Man nehme ein neues Rennrad, beschrifte es mit den Modellnamen beider Wettkampfräder im Sortiment, und schon hat man den gewünschten Effekt: Die Fachpresse stürzt sich darauf und rätselt, welches Rad denn nun ein Update bekommt. So geschehen beim Critérium du Dauphiné, dem Vorbereitungsrennen zur Tour de France. Trek stellte den gesponserten World-Tour-Profis um Mads Pedersen einen Boliden hin, auf dessen Oberrohr ein Aufkleber mit den Modellbezeichnungen “Madone” und “Émonda” prangte.
Kurz vor der Frankreich-Rundfahrt nannte der US-Hersteller Fakten: Der neue Renner ist eine Weiterentwicklung des Madone, das sich in der achten Generation zum Race-Allrounder emanzipiert, indem es Leichtbau und Aerodynamik vereint. Damit sind die Tage des Émonda gezählt. Das 6,8 Kilo leichte Modell, das im Profi-Peloton ohnehin kaum mehr zu sehen war, ist künftig nur noch mit Alu-Rahmen erhältlich.
Die Einzelgewichte des neuen Madone SL 7, das auf einem etwas schwereren Rahmen-Set als die teureren SLR-Varianten basiert, können sich sehen lassen. Rahmen und Gabel des Testrads bringen es auf rund 1500 Gramm. Das sind 140 Gramm weniger als beim alten Madone SLR. Die neue High-End-Variante soll laut Hersteller weitere rund 250 Gramm gegenüber dem SL sparen. Das SL 7 bringt mit vergleichsweise schweren Laufrädern der Eigenmarke Bontrager 8040 Gramm auf die Waage.
Während sich das frühere Madone als futuristisches Aero-Rennrad mit flächigen Rohrformen verstand, ist das neue Design deutlich reduzierter. Eine Ausnahme bildet der als “Isoflow” bezeichnete Knotenpunkt zwischen Ober- und Sitzrohr, den die Neuheit in abgewandelter Form vom Vorgänger übernimmt. Von der Aussparung unterhalb des Sitzdoms soll unter anderem die Aerodynamik profitieren.
Wie schnell das Madone SL 7 ist, konnten wir noch nicht im Windkanal ermitteln (weshalb wir für das Rad auch noch keine Gesamtnote vergeben). Die Aerodynamik soll gegenüber dem Vormodell trotz des schlankeren Rahmensets unverändert bleiben, so Trek. Einen Anhaltspunkt liefert das alte SLR 9 AXS: 207 Watt waren nötig, um seinen Luftwiderstand bei 45 km/h zu überwinden. Damit zählte es zu den schnellsten Rädern im TOUR-Test.
Ganz so schnell dürfte das SL 7 nicht sein, da der US-Hersteller beim Mittelklassemodell unter anderem auf ein aerodynamisch günstiges einteiliges Cockpit verzichtet. Unsere Testfahrten zeigten aber, dass das Bike kaum etwas von seinem Speed eingebüßt hat. Im Anstieg, speziell wenn es hochprozentig wird, kann das Madone trotz 1:1-Übersetzung im kleinsten Gang sein vergleichsweise hohes Gewicht nicht mehr kaschieren. Von den vergleichsweise niedrigen Steifigkeitswerten werden die meisten Fahrer wenig merken.
Neben der Aerodynamik zahlt die überarbeitete “Isoflow”-Technologie maßgeblich auf einen verbesserten Komfort ein. Sattelstütze und Sitzdom bieten nominell zwar nur zwei Millimeter mehr Federweg als beim Vorgänger, in Kombination mit den voluminösen 30-Millimeter-Reifen bügelt das SL 7 Unebenheiten aber bemerkenswert glatt. Sogar Schotterpisten nimmt das Trek damit problemlos unter die Reifen. Am schmalen Carbon-Lenker, dessen Form eine extrem nach innen geneigte Montageposition der Griffhöcker erlaubt, werden die Erschütterungen vom Untergrund direkter an den Fahrer weitergegeben.
Neu sind die Größenangaben. Wie viele Konkurrenten geben die US-Amerikaner die Rahmengrößen künftig in Konfektionsgrößen an. Statt bislang acht gibt es nur noch sechs Rahmengrößen. Das neue Spektrum bietet weniger Überschneidungen bei benachbarten Rahmengrößen, wodurch die Wahl des passenden Rades erleichtert werden soll. Zudem will Trek mit den Größen XS und XL auch besonders kleinen bzw. großen Fahrerinnen und Fahrern ein passendes Rad bieten.
Unverändert ist die rennmäßige Geometrie. Unsere um 1,80 Meter großen Tester würden, entgegen der Empfehlung von Trek, zur kleineren Rahmengröße tendieren. Der Verstellbereich der integrierten Sattelstütze ist groß genug. Trek schickt insgesamt acht Ausstattungsvarianten ins Rennen. Das SL 7 mit elektronischer Ultegra und 51 Millimeter hohen Laufrädern führt die günstigere SL-Baureihe an. Als eine der wenigen High-End-Marken hat der US-Hersteller zudem noch eine Version mit mechanischer Schaltung im Angebot. Die leichteren SLR-Modelle kosten mitunter mehr als das Doppelte des Testrads.
Als Allrounder macht das neue Madone vieles richtig. Speziell beim Komfort kann das SL 7 punkten. Zudem ist es fair kalkuliert. - Julian Schultz, Test-Redakteur