Bestes Rennrad der Welt?Neues Canyon Aeroad im TOUR-Test

Julian Schultz

 · 19.07.2024

Das neue Canyon Aeroad will seinen Titel als bestes Serienrad der Welt verteidigen.
Foto: Skyshot/Markus Greber
Bei der Tour de France fährt es bereits, nun hat Canyon das neue Aeroad auch offiziell vorgestellt. Die vierte Generation will den Status als bestes Serienrad der Welt verteidigen. Ob das gelingt, zeigt unser Test des Aeroad CFR Di2.

Das Aeroad ist eine der erfolgreichsten Rennmaschinen der jüngeren Vergangenheit. Einerseits lag das an einem gewissen Mathieu van der Poel (Team Alpe­cin-­Deceu­ninck), der das Canyon zu bedeutenden Siegen bei Radsport-Monumenten und der letztjährigen WM geführt hat. Andererseits zählt die vorige Genera­tion zu den ­besten Serienrädern der Welt. Aerodynamik, Gewicht, Steifigkeit und Komfort: Der Bolide aus Koblenz setzt Maßstäbe. Doch wie macht man ein schnelles Rad noch schneller? Canyon antwortet darauf mit einem moderaten Update.

Das Rahmen-Set ist aerodynamisch weiterentwickelt. Fast jedes Carbonrohr bekommt ein neues Profil. Steuer- und Unterrohr sind etwas filigraner, die Gabel ist minimal länger und der Übergang zwischen Sitzrohr und Sitzstreben fließender. Ganz ehrlich: Auf den ersten Blick sieht man das kaum. Auch im Windkanal lässt sich kein Unterschied ausmachen. 204 Watt benötigt das neue ­­Aeroad, um den eigenen Luftwiderstand bei 45 km/h zu überwinden. Damit ist das Setup genauso schnell wie der Vorgänger und verdient sich eine glatte Eins im Fach Aero­dynamik.

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Die Messungen mit dem Referenzlaufradsatz zeigen, dass das neue Rahmen-Set (205 Watt) besser performt als das alte (207 Watt). Im Profi-Peloton können aktuell nur zwei ­Räder mit dem Canyon mithalten: das Cervélo S5 und das Cannondale SystemSix. Für beide Räder ermittelten wir im GST-Windkanal eine minimal bessere Windschlüpfrigkeit, der ­Abstand von einem bis zwei Watt liegt jedoch innerhalb der Messtoleranz.

Beide Konkurrenten sind zudem deutlich schwerer und haben am Berg das Nachsehen gegenüber dem ­Aeroad. Mit 7,0 Kilogramm kommt die Neuheit dem UCI­-Gewichtslimit trotz Aero-Optimierung ein Stückchen näher. 150 Gramm spart das neue gegenüber dem alten Modell. Dafür zeichnen vor allem die leichteren, da ­flacheren Laufräder von DT Swiss verantwortlich.

Die neue Rennmaschine aus Koblenz benötigt 204 Watt, um den eigenen Luftwiderstand bei 45 km/h zu überwinden.Foto: Julian SchultzDie neue Rennmaschine aus Koblenz benötigt 204 Watt, um den eigenen Luftwiderstand bei 45 km/h zu überwinden.

Wie beim Soft-Update des ­Aeroad im vergangenen Jahr wandert die integrierte Klemmung der Sattelstütze vom Sitzrohr ins Oberrohr. Laut Canyon sei dies ein Wunsch der Profis um van der Poel gewesen, die den Hinterbau als zu weich bezeichneten. Pro­bleme mit Geräuschen und Abrieb der innerhalb des Sitzrohrs flexenden Sattelstütze, über die auch wir berichtet hatten, dürften ebenfalls ein Grund für diese Veränderung gewesen sein.

Auf den TOUR-Prüfständen punktet der ­Bolide mit sehr guten Steifigkeitswerten. Die gekoppelte Systemsteifigkeit aus Rahmen und Gabel kommt zwar nicht ganz an die ­exzellente Tretlagersteifigkeit heran, ist aber für Profis wie Hobbyfahrer mehr als ausreichend, wie sich auch in unseren Praxistests zeigt. Wenige Kurbeltritte reichen aus, um das Canyon auf Speed zu bringen. Geschwindigkeiten jenseits der 30 km/h lassen sich fast spielerisch halten. Schnelle Kurven steuert das tendenziell eher laufruhige Bike präzise an. Zusammengefasst: Das Rad animiert permanent zum Schnellfahren.

Für anspruchsvolle Kletterpassagen oder epische Bergetappen könnte mancher versucht sein, dem Aeroad eventuell trotzdem ein ­etwas leichteres Rad vorzuziehen. Die neue Generation nähert sich zwar dem Gewichtslimit der UCI, ist aber noch 200 Gramm schwerer als beispielsweise das Specialized S‑Works ­Tarmac SL8, das seinen Charakter als Allrounder dadurch noch etwas mehr mit Leben füllt. Wer gern Höhenmeter sammelt, für den bietet Canyon weiterhin das Ulti­mate an. Bei den Profis, die ausreichend Watt in den Beinen haben, dürfte das Leichtbau-­Modell dagegen nur noch in Ausnahmefällen wie bei Bergankünften zum Einsatz kommen.

