Den größten Lichtblick schaffte wieder der Jüngste. Wie schon beim Giro d’Italia, als er nach dem Ausfall von Primož Roglič nur knapp an einem Etappensieg für das Team Red Bull - BORA - hansgrohe vorbeischrammte, setzte sich Giulio Pellizzari auch bei der Vuelta a España 2025 gut in Szene. Auf der 17. Etappe brachte ihm ein entschlossener Angriff aus der Favoritengruppe den Tagessieg. “Das ist der beste Moment meiner noch kurzen Karriere. Ich spürte auch, dass heute mein Tag sein könnte”, sprudelte es aus ihm heraus.
Der 21-Jährige krönte mit seinem Antritt eine perfekte Teamleistung. Abwechselnd hatten er und Jai Hindley attackiert. Ihnen kam freilich zugute, dass Joans Vingegaard an diesem Tag gar nicht auf der Höhe war. Nicht zu knacken war für das Red Bull-Duo aber Tom Pidcock. Der Brite verteidigte den dritten Gesamtrang bis nach Madrid. Damit war das wichtigste Ziel des Rennstalls verpasst, der sich auch in der eigenen Wahrnehmung mindestens als dritte Kraft in der WorldTour hinter Visma | Lease a Bike und UAE Team Emirates sieht. Pellizzari musste auf der Bola del Mundo zudem das Weiße Trikot des besten Jungprofis abgeben. Er darf sich aber damit trösten, in diesem Jahr gleich zwei Top Ten-Resultate bei Grand Tours geholt zu haben. Damit ist er der jüngste Fahrer überhaupt, dem dies glückte.
Der Raublinger Rennstall hat mit ihm ein Juwel in der Kollektion, das bestens den zugekauften Top-Star Remco Evenepoel und Deutschlands Großtalent Florian Lipowitz ergänzen kann. Für Pellizzari spricht auch, dass er sich bislang gut einordnen konnte und in Italien wie in Spanien gerne Helferdienste übernahm. “Wir sind hier, um Jai aufs Podium zu bringen. Ich kann warten, meine Zeit kommt noch”, betonte er. Er weiß aber auch, sich selbst Gehör zu verschaffen. “Nach dem Giro wurde die Spanien-Rundfahrt aus meinem Programm gestrichen. Dann haben wir aber insistiert, dass ich doch die Vuelta fahre. Für einen Fahrer wie mich sind die dreiwöchigen Rundfahrten wichtig, um zu wachsen”, erzählte er. Gewachsen ist er ganz sicher. Ihn in der nächsten Saison bei der Vergabe der Kapitänsrollen für Grand Tours zu übergehen, wäre nach den Leistungen dieser Saison schwer vermittelbar.
Jai Hindley indes vergab die Chance, sich für die kommenden Verteilungskämpfe um Führungsrollen in Position zu bringen. Ja, er war die beste Ausgabe seiner selbst seit seinem Giro-Sieg vor drei Jahren, wie er selbst es einschätzte. Aber das reichte nicht, um João Almeida zu gefährden oder Pidcock vom Podium zu verdrängen. Nicht einfach wird, den richtigen Platz im Team für Alt-Star Primož Roglič zu finden. Dessen Erfahrung ist sicher Gold wert. Bei der Tour de France zeigte er aber, dass er Eigeninteressen sogar dann über Teaminteressen stellt, wenn er nicht mehr der stärkste Mann im Aufgebot ist. Das birgt Sprengstoff. Vielleicht kann aber auch hier Pellizzari aushelfen. Er ist der Gute-Laune-Verbreiter im Team. “Ich liebe es einfach, meine Späße zu machen, im Bus, aber auch während des Rennens”, gestand er TOUR.