremswege?
Reifen (5 Prozent): Bewertet werden Rollwiderstand und Grip – soweit bekannt aus einem unserer unabhängigen Reifentests oder anhand des Fahreindrucks. Die Reifenbreite hat auf die Bewertung keinen Einfluss, denn das ist eher eine Frage persönlicher Präferenzen.
Lack (5 Prozent): Der TOUR-Lacktest simuliert Steinschlag und erlaubt eine Aussage über die Haltbarkeit der schützenden Deckschicht. Ein Meißel simuliert Steinschlag oder Kettenschlagen. Beginnend bei zehn Zentimetern Höhe, wird um je zehn Zentimeter gesteigert, bis der Lack nachgibt oder die maximale Fallhöhe von 50 Zentimetern erreicht ist.
Wartung/Einstellung (5 Prozent): Bewertet wird, wie einfach sich ein Rad warten und einstellen lässt. Notenabzüge gibt es beispielsweise für benötigte Spezialwerkzeuge, besonders aufwendige Detaillösungen, herstellergebundene Komponenten oder Wartungsarbeiten, die sich nur in Fachwerkstätten durchführen lassen.
Die Gesamtnote wird arithmetisch aus den prozentual unterschiedlich gewichteten (Prozentangaben in Klammern) Einzelnoten gebildet. Sie bringt vor allem die sportlichen Qualitäten des Rades zum Ausdruck.