Mit erstklassiger Aerodynamik und einem Gewicht von weniger als sieben Kilogramm legte das RCR Pro einen Einstand nach Maß hin. 18 Monate später hat sich das Van Rysel beim französischen AG2R-Team seine ersten Meriten in der World Tour verdient, bekommt zur neuen Saison dennoch einen aerodynamisch optimierten Boliden zur Seite gestellt. Das neue RCR-F, als Prototyp bereits bei der Tour de France 2024 im Einsatz, soll noch schneller als der Wettkampf-Allrounder sein.
Angesichts der starken Gesamtperformance des RCR Pro eine durchaus überraschende Entscheidung. Schließlich zählt das Arbeitsgerät von Felix Gall & Co. mit 208 Watt bereits zu den schnellsten Rennmaschinen. Trotz der vergleichsweise konventionellen Rohrformen, wodurch die Waage bei 6,9 Kilogramm stehen bleibt. Schneller und leichter sind in diesem Testfeld nur zwei Räder. Das RCR-F soll zwar weitere 13 Watt einsparen, dürfte angesichts voluminöser Rohre und flächiger Formen aber mehrere Hundert Gramm schwerer ausfallen.
Die Eigenmarke des Sportartikelgiganten Decathlon zieht damit eine klare Trennlinie zu unserem Testrad, das sich auf verschiedenen Kursen wohlfühlt. Das flinke Multitalent ist jedoch nicht ganz frei von Schwächen. Kritikwürdig sind der geringe Komfort an Sattel und Lenker, zudem gibt es fahrstabilere Modelle als das Van Rysel. Rennerprobte Fahrer werden sich daran weniger stören als Hobbysportler.
Einen erfrischend schnörkellosen Aufsteiger; der mag zwar weniger charismatisch sein als andere Kandidaten, aber es gibt prominente Beispiele in diesem Test, die offenbaren, dass spektakuläres Design allein und fünfstellige Preise nichts über die Qualität aussagen. Vor kurzem war die getestete Ausstattungsvariante, die sich mit 9000 Euro vom vermeintlichen Image einer Discounter-Marke abgrenzt, nicht verfügbar. Ab März soll es Nachschub geben.
Gewicht (25 Prozent der Gesamtnote): Für die Bewertung zählt das gewogene Komplettradgewicht in der einheitlichen Testradgröße 56–57 Zentimeter. Wir weisen zur Orientierung aber auch die Laufradgewichte aus. Die Notenskala ist so gelegt, dass bei einem mittleren Streckenprofil von 1000 Höhenmetern pro 100 Kilometern die physikalische Wirkung von Gewicht und Aerodynamik für die Durchschnittsgeschwindigkeit vergleichbar ist. Zur Orientierung: Die aerodynamische Optimierung des Rades kann auf solch einer Strecke bis zu knapp vier Kilogramm Gewicht kompensieren. Gleichzeitige Bestnoten in Gewicht UND Aerodynamik schließen sich aus, aber es gibt Rennräder, die einen sehr guten Kompromiss finden. Ist die Strecke bergiger als unsere Referenzstrecke, nimmt die Bedeutung des Gewichts zu, ist die Strecke flacher, wird die Aerodynamik wichtiger.
Luftwiderstand (25 Prozent): Dynamisch gemessen im Windkanal, mit TOUR-Dummy, drehenden Rädern, bewegten Beinen und über ein großes Spektrum von Anströmwinkeln. Verdichtet zu einer Aerodynamik-Note für typische Umweltbedingungen.
Frontsteifigkeit (10 Prozent): Wichtige Größe für die Lenkpräzision und das Vertrauen ins Rad bei hohem Tempo, ermittelt im TOUR-Labor. Es wird eine Gesamtsteifigkeit am fahrfertig montierten Rahmen-Set ermittelt, also inklusive Gabel. Die Steifigkeitswerte werden gedeckelt. Ziel sind nicht unendlich steife, sondern ausreichend fahrstabile Rahmen.
Tretlagersteifigkeit (10 Prozent): Verrät, wie stark der Rahmen bei harten Tritten, zum Beispiel im Sprint, nachgibt. Diese Messung findet ebenfalls im TOUR-Labor statt, mit einer realitätsnahen Aufspannung, bei der sich der Rahmen wie im Fahrbetrieb verformen kann.
Komfort Heck (10 Prozent): Ein Maß für die Nachgiebigkeit bei Fahrbahnstößen, gemessen im TOUR-Labor. Es wird ein Federweg bei Belastung der Sattelstütze gemessen. Der Messwert korreliert sehr gut mit den Fahreindrücken und dem Komfortempfinden. Gute Noten bedeuten auch eine ordentliche Fahrdynamik, die sich auf schlechten Straßen positiv auf die Geschwindigkeit auswirkt.
Komfort Front (5 Prozent): Analog zum Heck wird die Verformung des Lenkers unter Last ermittelt. Eine gute Note bedeutet viel Federkomfort, was die Hände auf langen Touren entlastet. Starke Sprinter, die viel Steifigkeit wünschen, sollten aber eher auf einen steifen Lenker achten.
Schalten (5 Prozent): Die Schalteigenschaften werden im Fahrtest ermittelt. Bewertet wird nicht der Preis oder die Qualitätsanmutung einzelner Komponenten, sondern ausschließlich die Funktion des gesamten Getriebes. Dabei spielen beispielsweise auch die Zugverlegung, die Qualität der Züge und die montierte Kette eine Rolle.
Bremsen (5 Prozent): Ähnlich wie beim Schalten zählt auch hier der Test auf der Straße, es fließen zusätzlich die Erfahrungen aus unseren unzähligen Tests von Bremsen mit in die Bewertung ein. Dabei wird nicht das Bauteil selbst, sondern die Funktion als Zusammenspiel von Bremskörper, Belägen, Felgen bzw. Scheiben und Zügen sowie Zugverlegung bewertet: Wie gut lassen sich die Bremsen modulieren? Wie standhaft sind die Bremsen, wie lang sind die Bremswege?
Reifen (5 Prozent): Bewertet werden Rollwiderstand und Grip – soweit bekannt aus einem unserer unabhängigen Reifentests oder anhand des Fahreindrucks.
Die Gesamtnote wird arithmetisch aus den prozentual unterschiedlich gewichteten (Prozentangaben in Klammern) Einzelnoten gebildet. Sie bringt vor allem die sportlichen Qualitäten des Rades zum Ausdruck.