Im Gegensatz zu Hobbyfahrern stören sich van der Poel und Co. auch nicht am geringen Federkomfort. Wie bei vergleichbaren Aero-­Rennrädern ist die Sattelstütze ziemlich hart. Ein 3‑D-gedruckter Sattel und 28 Millimeter breite Reifen am Hinterrad machen die Fahrt über Holperpisten zwar etwas erträglicher. Für mehr Komfort empfehlen wir aber breitere Reifen. Gabel und Rahmen sind gemäß ISO-Norm für bis zu 32 Millimeter breite Pneus freigegeben.

Warum kam da noch kein anderer Hersteller drauf: Ein einheitlicher Schraubenstandard (Torx 25) macht das Mitführen eines Mini-Tools überflüssig.Foto: Skyshot/Markus GreberWarum kam da noch kein anderer Hersteller drauf: Ein einheitlicher Schraubenstandard (Torx 25) macht das Mitführen eines Mini-Tools überflüssig.

Neben dem erstklassigen Fahrverhalten in sportlicher, aber nicht überstreckter Sitzposition überzeugt das ­Aeroad mit durchdachten Details. Unser Highlight ist die Reduk­tion auf einen Schraubenstandard. Alle Einstellungen lassen sich mit einem einzigen Torx-Schlüssel (TX25) machen. Weil dieser im Hebel der Steck­achse integriert ist, benötigt man unterwegs nicht mal mehr ein Mini-­Tool. Einzig für den Laufradwechsel kommt man an einem Innensechskant nicht vorbei.

Eine weitere Besonderheit des neuen Canyon ist der Lenker. Am sogenannten Pace Bar lassen sich die Lenkerbügel ohne Leitungstrennung entfernen. Dadurch kann die Lenker-Vorbau-Einheit in ein windschnittigeres Cockpit umgebaut werden. Durch die nach innen geneigten Schaltbremshebel wird der Fahrer in eine aerodynamischere Position gebracht. Mit den optional erhältlichen Aero-­Drops (229 Euro) kann die Lenkerbreite auf das UCI-Mindestmaß von 350 Millimetern eingestellt werden. Insgesamt sind bei beiden Lenkerversionen drei Breiten möglich, die Höhe kann ohne Leitungstrennung um bis zu 20 Millimeter angepasst werden.

Ein Highlight ist das Cockpit. Mit optional erhältlichen Lenkerenden lässt sich die Kombi auf das UCI-Mindestmaß von 350 Millimetern bringen. Hintergrund: Na klar, eine bessere Aerodynamik.Foto: Skyshot/Markus GreberEin Highlight ist das Cockpit. Mit optional erhältlichen Lenkerenden lässt sich die Kombi auf das UCI-Mindestmaß von 350 Millimetern bringen. Hintergrund: Na klar, eine bessere Aerodynamik.

Weitere “Smart Solutions” sind eine als Gear Groove bezeichnete Aussparung in der Lenkermitte. Wie beim Gravelbike Grail lassen sich hier Computer, Smart­phone oder Zeitfahraufsatz montieren. Zudem ist die Sattelklemmung neu gedacht, Neigung und Position können mit zwei statt einer Schraube eingestellt werden. Die Gewindeösen an der Aero-Stütze sind eigentlich für ein Rücklicht gedacht, da diesem aber die StZVO-Zulassung fehlt, ist es in Deutschland nicht erhältlich.

Canyon Aeroad: Ausstattungen und Preise

Das neue Aeroad ist in sechs Ausstattungs­varianten und sechs Rahmengrößen erhältlich. Die Flaggschiffe, zu erkennen am Kürzel CFR in der Modellbezeichnung, basieren auf einem leichteren Rahmen. Wir ermittelten in Rahmengröße M ein Gewicht von knapp über 1000 Gramm, die Gabel hing mit rund 400 Gramm an der TOUR-Waage. Die Rennmaschinen in Top-Ausstattung kosten 10000 Euro mit Shimanos Dura-Ace oder 10500 Euro mit der neuen SRAM Red.

Deutlich günstiger sind die SLX-Varianten, die ebenfalls elektronisch die Gänge wechseln und mit Carbonlaufrädern aufgebaut sind. Die Preisspanne reicht von 4200 bis 6500 Euro. Laut Canyon muss man gegenüber unserem Testrad ein Mehrgewicht zwischen 400 und 1000 Gramm einkalkulieren. Bis auf das Basismodell sind alle Räder mit einem Powermeter ausgestattet. Die SL-Versionen werden nicht mehr angeboten.

