Solide Technik zum fairen Preis, dazu individuell konfigurierbar, abgestimmt auf Budget und Bedürfnisse des Kunden – dafür steht die hanseatische Marke seit vielen Jahren. Für High-End-Technologie und wegweisende Trends weniger, doch 2021 schoben die Hamburger mit dem Arcalis erstmals einen wirklich schnellen Aero-Renner an den Start. Der wirkt formal nicht sonderlich eigenständig, konnte aber schon mehrfach in TOUR-Tests mit guten Ergebnissen überzeugen.
Die 2024 behutsam renovierte Edition des Modells wurde am Rahmen etwas leichter, damit schafft es das Arcalis gerade noch so in die Top-Liga der Einser-Kandidaten. In den wichtigsten Disziplinen Gewicht und Aerodynamik steht das Arcalis, vor allem in Anbetracht des fairen Preises, ganz ordentlich da. Auch wenn dafür aus dem Stevens-Baukasten alle Register gezogen werden müssen, von schnellen Laufrädern bis zur aerodynamischen Carbon-Lenkerkombi. Dass es dennoch nur knapp in dieses Feld reicht, liegt an einem grundsätzlichen Handicap: Der Komfort der Sattelstütze ist kaum der Rede wert, Fahrbahnunebenheiten werden fast ungefiltert an den Fahrer weitergegeben.
Das trübt die Fahrfreude auf langen Strecken. Auf kurzen Runden und im Rennmodus überzeugt das Stevens mit hoher Fahrstabilität, einer ausgeprägt sportlichen Sitzposition und messerscharfem Handling.
Ohne Zweifel viel, nominell wird der Preis nur noch vom Cube unterboten. Nörgeln könnte man über den billig wirkenden Eigenmarken-Sattel und darüber, dass in der Test-Konfiguration ein Leistungsmesser fehlt. Aber das alles ließe sich im Baukasten beheben und selbst mit den teuersten Komponenten kann man den Preis nicht über die 10.000-Euro-Marke treiben. Richtig attraktiv wird der Baukasten mit deutlich begrenzterem Budget. So lässt sich beispielsweise für weniger als 5000 Euro ein Flitzer mit mechanischer Shimano 105 und schnellen Carbonlaufrädern zusammenpuzzeln, der zwar schwerer, aber aerodynamisch kaum langsamer sein dürfte.
Gewicht (25 Prozent der Gesamtnote): Für die Bewertung zählt das gewogene Komplettradgewicht in der einheitlichen Testradgröße 56–57 Zentimeter. Wir weisen zur Orientierung aber auch die Laufradgewichte aus. Die Notenskala ist so gelegt, dass bei einem mittleren Streckenprofil von 1000 Höhenmetern pro 100 Kilometern die physikalische Wirkung von Gewicht und Aerodynamik für die Durchschnittsgeschwindigkeit vergleichbar ist. Zur Orientierung: Die aerodynamische Optimierung des Rades kann auf solch einer Strecke bis zu knapp vier Kilogramm Gewicht kompensieren. Gleichzeitige Bestnoten in Gewicht UND Aerodynamik schließen sich aus, aber es gibt Rennräder, die einen sehr guten Kompromiss finden. Ist die Strecke bergiger als unsere Referenzstrecke, nimmt die Bedeutung des Gewichts zu, ist die Strecke flacher, wird die Aerodynamik wichtiger.
Luftwiderstand (25 Prozent): Dynamisch gemessen im Windkanal, mit TOUR-Dummy, drehenden Rädern, bewegten Beinen und über ein großes Spektrum von Anströmwinkeln. Verdichtet zu einer Aerodynamik-Note für typische Umweltbedingungen.
Frontsteifigkeit (10 Prozent): Wichtige Größe für die Lenkpräzision und das Vertrauen ins Rad bei hohem Tempo, ermittelt im TOUR-Labor. Es wird eine Gesamtsteifigkeit am fahrfertig montierten Rahmen-Set ermittelt, also inklusive Gabel. Die Steifigkeitswerte werden gedeckelt. Ziel sind nicht unendlich steife, sondern ausreichend fahrstabile Rahmen.
Tretlagersteifigkeit (10 Prozent): Verrät, wie stark der Rahmen bei harten Tritten, zum Beispiel im Sprint, nachgibt. Diese Messung findet ebenfalls im TOUR-Labor statt, mit einer realitätsnahen Aufspannung, bei der sich der Rahmen wie im Fahrbetrieb verformen kann.
Komfort Heck (10 Prozent): Ein Maß für die Nachgiebigkeit bei Fahrbahnstößen, gemessen im TOUR-Labor. Es wird ein Federweg bei Belastung der Sattelstütze gemessen. Der Messwert korreliert sehr gut mit den Fahreindrücken und dem Komfortempfinden. Gute Noten bedeuten auch eine ordentliche Fahrdynamik, die sich auf schlechten Straßen positiv auf die Geschwindigkeit auswirkt.
Komfort Front (5 Prozent): Analog zum Heck wird die Verformung des Lenkers unter Last ermittelt. Eine gute Note bedeutet viel Federkomfort, was die Hände auf langen Touren entlastet. Starke Sprinter, die viel Steifigkeit wünschen, sollten aber eher auf einen steifen Lenker achten.
Schalten (5 Prozent): Die Schalteigenschaften werden im Fahrtest ermittelt. Bewertet wird nicht der Preis oder die Qualitätsanmutung einzelner Komponenten, sondern ausschließlich die Funktion des gesamten Getriebes. Dabei spielen beispielsweise auch die Zugverlegung, die Qualität der Züge und die montierte Kette eine Rolle.
Bremsen (5 Prozent): Ähnlich wie beim Schalten zählt auch hier der Test auf der Straße, es fließen zusätzlich die Erfahrungen aus unseren unzähligen Tests von Bremsen mit in die Bewertung ein. Dabei wird nicht das Bauteil selbst, sondern die Funktion als Zusammenspiel von Bremskörper, Belägen, Felgen bzw. Scheiben und Zügen sowie Zugverlegung bewertet: Wie gut lassen sich die Bremsen modulieren? Wie standhaft sind die Bremsen, wie lang sind die Bremswege?
Reifen (5 Prozent): Bewertet werden Rollwiderstand und Grip – soweit bekannt aus einem unserer unabhängigen Reifentests oder anhand des Fahreindrucks.
Die Gesamtnote wird arithmetisch aus den prozentual unterschiedlich gewichteten (Prozentangaben in Klammern) Einzelnoten gebildet. Sie bringt vor allem die sportlichen Qualitäten des Rades zum Ausdruck.