Haben Leichtbau-Rennräder noch eine Daseins-Berechtigung? Oder sind die Spezialisten, die sich um das Gewichtslimit des Radsportweltverbands UCI bewegen, gegenüber schnelleren Allroundern chancenlos? Dieser Frage gingen wir in TOUR 12/2023 nach und testeten sechs, superleichte Renner. Das Factor zeichnete sich dabei durch das geringste Gewicht aus. Sowohl im Testfeld als auch über das Jahr gesehen.
Mit 6520 Gramm hing das O2 VAM, das am Rande der Tour de France 2023 vorgestellt worden war, an der Waage. Im Gewichts-Ranking knapp dahinter reihten sich im Zeitraum Januar bis Dezember das Giant TCR Advanced SL (6540 Gramm), Specialized S-Works Tarmac SL8 (6550 Gramm) und Storck Aernario.3 Platinum (6560 Gramm) ein.
Für die Entwicklung des Factor stand kein Geringerer als der mehrmalige Tour-Sieger Chris Froome Pate, der auch zu den Investoren der britisch-taiwanischen Marke gehört. Das grazil designte Rahmen-Set wurde fast 100 Gramm schwerer als sein Vorgänger, soll mit seinen Rohrquerschnitten laut Hersteller aber aerodynamisch die Klassenkonkurrenz in den Schatten stellen.
Das Versprechen kann Factor im Windkanalversuch jedoch nicht erfüllen, was nur zum Teil an den relativ flachen Felgen liegt. Bei der Messung mit höheren Referenz-Laufrädern (Zipp 404) kann das O2 VAM immerhin zu den schnellsten Leichtbau-Modellen von Bianchi (Specialissima RC), Canyon (Ultimate CFR Di2 Aero) und Storck (Aernario.3 Platinum) aufschließen.
Die dank Carbonspeichen extrem leichten Laufräder der Eigenmarke Black Inc. verhelfen dem O2 dafür knapp zum Titel für das leichteste Komplettrad im Testjahr 2023. Bei gewogenen 6520 Gramm ist sogar ein Powermeter dabei. Geschmälert wird das Gesamtbild von mäßigen Steifigkeitswerten, die Beschränkung auf maximal 90 Kilogramm schwere Fahrer ist konsequent. Mit der vergleichsweise aufrechten Sitzposition und der gut federnden Stütze könnte das Factor auch als Endurance-Rennrad durchgehen.