Das Canyon Aeroad CFR in voller FahrtFoto: Skyshot/Markus GreberDas Canyon Aeroad CFR in voller Fahrt

Fazit: Neues Rad, alte Traumnote

Eine Revolution ist das neue ­Aeroad nicht. Das muss es aber auch nicht sein, da bereits das Vorgängermodell zu den besten Rennrädern der Welt zählte. Mit dem neuen ­Aeroad schreibt Canyon diese Story fort. Durch die Kombination aus geringem Gewicht und starker Aerodynamik fühlt es sich auf vielen Terrains wohl. Die Folge: Zusammen mit dem S‑Works Tarmac SL8 von Specialized teilt sich das Top-Modell den Titel als bestes Rennrad im TOUR-Test. Beide Rennmaschinen erzielen mit der Gesamt­note 1,5 ein Traumresultat.


Canyon Aeroad CFR Di2

  • TOUR-Note: 1,5
  • Preis: 9999 Euro
  • Gewicht: 7,0 Kilo
  • Rahmengrößen: 2XS, XS, S, M, L, XL, 2XL (Testgröße gefettet)
Canyon Aeroad (2024)Foto: Skyshot/Markus Greber

Geometrie

  • Sitz-/Ober-/Steuerrohr 534/570/142 Millimeter
  • Stack/Reach/STR 565/389 Millimeter/1,45
  • Stack+/Reach+/STR+ 625/563 Millimeter/1,11
  • Radstand/Nachlauf 990/53 Millimeter

Ausstattung

  • Antrieb/Schaltung: Shimano Dura-Ace (2x12; 52/36, 11-30 Z.) | Note 1,0
  • Bremsen: Shimano Dura-Ace (160/140 mm) | Note: 1,0
  • Reifen: Continentral Grand Prix 5000S TR 25/28mm (eff.: 25/28mm) | Note: 1,0
  • Laufräder: DT Swiss ARC 1100 50
  • Laufradgewichte: 1141/1489 Gramm (v./h.)

Messwerte

  • Fahrstabilität: 8,3 N/mm | Note: 1,7
  • Komfort Heck: 173 N/mm | Note: 2,7
  • Komfort Front: 73 N/mm | Note: 2,3
  • Antritt/Tretlagersteifigkeit: 69 N/mm | Note: 1,0
tour/aeroad_3f9bd9d8cc274c7b829714d3e4b398a4Foto: TOUR

Vor- und Nachteile

  • Plus: erstklassige Aerodynamik, Top-Ausstattung, ein Schraubenstandard
  • Minus: geringer Federkomfort

Aeroad CF SLX 7 AXS

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  • Antrieb/Schaltung: SRAM Rival AXS (2x12; 48/35, 10-30 Z.)
  • Laufräder: DT Swiss ARC 1600 50
  • Reifen: Continental Grand Prix 5000 S TR (25/28 mm)
  • Gewicht: 8,1 Kilo (Größe M)
  • Preis: 4199 Euro

Aeroad CF SLX 7 Di2

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  • Antrieb/Schaltung: Shimano 105 Di2 (2x12; 52/36, 11-34 Z., Powermeter)
  • Laufräder: DT Swiss ARC 1600 50
  • Reifen: Continental Grand Prix 5000 S TR (25/28 mm)
  • Gewicht: 7,9 (Größe M)
  • Preis: 4799 Euro

Aeroad CF SLX 8 Di2

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  • Antrieb/Schaltung: Shimano Ultegra Di2 (2x12; 52/36, 11-30 Z., Powermeter)
  • Laufräder: DT Swiss ARC 1400 50
  • Reifen: Continental Grand Prix 5000 S TR (25/28 mm)
  • Gewicht: 7,5 (Größe M)
  • Preis: 6499 Euro

Aeroad CF SLX 8 AXS

tour/full-2025-3966-aeroad-cf-slx-8-axs-r107-p01-p5_e641efd13beb6fa6cc489960ac92f2eeFoto: Canyon
  • Antrieb/Schaltung: SRAM Force AXS (2x12; 48/35, 10-30 Z., Powermeter)
  • Laufräder: Zipp 404 Firecrest HL
  • Reifen: Pirelli P Zero Race TLR (28 mm)
  • Gewicht: 7,9 (Größe M)
  • Preis: 6999 Euro

Aeroad CFR Di2

tour/full-2025-3967-aeroad-cfr-di2-r108-p02-p5_201d9cbe10aa033f55d07e459cc9db96Foto: Canyon
  • Antrieb/Schaltung: Shimano Dura-Ace Di2 (2x12; 52/36, 11-30 Z., Powermeter)
  • Laufräder: DT Swiss ARC 1100 50
  • Reifen: Continental Grand Prix 5000 S TR (25/28 mm)
  • Gewicht: 7,0 Kilo (Größe M)
  • Preis: 9999 Euro

Aeroad CFR AXS

tour/full-2025-3970-aeroad-cfr-axs-r108-p04-p5_20a2e38c8056331b83b4ccebd3c4919dFoto: Canyon
  • Antrieb/Schaltung: SRAM Red AXS (2x12; 48/35, 10-28 Z., Powermeter)
  • Laufräder: Zipp 545NSW
  • Reifen: Pirelli P Zero Race TLR (28 mm)
  • Gewicht: 7,2 Kilo (Größe M)
  • Preis: 10499 Euro

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