Vier Tage vor dem Grand Depart der diesjährigen Tour de France hat Wilier offiziell den Vorhang gelüftet und mit dem Verticale ein komplett neues Wettkampfrad präsentiert. Die Leichtbau-Maschine ersetzt das Zero SLR, das die Italiener für schwere Bergetappen im Sortiment hatten. Seine Rennpremiere hat die Neuheit bereits hinter sich, dennoch dürfte das Verticale bei den Teams Astana Qazaqstan und Groupama-FDJ wohl eher selten zum Einsatz kommen. Schließlich können beide Mannschaften mit dem Filante SLR auf einen Allrounder zurückgreifen, der im TOUR-Test durch geringes Gewicht und gute Aerodynamik überzeugt.
Das Verticale SLR dagegen ist vergleichsweise eindimensional und definiert sich hauptsächlich durch seine Leichtbauweise. 1663 Gramm gibt Wilier für das Rahmen-Set (Rahmen, Gabel, Lenker und Sattelstütze) in Größe M an. Gegenüber dem Zero SLR, das wir im Aufbau mit alter Shimano Dura-Ace und Laufrädern von Corima mit 6,8 Kilogramm an der Waage hingen hatten, soll es 156 Gramm sparen. Damit sollten Kompletträder unter dem UCI-Gewichtslimit möglich sein.
Für das Traumgewicht zeichnet unter anderem ein neues Molding-Verfahren verantwortlich. Dabei werden die mit Harz getränkten Carbonmatten um einen Schaumstoff gelegt, “der sich während der Aushärtung anpasst”. 400 Teile der sogenannten Pre-Pregs werden für einen Rahmen benötigt, bei den Carbonfasern des japanischen Spezialisten Toray setzt Wilier auf drei Typen (T800, T1100, M46JB) mit unterschiedlicher Zugfestigkeit.
Die Rahmengeometrie fällt insgesamt sportlicher als beim Zero SLR aus. Während die tatsächliche Rahmenhöhe (Stack) laut Herstellerangaben fast unverändert blieb, wächst die tatsächliche Rahmenlänge (Reach) an. Für die mittlere Rahmengröße M ergibt sich dadurch ein STR-Wert von 1,40 - selbst für trainiertere Fahrer ist das eine extrem rennmäßige Sitzposition.
Zur Aero-Leistung machen die Italiener keine Angaben. Trotz eines neuen Carbon-Cockpits, das den Fahrer in eine aerodynamischere Position bringen soll, darf man insgesamt keinen großen Sprung gegenüber dem Zero SLR (220 Watt) erwarten. Der Abstand zum schnellen Filante SLR (214 Watt) bleibt damit bestehen. Zur Einordnung: Vergleichbare Leichtbau-Räder wie das Bianchi Specialissima RC (222 Watt), Canyon Ultimate CFR (222 Watt) oder Storck Aernario.3 Platinum (220 Watt) bewegen sich in ähnlichen Dimensionen wie das Zero bzw. Verticale.
Die Lenker-Vorbau-Einheit zeichnet sich zudem durch eine breitere Auflagefläche am schmalen Oberlenker (370 bzw. 390 Millimeter) und eine neue Leitungsführung aus. Weitere Neuerung ist die Sattelstütze, die nun Aufnahmen für Rücklicht bzw. Startnummernhalter bietet, sowie ein UDH-Schaltauge.
Erhältlich ist das Verticale in sieben Ausstattungsvarianten und sechs Rahmengrößen. Alle Modelle kommen mit elektronischen Schaltgruppen von Campagnolo, Shimano oder SRAM und sind wahlweise mit einem Powermeter ausgestattet. Bei den Laufrädern setzt Wilier auf Versionen der Tochterfirma Miche. In den Top-Modellen stecken die neuen Kleos RD 36, die laut Herstellerangabe 1390 Gramm wiegen. Das Rücklicht für die Sattelstütze und eine Halterung für den Computer gehören zur Serienausstattung.
Angesichts des hohen Preisniveaus darf man das aber auch erwarten, schließlich werden schon für das Verticale SLR mit Shimano Ultegra bzw. SRAM Force 9900 Euro fällig. Mit den Top-Gruppen Dura-Ace, Red AXS und Super Record WRL liegen die Preise zwischen 12000 und 13400 Euro. Ob Wilier auch günstigere SL-Varianten wie beim Filante oder Zero ins Portfolio aufnimmt, ist bislang nicht bekannt.