Gravelbikes unter 2000 Euro im TestDas Canyon Grizl 7 - der Fast-Alles-Könner

Julian Schultz

 · 21.04.2025

Das Canyon Grizl 7
Foto: Wolfgang Papp
Niedriger Preis, viel Leistung? Diese Frage steht im Mittelpunkt unseres umfangreichen Tests von Gravelbikes unter 2000 Euro. Insgesamt 13 Räder für Sport und Abenteuer treten zum Vergleich an. Hier: das Canyon Grizl 7.

Für Canyon war ein Testsieg bei TOUR über Jahre eine Auszeichnung, die der Hersteller fest einplanen konnte. Und ohne Zweifel gehört auch das Grizl mit Aluminiumrahmen in diesem Vergleichstest zu den empfehlenswerten Rädern. Dass mit Cube, Giant und Radon gleich drei Konkurrenten nach Noten etwas besser abschneiden als das Rad des Koblenzer Versandhändlers, hat mehrere Gründe. Zum einen hat sich Can­yon inzwischen dem markt­üblichen Preisniveau angenähert; der Preisvorteil gegenüber den Fachhandelsmarken ist längst nicht mehr so groß wie noch vor einigen Jahren. Im Umkehrschluss trägt das Canyon zum von uns gesetzten ­Preislimit eine zwar immer noch überdurchschnittlich gute Ausstattung, die aber nicht mehr ausreicht, sich im Kampf um den Testsieg entscheidend abzusetzen. Zusammen mit dem robusten und modern wirkenden, aber nicht besonders leichten Alu-Rahmen ist das Rad zwar noch etwas leichter als der Durchschnitt, aber nicht mehr konkurrenzlos – besonders im Hinblick auf das Cube mit Carbonrahmen. Dass das Canyon dennoch auch ohne Testsieg für viele eine gute Wahl sein dürfte, zeigt sich auf den zweiten Blick – beziehungsweise auf der ersten Probefahrt. Mit seiner sportlichen, aber nicht zu gestreckten Sitzposition und dem gutmütigen, aber nicht auf stoischen Geradeauslauf getrimmten Fahrverhalten macht es auf allen Untergründen Spaß und dürfte den Geschmack vieler Gravelbiker treffen.

Canyon Grizl 7Foto: Wolfgang PappCanyon Grizl 7

Canyon Grizl 7: Komfortabel und funktional

Ein großes Plus des Grizl ist der überragende Komfort, den es mit seiner gut federnden Carbonsattelstütze erreicht. Den ersten Platz in dieser Wertung teilt es sich mit dem Giant Revolt, wobei Letzteres an der Front noch ein wenig nachgiebiger ist. Dafür helfen dem Grizl voluminöse und griffige Reifen, gut durchs Gelände zu kommen. Ein dickes Lob verdienen Ausstattungsdetails, die über das bloße Emblem auf der Schaltgruppe hinausgehen und deren Wert sich schwer in Zahlen fassen lässt. Auf Anhieb gefallen hat uns der sehr komfortabel zu greifende, dicke Lenker, gerade im Vergleich zu den oft dünnen und harten Alu-Bügeln der Konkurrenz. Auch Komponenten wie der Sattel, die hochwertigen Bremsscheiben und das üppig gepolsterte Lenker­band sind gut gewählt – gerade an solchen Details, auf die Kaufinteressenten nicht den ersten Blick lenken, sparen viele Wettbewerber. Der Laufradsatz des renommierten Herstellers DT Swiss ist zwar nicht viel leichter als die Eigenmarken-Laufräder manches Wettbewerbers; die Erfahrung zeigt aber, dass man am Markenprodukt länger Spaß haben dürfte, spätestens, wenn es um Ersatzteile wie eine defekte Speiche geht. Hinzu kommt Canyons riesige Größenauswahl, die auch für sehr kleine oder große Menschen passende Räder bereithält, optional perfekt passendes Zubehör wie Schutzbleche und ein Taschen-Set, sowie sechs Jahre Garantie auf Rahmen und Gabel.

