***** Jonas Vingegaard
**** Juan Ayuso, João Almeida
*** Felix Gall, Giulio Ciccone, Antonio Tiberi
** Giulio Pellizzari
* Mikel Landa, Ben O’Connor, Jai Hindley, Egan Bernal, Matteo Jorgenson
* Je mehr Sterne ein Fahrer erhält, desto höher sind seine Chancen einzuschätzen
Jonas Vingegaard geht als eindeutiger Favorit in die Vuelta a España 2025. Der Däne vom Team Visma | Lease a Bike kommt mit einer starken Form zur Spanien-Rundfahrt, nachdem er bei der Tour de France den zweiten Platz hinter Tadej Pogačar belegte. In Frankreich zeigte Vingegaard, dass er aktuell der zweitbeste Rundfahrer der Welt ist und allen anderen Konkurrenten deutlich überlegen. Da Pogačar bei der Vuelta nicht am Start sein wird, ist Vingegaard der klare Favorit auf den Gesamtsieg. Das Team unterstützt seinen Kapitän mit einer starken Mannschaft. Matteo Jorgenson könnte vermutlich selbst auf das Gesamtklassement fahren, wird aber in erster Linie für seinen Kapitän arbeiten. Auch Victor Campenaerts, der bei der Tour de France mit beeindruckenden Leistungen am Berg glänzte, wird Teil des Teams sein, sowie Sepp Kuss. Komplettiert wird die Mannschaft durch Axel Zingle, Wilco Keldermann, Ben Tulett und Dylan van Baarle.
Der 22-jährige Spanier Juan Ayuso vom UAE Team Emirates - XRG kommt mit gemischten Gefühlen zu seiner Heim-Rundfahrt. Bei seiner letzten Grand Tour, dem Giro d'Italia im Mai, musste er das Rennen vorzeitig aufgeben. Ayuso startete mit großen Ambitionen in den Giro, doch eine Serie von Unglücksfällen - darunter ein Bienenstich - zwang ihn zur Aufgabe. Nach einer längeren Rennpause kehrte er erst am 2. August bei der Clásica San Sebastián ins Renngeschehen zurück. Die große Frage bei Ayuso ist, ob er an seine Leistung von 2022 anknüpfen kann, als er bei seinem Vuelta-Debüt direkt auf dem Podium landete. Zudem könnte es innerhalb des UAE Team Emirates - XRG zu Spannungen bezüglich der Teamhierarchie kommen, da mit João Almeida ein weiterer starker Rundfahrer am Start sein wird. Allerdings bestehen nach Almeidas Rippenbruch bei der Tour de France Zweifel an dessen Form. Für Ayuso bietet die Vuelta die Chance auf einen Neuanfang nach zwei aufeinanderfolgenden Aufgaben bei Grand Tours. Wenn er seine Bestform erreicht, gehört er zweifellos zu den Anwärtern auf einen Podiumsplatz in Madrid.
Der Portugiese gewann in diesem Jahr bereits die Gesamtwertungen bei der Baskenland-Rundfahrt, der Tour de Suisse und der Tour de Romandie. Zudem sicherte er sich einen Etappensieg bei Paris-Nizza, wo er Jonas Vingegaard auf den letzten Metern noch abfangen konnte. Seine Tour de France endete jedoch vorzeitig: Nach einem schweren Sturz auf der siebten Etappe erlitt Almeida einen Rippenbruch. Trotz der Verletzung versuchte er, seinen Teamkollegen Tadej Pogačar im Kampf um das Gelbe Trikot zu unterstützen, musste aber auf der neunten Etappe aufgeben. Die große Unbekannte bei Almeida ist sein aktueller Formzustand nach der Verletzung. UAE Team Emirates - XRG zeigt sich optimistisch, doch es bleibt abzuwarten, ob er tatsächlich bei hundert Prozent ist. Eine weitere Frage betrifft die Teamhierarchie: Mit Juan Ayuso steht ein weiterer starker Rundfahrer im Aufgebot. Es bleibt offen, ob es zwischen den beiden zu einem internen Machtkampf kommen wird oder ob das Team eine klare Rollenverteilung vornimmt. Trotz dieser Fragezeichen gehört Almeida aufgrund seiner Fähigkeiten und seiner Erfolge in dieser Saison zu den Top-Favoriten für die Vuelta.
Felix Gall vom Team Decathlon AG2R La Mondiale kommt mit hervorragender Form zur Vuelta. Der 27-jährige Österreicher belegte bei der Tour de France den fünften Platz in der Gesamtwertung und zeigte besonders in der dritten Woche starke Leistungen. Bereits zu Beginn der Tour deutete Gall auf der Mûr-de-Bretagne an, dass er auch auf kurzen, steilen Anstiegen konkurrenzfähig ist – ein Profil, das bei der diesjährigen Vuelta mehrfach vorkommen wird. Seine wahre Stärke entfaltet Gall jedoch im Hochgebirge, wo sein charakteristischer, schwingender Fahrstil leicht zu erkennen ist. Das Team Decathlon AG2R La Mondiale hat in dieser Saison mehrfach bewiesen, dass es bereit ist, die Kontrolle in Rennen zu übernehmen. Angesichts des brutalen Streckenprofils der Vuelta 2025 dürfte Gall dem Rennen mit Vorfreude entgegenblicken. Eine vordere Platzierung in der Gesamtwertung würde seine starke Saison 2025 krönen und sowohl für ihn persönlich als auch für sein Team einen bedeutenden Erfolg darstellen. Mit seiner Kletterform gehört er definitiv zu den Fahrern, die man im Auge behalten sollte.
