„Damit fährt man auch untrainiert schneller als 25.“ – „Da kann man sich auch gleich ein normales Pedelec kaufen.“ – „Das hat doch mit Radsport nichts mehr zu tun.“ Es sind typische Sätze konservativer Radsportler und E-Bike-Kritiker, die uns unter anderem regelmäßig in Leserbriefen erreichen. Rennräder und Gravelbikes mit Elektrounterstützung polarisieren, ohne Frage. Es gibt aber Menschen – und Rennradler – , die sich wirklich dafür interessieren und die für sich einen klaren Nutzen darin sehen. Wofür – und für wen – eignet sich überhaupt ein E-Rennrad? Aus unserer eigenen Erfahrung und den Erzählungen tatsächlicher Nutzerinnen und Nutzer skizzieren wir sechs verschiedene Einsatzmöglichkeiten.
Gravelbikes haben sich längst als sportliches, zügig zu fahrendes Stadt- und Alltagsrad etabliert, auch Pedelecs gehören längst zum alltäglichen Straßenbild. Es spricht einiges dafür, beides zu kombinieren, vor allem das Gewicht: Die Gravelbikes und Rennräder wiegen bis zu 50 Prozent weniger als ein typisches City-Pedelec. Das macht nicht unbedingt schneller, hilft aber ungemein, wenn das Rad täglich aus dem Keller oder in eine Mietwohnung getragen werden muss. Viele E-Rennräder und Gravelbikes kommen schon serienmäßig mit Licht, das unkompliziert vom Hauptakku gespeist wird, oder es lässt sich einfach nachrüsten. Auch Schutzbleche und Gepäckträger sind meist vorgesehen.
Ein Rennrad oder Gravelbike mit Motor kann durchaus ein Sprungbrett sein, um die Anfangshürde für ein neues Hobby zu überwinden. Rennradfahren macht schließlich nur wirklich Spaß, wenn der eigene Motor gut funktioniert. Nicht jede und jeder traut sich zu, die Streckenlängen und Anstiege, die schöne Ausflüge und Landschaften oft mit sich bringen, aus eigener Kraft zu bewältigen. Mit dosierter Unterstützung lässt sich aber eine Grundfitness aufbauen, um später richtig Sport zu treiben.
Verletzungen können schwere Rückschläge sein, die hohe Motivation für den Wiedereinstieg erfordern. Dann kann der Motor helfen, den runden Tritt wiederzufinden. Bei Knie- oder Hüftbeschwerden, wenn die hohe Belastung in Anstiegen das größte Problem ist, unterstützt das Pedelec genau an der richtigen Stelle. Auch bei Herz- oder Kreislaufproblemen kann der Motor dazu beitragen, den Puls unter Kontrolle und im gesundheitlich zuträglichen Bereich zu halten.
Die meisten Interessenten für ein E-Rennrad sind langjährige Radsportler in gesetzterem Alter: Das Leistungsvermögen nimmt ab, aber die Zeit ist da. Auf die schönen Touren, die in jüngeren Jahren noch problemlos zu bewältigen waren, möchte man nur ungern verzichten. Rennradeln kann man bekanntermaßen bis ins hohe Alter, mit dem Pedelec nun auch in den Bergen.
Mit einem Leistungsdefizit dank E-Rennrad in stärkeren Radgruppen mitzufahren, funktioniert nur bedingt. Am ehesten, wenn das Gelände hügelig ist und möglichst wenig Flachstrecken dabei sind, denn dann hilft der Motor. In der Ebene wird man um den Anschluss kämpfen, wenn die Gruppe spielerisch 30 oder 35 km/h fährt.
Wenn sich beide (oder mehr) Partner aufeinander einstellen und etwas disziplinieren, kann das sehr gut funktionieren: Denn der größte Frust entsteht in der Regel am Berg. Der oder die Stärkere kann sich ohne Motor auspowern, der schwächere Partner schaltet bei Bedarf den Motor zu. Mit unterschiedlichen Unterstützungsstufen kann man die Leistungsunterschiede gut ausbalancieren. Nur in der Ebene muss Rücksicht genommen werden, damit es für das E-Rennrad nicht zu schnell wird. Beim Gravelbike im Gelände spielt auch das kaum eine Rolle.