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Canyon Grizl 7Foto: Wolfgang PappCanyon Grizl 7

Ein Rad, viele Möglichkeiten

Auf einen bestimmten Verwendungszweck will sich das Grizl nicht so recht festlegen, was aber in diesem Fall kein Nachteil ist. Der 2x12-GRX-Antrieb von Shimano lässt dabei alle denkbaren Szenarien zu. Für einen sportiven Einsatz spricht die im Vergleich relativ gestreckte Sitzposition, die sich mit Spacern oder einem anderen Vorbau aber leicht entschärfen ließe. Für lange Abenteuertouren bringt das Rad etliche Ösen an Rahmen und Gabel mit, um Gepäck zu befestigen. Mit Platz für bis zu 50 Millimeter breite Reifen lässt es sich für schwereres Gelände wappnen. Auch ein Upgrade zum Commuter oder Randonneur mit Schutzblechen und Gepäckträgern ist denkbar, nur eine Vorbereitung für die Lichtanlage bietet das Grizl nicht.

Canyon Grizl 7Foto: Wolfgang PappCanyon Grizl 7

Das Testrad ist die Top-Ausstattung unter vier Alu-Varianten, mit Zehnfach-GRX ist es ab 1499 Euro zu haben. Daneben gibt es zwei Einfach-Antriebe mit SRAM Apex (1x12) und der neuen Shimano Cues (1x10). Das Grizl CF SL mit Carbonrahmen startet bei 2199 Euro, kommt aber nur mit Einfach-Antrieb. Die Top-Versionen mit dem noch leichteren SLX-Rahmen liegen zwischen 3599 und 4999 Euro.



Canyon Grizl 7: Infos & Test-Note

  • Preis: 1899 Euro
  • Gewicht Komplettrad: 10,6 Kilo
  • Rahmengrößen: 3XS, 2XS, XS, S, M, L, XL, 2XL (Testgröße gefettet)
  • TOUR-Note: 2,4
Canyon Grizl 7Foto: Wolfgang PappCanyon Grizl 7

Geometrie

  • Sitz-/Ober-/Steuerrohr: 489/570/143 Millimeter
  • Stack/Reach/STR: 594/390 Millimeter/1,52
  • Stack+/Reach+/STR+: 648/557 Millimeter/1,16
  • Radstand/Nachlauf: 1045/77 Millimeter

Ausstattung

  • Antrieb/Schaltung: Shimano GRX 610/820 (2x12; 46/30, 11-36 Z.) | Note: 1,5
  • Bremsen: Shimano GRX 610 (160/160 mm) | Note: 1,5
  • Reifen: Schwalbe G-One Bite TLE 45 mm (eff.: 43 mm) | Note: 1,0
  • Laufräder: DT Swiss Gravel LN
  • Laufradgewichte: 1850/2381 Gramm (v./h.)

Messwerte

  • Gewicht Komplettrad: 10.550 Gramm | Note: 4,7
  • Fahrstabilität: 10,6 N/mm | Note: 1,0
  • Komfort Heck: 104 N/mm | Note: 1,7
  • Komfort Front: 121 N/mm | Note: 3,7
  • Antritt/Tretlagersteifigkeit: 87 N/mm | Note: 1,0

Vor- und Nachteile des Canyon Grizl 7

  • Plus: sehr komfortabel, bis ins Detail gut ausgestattet, acht Größen
  • Minus: relativ schweres Rahmen-Set

bike/canyon-grizl-7_44bf8a329f625d02654e94691498ec87Foto: TOUR

Alle 13 Räder des Vergleichstests


So testet TOUR

Gewicht (25 Prozent der Gesamtnote): Für die Bewertung zählt das gewogene Komplett­radgewicht in der einheit­lichen Testradgröße ­56–57 Zentimeter. Wir weisen zur ­Orientierung auch die Laufradgewichte aus. Die Notenskala ist so gelegt, dass die Note 1,0 technisch erreichbar ist: Für Gewichte unter 7,5 Kilogramm vergeben wir die Bestnote.

