E-RennräderNützliche Nische oder sinnlose Modeerscheinung?

E-Rennräder: Nützliche Nische oder sinnlose Modeerscheinung?Foto: Wolfgang Papp
Das E-Rennrad ist ein umstrittenes Thema in der Community
​Räder mit Rennlenker und Elektrounterstützung polarisieren wie kaum eine andere Gattung auf zwei Rädern. Ob nützliche Nische oder sinnlose Modeerscheinung – wir haben mit acht sehr unterschiedlichen Konzepten für Straße und Gelände ausprobiert, was drin steckt.

​Es gibt für uns als Redaktion nicht viele Wege, ein zuverlässiges Stimmungsbild unseres Publikums einzufangen. Ein wichtiges, weil sehr konkretes Instrument ist noch immer der gute, alte Leserbrief. Heute erreichen uns ­Zuschriften zwar nur noch selten als Brief, sondern hauptsächlich per E-Mail, doch nach wie vor enthalten sie anregende Themenideen und Hinweise, was die Rennradszene interessiert, beschäftigt – oder aufregt. Nur wenige Themen haben dabei in den vergangenen Jahren so polarisiert wie die Gattung der E-Rennräder.

Das sei kein Sport, so überflüssig wie ein Kropf, das hätte in einem Rennrad-Magazin nichts zu suchen – das schreiben die einen. Sie gehören zum Rennrad-Kosmos dazu, wir werden alle mal eins brauchen, und wann denn endlich mal ein Vergleichstest käme – finden die anderen. Letztere sind nicht nur, aber häufig, ältere Leserinnen und Leser, die teils schon seit Jahrzehnten Rennrad fahren, unsere Rat­geber lesen und nun in eine Lebensphase eintreten, in der die Berge schlicht zu steil werden. Den Spaß am Rennradfahren möchten sie sich aber erhalten, solange es geht. Andere suchen ein elektrisch unterstütztes Pendant für die Partnerin, um gemeinsame Ausfahrten harmonischer zu gestalten. Wieder andere würden sich zwar aktuell kein E-Rennrad kaufen, finden aber die Entwicklungen in dem Bereich interessant.

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Neue Motoren machen E-Rennräder leichter und bewahren sportliches Antlitz

Spass auf steinigen Wegen - Mit dem Gravelbike verbringt man viel Zeit in Geschwindigkeitsbereichen, in denen die Unterstützung nützlich istFoto: Wolfgang PappSpass auf steinigen Wegen - Mit dem Gravelbike verbringt man viel Zeit in Geschwindigkeitsbereichen, in denen die Unterstützung nützlich ist

Zu letzterer Gruppe zählen wir uns qua Beruf und können beobachten, dass in dem Thema neuerdings viel ­Bewegung ist. Lange waren Elektromotoren und Rennradlenker eine eher schwierige Liaison, was vor allem an der juristisch vorgeschriebenen Unterstützungsbegrenzung auf 25 km/h liegt, aber auch am hohen Gewicht und einem klobigen, unsportlichen Erscheinungsbild. Doch neue Motoren verleihen dem E-Rennrad – und noch mehr dem E-Gravelbike – neuen Schwung. So trägt der Boom von leichten E-Mountainbikes dazu bei, dass die Antriebe zunehmend kleiner, leichter und leistungsfähiger werden. Der Branchenriese Bosch entwickelte beispielsweise mit dem neuen SX ein leichtes, kompaktes Aggregat speziell für sportive Bikes.

Auch Newcomer wie der deutsche Hersteller TQ haben mit sehr kompakten, leistungsfähigen Motoren weltweit Erfolg. Die Zeiten, als ein E-Rennrad mindestens 15 Kilogramm wog, sind damit vorbei und auch optisch lassen sich die Systeme wesentlich besser integrieren, ohne dass die sportliche Silhouette darunter leidet. Das wohl eindrucksvollste Beispiel dafür ist das jüngst vorgestellte Endurace:ONfly von Canyon, dessen Zusatzantrieb so minimalistisch ausfällt, dass es von einem nicht unterstützten Rennrad kaum zu unterscheiden ist. In der Top-Version wiegt das Rad nur zehn Kilogramm und wenn der Motor nicht im Einsatz ist, fährt es sich wie ein ganz natürliches Rennrad. Zwar hat der winzige Motor von TQ relativ wenig Leistung, aber sportlichen Fahrern, die nur etwas Schub am Berg suchen, könnte das reichen. Auch die Rennräder von Rose und Giant mit Nabenmotoren sind optisch kaum als Pedelecs zu erkennen.

Möglichst unauffällig - Am Rennrad hilft der Antrieb vor allem am Berg. Umso wichtiger ist es, dass er sonst nicht stört­Foto: Wolfgang PappMöglichst unauffällig - Am Rennrad hilft der Antrieb vor allem am Berg. Umso wichtiger ist es, dass er sonst nicht stört­

Fahrradgewichte und die Kellertreppe

Ein zweiter Grund für die höhere Akzeptanz ist das Gravelbike, das längst nicht mehr als reines Sportgerät, sondern zunehmend als Freizeit-, Touren- und Alltagsrad wahrgenommen wird. Der Rennlenker spricht heute ein viel breiteres Publikum an, bei dem auch eine Motorunterstützung weniger verpönt ist als bei waschechten Sportlerinnen und Sportlern. Für viele ist das Gravelbike im Nutzungsverhalten der Nachfolger des klassischen Trekkingbikes, und wer mit dem Rad täglich die Kellertreppe bewältigen muss, findet halbwegs tragbare Gewichte fast nur in der Gattung mit Rennlenker. Nicht ­zuletzt ist der Motor im Gelände noch wertvoller als am Rennrad auf der Landstraße: Das Geschwindigkeits­niveau ist insgesamt niedriger, auch sportliche Gravel­biker bewegen sich mehr in dem Bereich, in dem der ­Motor nützlich ist und verbringen weniger Zeit mit ­Geschwindigkeiten, bei denen aus dem Rad nur noch ein schweres, nicht unterstütztes Rennrad wird.

Richtig eingesetzt schiebt der Motor das Gravelbike dann, wenn es besonders zäh wird: An steilen Anstiegen, im tiefen Sand oder wenn am Ende des Tages die Körner ausgehen. In unserem Versuch mit acht aktuellen Elektro-Rädern lernen wir sehr unterschiedliche Konzepte kennen, die vor allem eines zeigen: Mit den neuen Antrieben hat auch die Vielfalt „mit E“ deutlich zugenommen: Vom Minimal-Antrieb bis zum überwältigenden Kraftpaket, vom klassischen Straßenflitzer bis zum komfortablen Geländerenner gibt es viele Interpretationen. Das dürfte unter anderem Peter Breiter freuen, der uns per Leserbrief mitteilt: „Die Übergänge sind fließend: Mountainbike, Gravelbike, E-Bike, Rennrad, E-Rennrad. Alles sind Fahrräder, und die sollten Platz in TOUR haben.“ Voilà.

E-Rennräder und E-Gravelbikes im TOUR-Test

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