Riesige Reifenfreiheit, Federsystem, Komfortgeometrie und Gepäckoptionen: Das neue Topstone bleibt seinem Ansatz treu, indem es für den Einsatz in schwierigem Gelände konzipiert ist. Damit grenzt Cannondale es klar vom SuperX ab. Die rennmäßige Plattform erhielt zuletzt ebenfalls ein Update und sicherte sich im TOUR-Test die Traumnote 1,6. Ob das Topstone mithalten kann, wird sich weisen. Zwar konnten wir das Topstone Carbon 1 Lefty AXS, eine vollgefederte Ausstattungsvariante, bereits testen. Durch die einarmige Federgabel ist die Testversion allerdings (noch) nicht mit allen Prüfständen (So testet TOUR) kompatibel, weshalb wir auch keine TOUR-Note vergeben.
Wie der Vorgänger zeichnet sich das aktuelle Bike durch einen markanten Hinterbau aus. Beim sogenannten Kingpin-System sind die Sitzstreben mittels eines Gelenks mit dem Sitzrohr verbunden, die Kettenstreben sind konventionell angebunden. Durch die Konstruktion ist ein Federweg bis zu 30 Millimetern möglich, so Cannondale. Für den Frontkomfort bietet der US-Hersteller zwei Lösungen an: eine klassische Starrgabel und eine Federgabel.
Die Besonderheit der Forke? Sie hat nur einen Arm. Die dritte Generation der sogenannten Lefty Oliver bietet einen maximalen Federweg von 40 Millimetern, beim alten Modell waren es noch 30 Millimeter. Über einen integrierten Luftzylinder lässt sich die Federhärte an Fahrergewicht und Untergrund anpassen, eine Empfehlung findet sich direkt neben dem Schrader-Ventil. Zudem kann über einen kleinen Drehregler die Zugkraft der Feder eingestellt werden. Des Weiteren gibt es an der Gabelkrone die Möglichkeit, das System während der Fahrt per Schieberegler komplett starrzustellen.
Ein weiteres Komfortelement ist die riesige Reifenfreiheit, die in MTB-Dimensionen vorstößt. Der Rahmen lässt Platz für maximal 52-Millimeter-Pneus. An der Gabel sind sogar bis zu 56 Millimeter breite Schlappen möglich, für die Lefty Oliver gibt Cannondale 47 Millimeter an. Ein Wechsel auf Laufräder im kleineren 650B-Format ist nicht nötig. Ab Werk rollen die Modelle auf 42 bis 45 Millimeter breiten Tubeless-Gummis von Vittoria oder WTB.
Das neue Topstone ist nicht nur für schwieriges Gelände gewappnet, es will auch ein treuer Begleiter bei Bikepacking-Touren sein. Neben der Komfortgeometrie mit einem STR+ von 1,20 zeugen unzählige Montagepunkte an Gabel und Rahmen davon. Im Unterrohr ist außerdem ein Staufach integriert, in das eine kleine Tasche mit einem Pannen-Set gesteckt werden kann. Bis auf das vollgefederte Modell lassen sich alle Varianten zudem mit festen Schutzblechen nachrüsten.
Auch mehr als fünf Jahre nach Einführung der Lefty-Federgabel am Topstone zieht das Cannondale ungläubige Blicke auf sich. Nach dem Motto: “Fehlt hier nicht etwas? Lässt sich das Bike stabil fahren?” Die klare Antwort: ja! Trotz der einarmigen Konstruktion leistet sich das Topstone Carbon 1 Lefty AXS bei der zentralen Rahmensteifigkeit keine Schwächen und liegt auf dem Niveau anderer Gravelbikes. Die Lenkung ist angenehm ausbalanciert. Vergleichbare, abenteuertaugliche Spezialisten reagieren auf schnelle Richtungswechsel wesentlich träger.
Der Komfortgewinn des vollgefederten Modells ist spür- und messbar. Das volle Potenzial spielt das Cannondale jedoch erst auf Wegen aus, auf denen viele Konkurrenten an ihre Grenzen kommen. Für das Lefty-Modell sind Wurzelteppiche oder Schlaglöcher ein gefundenes Fressen. In Kombination mit den schlauchlos montierten Reifen am Testrad werden harte Stöße speziell am Cockpit sehr gut absorbiert. Sofern man die optimale Einstellung für die Federgabel gefunden hat.
Unsere Testfahrer mit rund 70 Kilogramm folgten der Empfehlung von Cannondale und befüllten den Luftzylinder mit etwas weniger als 80 PSI, womit die Lefty Oliver vergleichsweise straff ist. Auf dem Komfortprüfstand, bei dem wir den Lenker standardmäßig mit 40 Kilogramm belasten, entfaltete sich die volle Federwirkung mit 67 PSI, die der US-Hersteller für ein Fahrergewicht von 59 Kilogramm angibt.
Auch das Kingpin-System am Heck macht sich vor allem bezahlt, wenn man mit dem Topstone in ruppiges Terrain vordringt. “Normale” Erschütterungen auf Feld- und Waldwegen kompensiert die runde Carbonstütze, die sich unter dem Klemmkopf verjüngt. Im Testlabor ermittelten wir bei einer Prüflast von 80 Kilogramm einen Federweg von knapp 12 Millimetern. Die Maximalangabe von Cannondale dürfte sich unter anderem auf ein höheres Fahrergewicht bzw. Systemgewicht beziehen. Für leichtere Fahrer hat das System den Vorteil, dass es nicht zum Wippen neigt.
Die Federtechnik treibt jedoch das Gesamtgewicht nach oben: 9,9 Kilogramm ermittelten wir für das Topstone Carbon 1 Lefty AXS. Weil bis auf das Top-Modell auch die weiteren Ausstattungsvarianten um 10 Kilogramm wiegen, grenzt sich die Plattform deutlich vom SuperX ab. Das Topstone fährt sich zwar nicht langsam, kann mit der Agilität des neuen Race-Modells aber nicht mithalten. Auch weil Cannondale bei der zweitteuersten Ausstattungsvariante auf einen Mullet-Antrieb setzt, der durch eine extreme Untersetzung (40/52 Zähne) seine Stärken in steilem Gelände hat und weniger für schnelle Schotterjagden.
Cannondale bietet das Topstone Carbon in sechs Ausstattungsvarianten ab 3299 Euro an. Bis auf die Testversion kommen alle Modelle mit Starrgabel und integrierten Leitungen. Eine elektronische Schaltgruppe von Shimano oder SRAM gibt es ab 4299 Euro, Laufräder aus Carbon stecken nur in den beiden Top-Modellen ab 6899 Euro. Die Flotte mit Alu-Rahmen ist vom Update nicht betroffen.