Die Fahrt durchs Zentralmassiv beginnt flach, steigert sich aber stetig zum Finale, in dem drei kleine Berge im Weg stehen, der letzte davon eine Bergwertung der dritten Kategorie (2,8 km mit 5,4 %). Die Etappe ist zudem die längste der Tour.
Mit Sicherheit werden wir Ausreißerinnen sehen. Ob diese durchkommen, hängt wie immer davon ab, was das Feld macht. Die Favoritinnen für die Gesamtwertung werden versuchen vorne zu fahren, sie kommen auch für den Etappensieg infrage.
Entscheidend dürfte die letzte Steigung werden. Diese ist zwar nicht besonders steil, aber eine herzhafte Attacke wird reine Sprinterinnen in Bedrängnis bringen. Klassikerjägerinnen werden im Vorteil sein – sei es aus dem ausgedünnten Feld heraus oder aus einer Ausreißergruppe.
Von der letzten Bergkuppe fällt die Strecke die verbleibenden 7,1 Kilometer Richtung Ziel. Hier lässt sich ein Vorsprung verteidigen, wie Wout van Aert bei der Schlussetappe der Männer in Paris zeigte.
Die Schlüsselsteigung des Rennens ist nicht sehr steil, aber ausreichend, um eine Attacke zu setzen.
In unserer Simulation des Tages lassen wir eine Fahrerin zu Beginn der Schlusssteigung attackieren und simulieren die Fahrzeit bis ins Ziel in Guéret.
Das Cervélo S5 glänzt auch auf diesem Terrain. Mit einem Gewicht dicht am UCI-Limit und bester Aerodynamik fährt das Bike vom Team Visma in unserer Simulation vorneweg. Marianne Vos und Pauline Ferrand-Prévot haben daher beste Karte. Vos dürfte mit der Länge der Steigung noch zurechtkommen. Die leichtere Ferrand-Prévot ist solche Belastungszeiten vom Mountainbiken gewöhnt, bergauf sehr schnell und zudem eine sehr gute Technikerin auf dem Rad, was in der Abfahrt Richtung Ziel helfen könnte. Visma | Lease a Bike ist damit technisch und taktisch in einer guten Ausgangslage.
Gänzlich unaerodynamische Bikes kassieren 17 Sekunden Rückstand bis zur Ziellinie. Sie werden zukünftig wohl keine Rolle mehr spielen, da es für sie kaum Einsatzszenarios gibt, in denen sie einen Vorteil bringen.
Die Tabelle zeigt die Fahrzeiten für die Attacke am Schlussanstieg und deren Verlängerung bis ins Ziel. Aero-Bikes fahren vorneweg. Bei der Attacke bringt der kleine Gewichtsvorteil des Cervélo aber zwei Extra-Sekunden Vorsprung.
*) Die Berechnungen beruhen auf den von TOUR in Labor und Windkanal getesteten Rädern. Die Maschinen bei der Tour de France können in Details davon abweichen. Auch Last-Minute-Prototypen konnten wir natürlich noch nicht untersuchen. Hintergründe zur Simulation.
Robert Kühnen ist studierter Maschinenbauer, schreibt für TOUR über Technik- und Trainingsthemen und entwickelt Prüfmethoden. Die Simulationsrechnungen verfeinert Robert seit Jahren, sie werden auch von Profi-Teams genutzt.