Das TOUR Tech-Briefing zur 17. Etappe der Tour de France 2025

Robert Kühnen

 · 22.07.2025

Das TOUR Tech-Briefing zur 17. Etappe der Tour de France 2025Foto: picture alliance / Roth / CV-SG
Vom 5. Juli bis zum 27. Juli messen sich die besten Radsportler der Welt bei der Tour de France. Über Sieg und Niederlage auf den Straßen Frankreichs entscheiden dabei nicht nur die Beine, sondern auch das Material. Das TOUR Tech-Briefing zur 17. Etappe.

Tour de France 2025 - 17. Etappe: Bollène - Valence | 160,4 Kilometer | 1650 Höhenmeter

Das Höhenprofil der 17. EtappeFoto: A.S.O.Das Höhenprofil der 17. Etappe

Die 17. Etappe birgt wohl die letzte Chance auf einen Massensprint, da das Finale in Paris durch die Montmartre-Schleife sehr erschwert worden ist. Entsprechend werden sich die Sprinter-Teams reinhängen, um die Ausreißer zu kontrollieren, die sicher auch ihr Glück versuchen werden.

Die Anfahrt auf Valence ist flach. Es geht die letzten fünf Kilometer geradeaus auf der D86, vier Kreisverkehre sind zu passieren. 600 Meter vor dem Ziel schwenkt die Straße nach links, die Zielanfahrt auf dem Boulevard Franklin Roosevelt ist gerade und 6,5 Meter breit. Platz und Sicht werden nicht das Problem sein, die Sprintzüge können ihre Kapitäne in Position fahren. Natürlich werden alle versuchen, sich auf der linke Straßenseite zu behaupten, weil dies der kürzeste Weg zum Ziel ist.

Im Spurt sind Explosivität, Durchhaltevermögen und Endgeschwindigkeit die entscheidenden Faktoren. In einem kurzen Sprint zählt vor allem Explosivität. Wird der Sprint spät eröffnet, gewinnt derjenige, der am explosivsten beschleunigen kann. Es bleibt dann keine Zeit, um aus dem Windschatten heraus vorbeizuziehen. Bei einem längeren Sprint ist das Durchhaltevermögen entscheidend, aber auch die erreichbare Endgeschwindigkeit, die wiederum sehr von der Aerodynamik abhängt. Für Sprinter besteht die Kunst darin, tief übers Rad geduckt die maximale Leistung zu entfalten. Tim Merlier (Soudal Quick-Step), Sieger auf der neunten Etappe, sah in dieser Hinsicht besser aus als Jonathan Milan (Lidl - Trek), der aber auch größer (1,93 m) und schwerer ist (86 kg) und mit Sicherheit mehr Power generiert. Milan wurde schon mit 1940 Watt Spitzenleistung im Sprint gemessen – eine gewaltige Leistung. Milan kann darüber hinaus auch einen sehr langen Sprint fahren, bei der vierten Etappe des Giro d’Italia 2024 erzielte Milan einen Schnitt von 1640 W über 20 Sekunden.

Wer fährt das schnellere Rad, Milan oder Merlier, wenn der Sprint aus vollem Tempo über 250 Meter geht? Wir verpassen unserem Sprint-Avatar ein Gewicht von 85 Kilogramm und die Herkuleskraft von Jonathan Milan.

Die Zahl des Tages: Vier Hundertstelsekunden

Mit dem Powerprofil von Milan erreicht unser Avatar um die 74 km/h. Das Trek Madone von Milan und Merliers Tarmac SL8 fahren in unserer Simulation exakt zeitgleich über den Zielstrich. Am Rad wird es also nicht liegen, wenn die beiden sich wieder duellieren. Noch schneller wäre das Van Rysel RCR-F Pro, das rechnerisch vier Hundertstel sparen würde.

Das (fast) vollständige Feld im Überblick*

tour/stage-17-25_b35c4324933b32ea95d9d33e173a8591Foto: Robert Kühnen

Die Tabelle zeigt die Fahrzeiten für einen 250 Meter-Sprint mit dem Powerprofil von Jonathan Milan. An der Spitze liegen die Räder mit der besten Aerodynamik.

*) Die Berechnungen beruhen auf den von TOUR in Labor und Windkanal getesteten Rädern. Die Maschinen bei der Tour de France können in Details davon abweichen. Auch Last-Minute-Prototypen konnten wir natürlich noch nicht untersuchen. Hintergründe zur Simulation.

Unser Experte

                               Foto: Robert Kühnen

Robert Kühnen ist studierter Maschinenbauer, schreibt für TOUR über Technik- und Trainingsthemen und entwickelt Prüfmethoden. Die Simulationsrechnungen verfeinert Robert seit Jahren, sie werden auch von Profi-Teams genutzt.



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