Komfort Heck (20 Prozent): Ein Maß für die Nachgiebigkeit bei Fahr­bahnstößen, gemessen im TOUR-Labor. Es wird ein Federweg bei Belastung der Sattelstütze gemessen. Der Messwert korreliert sehr gut mit den Fahreindrücken und dem Komfortempfinden. Gute ­Noten be­deuten auch eine ­ordentliche Fahr­dynamik, die sich auf schlechten Straßen und im Gelände positiv auf die Geschwindigkeit auswirkt.

Komfort Front (10 Prozent): Analog zum Heck wird die Verformung des Lenkers unter Last ermittelt. Eine gute Note bedeutet viel Federkomfort, was die Hände auf langen Touren entlastet. Starke Sprinter, die viel Steifigkeit wünschen, sollten aber eher auf einen steifen Lenker achten.

Frontsteifigkeit (10 Prozent): Wichtige Größe für die Lenkpräzision und das Vertrauen ins Rad bei hohem Tempo, ermittelt im TOUR-Labor. Es wird eine Gesamtsteifigkeit am fahrfertig montierten Rahmen-Set ermittelt, also inklusive Gabel. Die Steifigkeitswerte werden gedeckelt. Ziel sind nicht unendlich steife, sondern aus­reichend fahrstabile Rahmen.

Tretlagersteifigkeit (10 Prozent): Verrät, wie stark der Rahmen bei harten ­Tritten, zum Beispiel im Sprint, nachgibt. Diese Messung findet ebenfalls im TOUR-Labor statt, mit ­einer realitätsnahen Auf­spannung, bei der sich der Rahmen wie im Fahrbetrieb verformen kann.

Schaltung (5 Prozent): Die Schalteigen­schaften werden im Fahrtest ermittelt. Bewertet wird nicht der Preis oder die Qualitätsanmutung einzelner Komponenten, sondern ausschließlich die Funktion des gesamten Getriebes. Dabei spielen das Gangspektrum, aber beispielsweise auch die Zugverlegung, die Qualität der Züge und die montierte Kette eine Rolle.

Bremsen (5 Prozent): Ähnlich wie beim Schalten zählt auch hier der Test auf der Straße, es fließen zusätzlich die Erfahrungen aus unseren unzähligen Tests von Bremsen mit in die Bewertung ein. Dabei wird nicht das Bauteil selbst, sondern die Funktion als Zusammenspiel von Brems­körper, ­Belägen und Scheiben be­wertet: Wie gut lassen sich die Bremsen modulieren? Wie standhaft sind die Bremsen, wie reagieren sie bei Hitze oder Nässe, wie lang sind die Bremswege?

Reifen (5 Prozent): Bewertet werden Roll­widerstand und Grip – soweit bekannt aus einem ­unserer unabhängigen Reifentests oder anhand des Fahr­eindrucks. Die Reifenbreite hat auf die Bewertung keinen Einfluss, denn das ist eher eine Frage persönlicher Präferenzen.

Lack (5 Prozent): Der TOUR-Lacktest simuliert Steinschlag und erlaubt eine Aussage über die Haltbarkeit der schützenden Deckschicht. Ein Meißel simuliert Steinschlag oder Kettenschlagen. Beginnend bei zehn Zentimetern Höhe, wird um je zehn Zentimeter gesteigert, bis der Lack nachgibt oder die maximale Fallhöhe von 50 Zentimetern erreicht ist.

Wartung/Einstellung (5 Prozent): Bewertet wird, wie einfach sich ein Rad warten und einstellen lässt. Notenabzüge gibt es beispielsweise für benötigte Spezialwerkzeuge, besonders aufwendige Detaillösungen, herstellergebundene Komponenten oder Wartungsarbeiten, die sich nur in Fachwerkstätten durchführen lassen.

Die Gesamtnote wird arithmetisch aus den prozentual unterschiedlich gewichteten (Prozent­angaben in Klammern) Einzelnoten gebildet. Sie bringt vor allem die sportlichen Qualitäten des Rades zum Ausdruck.

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