Auf der 11. Etappe der Spanien-Rundfahrt verteilte die Rennjury gleich sieben Gelbe Karten - an den zehn Renntagen zuvor wurden insgesamt nur zwei solcher Verwarnungen verteilt. Besonders hart traf es das Team Decathlon AG2R La Mondiale: Die Fahrer Victor Lafay, Bruno Armirail und Geoffrey Bouchard sowie der Sportliche Leiter Cyril Dessel wurden mit Gelben Karten bedacht. Offizielle Erklärung der Jury: “Behinderung durch einen Fahrer mit dem Ziel, das Fortkommen eines anderen Fahrers oder eines Fahrzeugs zu verhindern oder zu verzögern.”
Seit dem 1. August werden in einer Testphase, die bis Jahresende läuft, Gelbe Karten im Radsport bei Regelverstößen verteilt. Sanktionen zieht das noch nicht nach sich, ab dem kommenden Jahr sollen Personen bei zwei Gelben Karten im gleichen Rennen disqualifiziert und sieben Tage gesperrt werden. Bei sechs Gelben Karten in einem Jahr sind 30 Tage Zwangspause vorgesehen.
Zwar wird im Jury-Bulletin nicht explizit auf die Szene eingegangen, die zu den Verwarnungen führte, doch Ben O’Connor selbst ging auf die Gelben Karten im Nachgang der Etappe auf X (ehemals Twitter) nochmal ein, womit klar sein dürfte, weshalb die Verwarnungen ausgesprochen wurden.
Es geht um eine Szene, die sich rund 93 Kilometer vor dem Ziel ereignete. Richard Carapaz vom Team EF Education EasyPost setzte an, um sich aus dem Peloton in Richtung der sich gerade bildenden Spitzengruppe abzusetzen. Im gleichen Moment machte sich die Mannschaft Decathlon AG2R La Mondiale auf der Straße breit, um die Fahrbahn zu blockieren und weitere Attacken zu verhindern - sogenanntes “Road blocking”. Carapaz kam währenddessen zu Fall. Auf den TV-Bildern ist nicht zu erkennen, ob der Sturz des Olympiasiegers von 2021 durch einen Fahrer der Mannschaft von Ben O’Connor verursacht wurde. Jonathan Vaughters, Manager der Mannschaft EF Education EasyPost, hat eine klare Meinung dazu: “Unfälle passieren im Radsport. Das wissen wir alle. Es ist ein harter Sport. Aber das war kein Unfall”, schrieb Vaughters auf X.
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Der Konter von Ben O’Connor folgte wenig später. “Liebe UCI, was für ein gefährliches Manöver denken Sie haben meine Teamkollegen Bouchard, Lafay und Armirail begangen, das eine Gelbe Karte verdient? Die Straße wurde von uns blockiert, wie in jedem Rennen, nachdem sich die Ausreißergruppe abgesetzt hat. Wir haben nie versucht, einen Sturz zu verursachen, und wir haben nie jemanden von der Straße gedrängt.”
Mittlerweile hat O’Connor seinen Account bei X gelöscht. Zu seiner Verteidigung lassen sich nicht viele Argumente finden. Denn schließlich gibt das UCI-Reglement auch Strafen für diese Aktion her - zu finden im UCI-Reglement für Straßenrennen; Kapitel XII; 2.12.007; 6.1 (https://assets.ctfassets.net/761l7gh5x5an/6FEzFHeA2oKMBGb5sdIvQ7/a37cf38499722031e5d4921718e45179/2-ROA-20240801-E.pdf). Geahndet wird das Versperren der Straße allerdings in den seltensten Fällen, hier schon.
Zwei weitere Gelben Karten gingen auf der 11. Etappe an Victor Campenaerts (Lotto-Dstny) und Txomin Juaristi (Euskaltel-Euskadi). Begründung der Jury: “Verwendung einer nicht konformen Position oder eines Stützpunktes auf dem Rad, der eine Gefahr für den Fahrer oder die Teilnehmer darstellt”. Nummer sieben erhielt Alexandr Shefer (Sportlicher Leiter bei Astana Qazaqstan Team), weil er einem Fahrer aus seinem Team auf unerlaubte Weise geholfen hatte.
Ein weiterer Zwischenfall vom Mittwoch, der für Diskussionsstoff sorgte, war der Sturz im Zielsprint der Renewi Tour, bei dem Dylan Groenewegen (Team Jayco-AlUla) und Tim Merlier (Soudal - Quick Step) zu Fall kamen. Merlier steuerte sein Rad beim Tigersprung in die Fahrlinie von Groenewegen, dann stürzten beide. Merlier warf seinem Konkurrenten böse Blicke zu und wurde im Nachgang von der Jury auf den letzten Platz der ersten Gruppe zurückgesetzt.
Während der Soudal-Profi Merlier beim Sturz mit Abschürfungen davonkam, erlitt Groenewegen einen Schlüsselbeinbruch und musste die Renewi Tour 2024 vorzeitig beenden.