“Je schneller wir zurück sind, desto besser ist es für Lapierre.” Anlässlich der Vorstellung des neuen Xelius DRS unterstrich der französische Fahrradbauer bereits seine Ambitionen auf eine schnelle Rückkehr in die World Tour – knapp zwei Monate später war diese besiegelt. Als neuer Ausrüster beim umfirmierten Team Picnic PostNL um John Degenkolb, das zuvor auf Rädern von Scott unterwegs war, mischt der Hersteller aus Dijon wieder in der Beletage des Radsports mit. Während der einjährigen Abstinenz nach dem Abschied als Teamsponsor bei Groupama-FDJ entwickelte Lapierre eine komplett neue Baureihe: Das Xelius DRS ist künftig das einzige Wettkampfmodell der Franzosen und soll die Stärken des aerodynamisch optimierten Aircode und des leichten Xelius vereinen. In ihrer bisherigen Form verschwinden die beiden Modelle aus dem Sortiment.
Dass es sich bei der Neuheit, getestet in der Top-Version, um ein astreines (Profi-)Renngerät handelt, wird schon nach wenigen Metern im Sattel deutlich. Man nimmt auf einem Boliden Platz, dessen aggressive Sitzposition aktuell kaum ein anderes Wettkampfrad ermöglicht – oder erzwingt, je nachdem. Die tiefe, aerodynamisch günstige Haltung basiert auf einem langen Rahmen und wird durch ein nach unten geneigtes Cockpit bestärkt. Betont wird der Race-Charakter durch einen relativ steilen Sitzwinkel, der viel Druck aufs Pedal erlaubt. Das Xelius DRS 10.0 fühlt sich dadurch nicht nur schnell an, es lässt sich auch erstklassig auf Tempo bringen.
Durch das ausbalancierte Lenkverhalten meistert die Neuheit sowohl enge Richtungswechsel als auch schnurgerades Tempobolzen mit Bravour. Damit der Race-Allrounder die Geschwindigkeit auch hält, adaptiert Lapierre die DRS-Technologie (Drag Reduction System) des Aircode. Sogenannte NACA-Profile, die auch im Flugzeugbau zum Einsatz kommen, formen das Rahmen-Set gegenüber dem alten Xelius kantiger. Am markanten Sitzknoten, der das Xelius seit jeher auszeichnet und tendenziell nicht zu einer Top-Aerodynamik beiträgt, hält Lapierre fest. Die Carbonskulptur der sechsten Generation ist allerdings etwas windschnittiger geformt.
Mit 217 Watt bei Renntempo macht sich das Aero-Tuning bezahlt, immerhin ist das Xelius DRS damit zwölf Watt schneller als der einstige Leichtrenner gleichen Namens. Zudem verspricht Lapierre eine bessere Performance als beim Aircode DRS, das gegenüber den schnellsten Spezialisten allerdings nicht mehr konkurrenzfähig war. Im Windkanaltest lag der Bolide selbst mit schnellen Laufrädern bei über 220 Watt. Obwohl das neue Xelius einen großen Satz bei der Aerodynamik macht, bleibt es vergleichsweise leicht. Lediglich 136 Gramm bringt es mehr auf die Waage als die alte Version.
Für das Feld der besten Race-Allrounder im TOUR-Test reicht es trotzdem ganz knapp nicht. Verstecken muss sich das Lapierre gegenüber dem Top-Material ganz sicher nicht; vielen Profi-Rädern der Konkurrenz gelingt der anspruchsvolle Spagat aus erstklassiger Aerodynamik und geringem Gewicht jedoch etwas besser. Um die Winzigkeit von einem Zehntel schrammt das Xelius DRS 10.0 an einer Gesamtnote mit einer Eins vor dem Komma vorbei – auch weil es nicht mehr den begeisternden Federkomfort des Vorgängers erreicht. Zwar setzen die Sitzstreben weiterhin am Oberrohr an, wodurch das Sitzrohr theoretisch über seine gesamte Länge schwingen kann.
Durch die Aero-Optimierung von Stütze und Sitzrohr ist der Federweg allerdings kürzer, erreicht nur noch das Niveau vergleichbarer Rennmaschinen und macht Fahrten auf ruppigen Straßen für alle Nicht-Profis weniger angenehm. Das Xelius DRS erfüllt die Attribute eines Race-Allrounders und eignet sich – deutlich besser als die bisherigen jeweiligen Spezialisten – sowohl für steiles Gelände als auch Flachetappen.
Durch das eigenständige Rahmen-Design ist das Lapierre ein markantes Gesicht in der Menge und betont durch die aggressive Geometrie seine Ausrichtung auf Wettkämpfe. Mit 10.000 Euro zählt das Testrad zu den eher “günstigen” Wettkampfrädern. Die weiteren Ausstattungsvarianten zwischen 2899 und 8499 Euro basieren auf einem schwereren Rahmen-Set. Bis auf das Basismodell, das bei Redaktionsschluss noch nicht verfügbar war, sind alle Versionen mit elektronischen Schaltgruppen aufgebaut. Für eine Ausstattung mit Carbonlaufrädern von DT Swiss werden mindestens 5999 Euro fällig.