Der Lidl - Trek-Fahrer hat noch nie die Top Ten einer Grand Tour erreicht und hat bisher keine Vuelta a España beendet. Andererseits war der Fahrer aus den Abruzzen im vergangenen Monat in hervorragender Form und sicherte sich seinen ersten WorldTour-Klassiker sowie einen Etappensieg bei der Vuelta a Burgos. Als Reaktion auf seine jüngste Siegesserie in Spanien haben sich Ciccones Quoten bei den Buchmachern verringert und liegen nun bei etwa 16/1. Der 30-Jährige hat in diesem Jahr drei Siege eingefahren, darunter den prestigeträchtigen Sieg bei der Clásica San Sebastián. Beim Giro d'Italia musste er allerdings aufgeben, konnte aber bei Liège-Bastogne-Liège mit dem zweiten Platz glänzen. Insgesamt könnte der Italiener für eine gute Platzierung im Gesamtklassement sorgen.
Für Antonio Tiberi war es ein Jahr mit Höhen und Tiefen. Er startete stark mit einem Podiumsplatz bei Tirreno-Adriatico. Eine Reihe von Stürzen und Rückschlägen beeinträchtigte seine Giro-Vorbereitung. Dort schien er auf einem guten Weg zu sein, die Top Fünf zu erreichen, aber ein Sturz auf der 14. Etappe ließ ihn in der gebirgigen Schlussphase in der Gesamtwertung zurückfallen. Er scheint sich von diesem enttäuschenden Giro-Abschluss erholt zu haben. Ein kürzlich errungener zweiter Platz bei der Tour de Pologne zeigt eine gute Form, die durch eine hervorragende Zeitfahrleistung unterstrichen wurde.
Giulio Pellizzari übernahm die Kapitänsrolle, nachdem Primož Roglič den Giro im Mai aufgeben musste. Obwohl er Minuten zur Unterstützung des Slowenen verlor, fuhr der 21-jährige Italiener auf den sechsten Platz in der Gesamtwertung, was viele darüber nachdenken ließ, was möglich gewesen wäre, wenn er von Anfang an der Kapitän gewesen wäre. Nun ist es an der Zeit, dies herauszufinden. Ja, Jai Hindley ist auch bei der Vuelta, aber Pellizzaris Giro-Leistung muss dem Red Bull - BORA - hansgrohe-Team ein gewisses Vertrauen für dieses Rennen geben. Kürzlich übertraf er seinen australischen Teamkollegen bei der Vuelta a Burgos, was ein Vorzeichen für die Spanien-Rundfahrt sein könnte.
Der baskische Kultfahrer Mikel Landa (Soudal Quick-Step) war bei dreiwöchigen Rennen schon des Öfteren vorne mit dabei. Abgesehen von einigen Stürzen, einschließlich des diesjährigen beim Giro mit Wirbelbruch, ist der Soudal Quick-Step-Kapitän einer der konstantesten Fahrer. Es bleibt abzuwarten, auf welchem Niveau er nach seiner schweren Verletzung bei der Vuelta ist. Bei der Burgos-Rundfahrt reichte es kürzlich nur zu Rang 18 in der Gesamtwertung.
Ben O‘Connor (Team Jayco AlUla) hingegen belegte im letzten Jahr den zweiten Platz bei der Spanien-Rundfahrt. Nach der Fabelsaison 2024 fällt es O’Connor jedoch schwer seine Form aus dem letzten Jahr aufrechtzuerhalten. Aus den Top 10 bei der Tour de France 2025 rutschte der Australier kurz vor Ende der Rundfahrt heraus. Gänzlich abschreiben darf man O’Connor jedoch nicht, da er noch immer für eine Überraschung sorgen könnte.
Egan Bernal (INEOS Grenadiers) hat bereits den Giro und die Tour gewonnen. Die Vuelta a España ist die einzige Grand Tour, die in Bernals Sammlung fehlt. Es ist jedoch mittlerweile vier Jahre her, seit seinem letzten Grand-Tour-Sieg, und er musste eine schwere Verletzung überwinden, um wieder in Grand-Tour-Aufgebote aufgenommen zu werden. Beim Giro d'Italia in diesem Jahr gab es Anzeichen des alten Bernal, wobei der Kolumbianer in der ersten Hälfte des Rennens bei den Bergankünften sehr aggressiv auftrat. Insgesamt belegte er den siebten Platz und könnte bei der Spanien-Rundfahrt noch weiter nach vorne fahren.
Jai Hindley (Red Bull - BORA - hansgrohe) konnte mit dem Giro d’Italia 2022 ebenfalls schon eine dreiwöchige Rundfahrt gewinnen. Der Red Bull-Fahrer hatte in diesem Jahr jedoch gemischte Ergebnisse abgeliefert, mit mehreren Top-Ten-Platzierungen vor einem frühen Giro-Ausstieg nach schwerem Sturz. Hindley hat seitdem nur an der Burgos-Rundfahrt teilgenommen, das Ergebnis mit Rang 25 in der Endabrechnung mehr schlecht als recht. Mit Pellizzari steht zudem ein aktuell sehr formstarker Fahrer im Aufgebot des Teams.
Für Matteo Jorgenson (Team Visma | Lease a Bike) dürfte seine Rolle klar sein: Er ist Helfer von Jonas Vingegaard. Es ist jedoch auch erst zwei Jahre her, dass ein tapferer amerikanischer Helfer die Vuelta für Visma | Lease a Bike gewann. Idahos Matteo Jorgenson wird vom gleichen Szenario wie Sepp Kuss träumen, wenn er nächstes Wochenende seine erste Vuelta beginnt. Dass er in der Lage ist vorne mitzufahren, zeigte er in diesem Jahr erneut. Bei Paris-Nizza gewann Jorgenson vor dem diesjährigen Tour-Dritten Florian Lipowitz. Sollte Vingegaard schwächeln, wird der Amerikaner zur Stelle sein.