Aller guten Dinge sind drei: Unter diesem Motto steht der Test des Radon Vaillant. Denn im dritten Anlauf hat es der Race-Allrounder, seit März auf dem Markt, endlich in den Windkanaltest geschafft. Wir waren extrem gespannt auf die Aero-Performance und damit auch auf das Gesamtpaket des im Frühjahr vorgestellten Rades. Schließlich stellt Radon im Segment der Wettkampfräder, die vielfach sehr teuer sind, einen konkurrenzlos günstigen Renner auf die Reifen.
Obwohl hochwertig ausgestattet, bleibt die Top-Version des deutschen Herstellers und Versandhändlers unter 5000 Euro – und zeigt damit der deutschen wie internationalen Konkurrenz das Hinterrad. Vergleichbare Modelle von Canyon, Rose oder Storck kosten zwischen 500 und 2000 Euro mehr. Auch die Fachhandelsmarke Cube, die den Direktversendern seit geraumer Zeit mit einer aggressiven Preispolitik begegnet, kann da nicht mithalten. Und wie fällt der Leistungsvergleich aus? Wir haben das Vaillant 10.0 auf die Probe gestellt.
Seit 30 Jahren bringt Radon Räder auf den Markt, damals wie heute dominieren Mountainbikes das Sortiment. Die Eigenmarke des Internethändlers Bike-Discount unterhält aber auch eine kleine Flotte von Rädern mit Rennlenker, die sich durch ein attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis auszeichnet. Angeführt wird das Portfolio vom Vaillant, eine von zwei Carbon-Plattformen.
Der erste Eindruck? Erfrischend! Durch kantige Rohrprofile grenzt sich der Preiskracher von der Konkurrenz ab, das Rahmen-Set ist schick verarbeitet, der vollintegrierte Lenker verleiht dem Renner eine zeitgemäße Optik. Insgesamt orientiert sich das Vaillant an aerodynamisch optimierten Allroundern und soll das schnellste Bike sein, dass die Marke aus Bonn bislang auf die Reifen gestellt hat.
Auf der Straße lässt das verwindungssteife Chassis durchaus eine schnelle Gangart zu. Speziell im flachen Terrain spielt das spurtreue Top-Modell seine Stärken aus und rollt unaufgeregt über den Asphalt. Im Vergleich zu den Mitbewerbern braucht man allerdings deutlich mehr Tretleistung, um den Boliden auf Tempo zu halten. Mit 226 Watt bei 45 km/h erreicht das Radon das Niveau von auf Leichtbau getrimmten Wettkampfrädern, wie der Test im Windkanal verrät. Der Vergleich mit schnelleren Laufrädern (Zipp 404, Bj. 1998) zeigt, dass das Rahmen-Set noch Potenzial hat. Vier Watt lassen sich herausholen, wodurch das Vaillant 10.0 etwas näher an vergleichbare Allrounder heranrückt und sich unter anderem fast auf eine Stufe mit dem exklusiven Colnago von Weltmeister Tadej Pogacar stellt.
Beim Gesamtgewicht erzielt der attraktiv lackierte Renner ein durchschnittliches Ergebnis. Zwar kommt das Vaillant 10.0 leichter über die Berge als das Basismodell, das mit 700 Gramm mehr an unserer Waage hing. Dennoch fühlt sich der selbsternannte Allrounder in flachem, leicht welligem Gelände besser aufgehoben und tendiert in seiner Fahrcharakteristik zu einem aerodynamischen Rennboliden. Ein Eindruck, den das hart abgestimmte Chassis bestärkt. Die hochwertigen Reifen von Continental federn zwar nach Kräften, doch Lenker-Vorbau-Kombi und Sattelstütze, beide aus Carbon, geben Vibrationen relativ ungefiltert weiter. Etwas komfortabler würde das Radon mit breiteren Pneus rollen, Platz ist immerhin für maximal 30 Millimeter breite Gummis.
Unterm Strich stellt Radon mit dem Vaillant 10.0 ein modernes Wettkampfrad in den Online-Shop, das bei Aerodynamik und Komfort zwar nicht ganz an der Spitze des Klassements mitsprintet, insgesamt aber ein rundes Gesamtpaket darstellt – und das zum absoluten Top-Preis. Allein Mavic und Sram rufen für ihre Carbon-Laufräder und elektronische 2x12-Schaltgruppe zusammen einen Listenpreis von rund 3500 Euro auf.
In Kombination mit der relativ aufrechten Sitzposition dürfte das Vaillant eine große Zielgruppe ansprechen. Schließlich kann und will nicht jeder Hobbysportler auf einem Wettkampfrad so gestreckt wie Pogacar & Co. sitzen. Die weiteren Ausstattungsvarianten mit elektronischen Schaltungen von Shimano sind mit 2999 und 3499 Euro ebenfalls konkurrenzlos günstig, fallen wegen einfacher Alu-Laufräder aber schwerer aus.