Die siebte Etappe beginnt flach, bäumt sich zum Ende auf und stürzt schließlich talwärts. Das Finale ist ein 17 Kilometer langer Downhill ins Herz von Chambéry. Das Setting ist ähnlich wie auf der fünften Etappe, nur ist der Berg höher und die Abfahrt länger.
Der Anstieg zum Col du Granier (8,9 km, 5,4 %) ist nicht besonders steil, sodass die Favoritinnen fürs Klassement sich im Auge behalten werden. Für die Attacke am Berg bietet sich der letzte Abschnitt an, weil dieser etwas steiler ist. Das erwartbare Szenario ist ein Ausscheidungsfahren mit einer Beschleunigung zum Ende der Steigung.
Entschieden wird die Etappe dann mutmaßlich im Downhill. Die Organisatoren schreckten bei der Tour der Männer vor einem solchen Finale zurück. In der Tour Femmes enden gleich drei von neun Etappen mit einem Bergab-Stück. Offenbar ist das Vertrauen in die Fahrkünste der Frauen größer.
Der zentrale Anstieg wird zum Ende hin steiler, hier ist mit der Attacke zu rechnen, die dann im Downhill verlängert werden muss. Die Anfahrt aufs Ziel ist kurvenreich. Flach wird es erst 2000 Meter vor dem Ziel.
Die finale Entscheidung fällt voraussichtlich bergab. Wie dort gekämpft wird, konnten wir auf der fünften Etappe sehen. In der Gruppe der Favoritinnen fuhr Kasia Niewiadoma besonders aggressiv. Mehrfach schien ihr Rad an der Haftgrenze, das Vorderrad sprang, als wäre der Luftdruck zu hoch eingestellt gewesen.
Für eine optimale Downhillperformance sind Reifen und Luftdruck die wichtigsten Parameter. Etwas breitere Reifen mit angepasst niedrigem Druck, verbessern die Straßenlage dramatisch. Gepaart mit überlegenem Fahrkönnen und Mut lassen sich damit Unterschiede herausfahren. Streckenkenntnis hilft auch. Wir können annehmen, dass sich die Top-Teams die Strecke im Training genau angeschaut haben.
Wie schon gestern berichtet, sind Regenreifen eine Rückversicherung, sollte die Straße nass sein. Der etwas höhere Rollwiderstand kann GC-Fahrerinnen auf einer Etappe wie heute egal sein. Bergauf ist der Rollwiderstand nicht so bedeutsam, weil das Tempo nicht sehr hoch ist, bergab sind die Hafteigenschaften wichtiger als ultimativer Leichtlauf. Wer mehr Tempo durch eine Kurve trägt, ist einfach schneller.
Tricky ist heute auch die Anfahrt ins Herzen der Stadt. Einige Haarnadelkurven im Stadtbereich sowie zahlreiche Hindernisse zur Verkehrsberuhigung sind idealer Stoff für die Fahrtechnikerinnen im Feld, um auf den letzten 4000 Metern einen Unterschied zu machen. Die 290 Meter lange Zielgerade ist flach. Wir simulieren erneut die Abfahrt, um zu klären, welches Rad hier potenziell Vorteile bietet.
Auf der Downhillstrecke lässt sich mit dem schnellsten Rad ein Vorsprung von 35 Sekunden auf das langsamste herausfahren.
Die Tabelle zeigt die Fahrzeiten für den Downhillabschnitt bis ins Ziel. Am Ranking ist ablesbar, dass aus technischer Sicht vor allem die Aerodynamik zählt.
*) Die Berechnungen beruhen auf den von TOUR in Labor und Windkanal getesteten Rädern. Die Maschinen bei der Tour de France können in Details davon abweichen. Auch Last-Minute-Prototypen konnten wir natürlich noch nicht untersuchen. Hintergründe zur Simulation.
Robert Kühnen ist studierter Maschinenbauer, schreibt für TOUR über Technik- und Trainingsthemen und entwickelt Prüfmethoden. Die Simulationsrechnungen verfeinert Robert seit Jahren, sie werden auch von Profi-Teams genutzt.