Remco Evenepoel (Soudal - Quick Step) feiert seinen ersten Etappensieg bei der Tour de France und macht damit seine Sammlung aus Siegen beim Giro d’Italia, Vuelta a Espana und der Frankreich-Rundfahrt voll. Der Zeitfahr-Weltmeister setzte sich trotz eines Schreckmoments kurz vor dem Ziel mit zwölf Sekunden Vorsprung vor Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) und 34 Sekunden vor Primoz Roglic (Red Bull-Bora-Hansgrohe) durch. Rang vier ging an Jonas Vingegaard (Visma | Lease a Bike). Der Titelverteidiger büßte 25 Sekunden auf seinen großen Rivalen Pogacar ein, dessen Vorsprung in der Gesamtwertung auf Evenepoel wiederum nun auf 33 Sekunden zusammengeschmolzen ist. Auf Vingegaard hat Pogacar nun ein Polster von 1:15 Minuten.
Dabei sah es kurz vor dem Ziel so aus, als könnte Pogacar das Zeitfahren doch noch gewinnen, weil Remco Evenepoel einen Defekt an seiner Zeitfahrmaschine vermutete. Der Belgier gestikulierte wild, konnte aber doch ohne Radwechsel ins Ziel fahren. Er selbst dachte, er hätte eine Panne, wie er im Siegerinterview erklärte.
“Ich war mir sicher, dass ich eine Panne hatte. Vielleicht hat jemand an der Strecke seine Brille fallen gelassen oder gegen den Zaun geschlagen, ich weiß es nicht. Es war genau das gleiche Geräusche wie bei einem Defekt. Also war ich etwas besorgt. Aber nach ein paar hundert Metern wusste ich, dass alles in Ordnung ist. Dann bin ich mit ein bisschen Angst in meinem Kopf weitergefahren, denn ich dachte es wäre vielleicht ein schleichender Defekt. Somit war ich in den letzten Kurven nicht mehr so sicher. Ich musste aber Risiko nehmen, denn ich wusste, dass Tadej (Pogacar) nicht viel Rückstand hatte, aber am Ende zu gewinnen, ist fantastisch”, sagte Evenepoel.
Um 13:05 Uhr ging mit Mark Cavendish (Astana Qazaqstan Team) der erste Fahrer auf die Strecke. Mit dem Ausgang des Rennens hatte der Brite, der am Mittwoch mit seinem 35. Tagessieg einen neuen Rekord für die meisten Etappensiege bei der Tour de France aufgestellt hatte, aber nichts zu tun. Die erste Richtzeit setzte mit 31:40 Minuten Lenny Martinez (Groupama-FDJ). Der 20-Jährige wurde schon bald von Luke Durbridge (Team Jayco-AlUla) verdrängt, ehe Nils Politt (UAE Team Emirates) 25 Sekunden schneller war als der Australier. Die Zeit des Deutschen Zeitfahrmeisters hatte nur kurz Bestand. Stefan Bissegger (EF Education EasyPost) fuhr nochmals 43 Sekunden schneller.
Kevin Vauquelin (Arkea-B&B Hotels), Sieger der 2. Etappe in Bologna, sorgte dafür, dass Bissegger, den heißen Stuhl wieder verlassen musste. Um 22 Sekunden unterbot der Franzose die Zeit des Schweizers. Mit Stefan Küng (Groupama-FDJ) ging wenig später der nächste Favorit auf den Tagessieg auf die Strecke. Mit seiner neuen Wilier-Zeitfahrmaschine lag der Schweizer zunächst auf Kurs, doch dann fiel ihm die Kette runter. Küng konnte das Problem zwar zügig selbst beheben, es kostete aber wichtige Zeit, sodass er keine Rolle im Kampf um den Tagessieg spielte. Am Ende reichte es zu Platz zehn.
Um den Sieg kämpften zunächst Vauquelin und Victor Campenaerts (Lotto-Dstny). Der ehemalige Stundenweltrekordler war um die Winzigkeit von 0,76 Sekunden schneller als Vauquelin. Bis zum Start der Top-Favoriten auf den Tour-Sieg tat sich an der Spitze nicht mehr viel.
Zunächst unterbot dann Primoz Roglic (Red Bull-Bora-Hansgrohe) die Zeit von Campenaerts. Jonas Vingegaard (Visma | Lease a Bike) war drei Sekunden langsamer als Roglic und verlor am Ende 25 Sekunden auf seinen großen Konkurrenten Tadej Pogacar (UAE Team Emirates). Dann kam Remco Evenepoel (Soudal – Quick Step) ins Ziel, der kurz vor dem Ziel noch einen Schreckmoment erlebte, als er einen Defekt an seiner Zeitfahrmaschine vermutete, was aber nicht der Fall. Mit 28:52 und einem Stundenmittel von 52,587 setzte der Zeitfahr-Weltmeister die finale Bestmarke, an die auch Pogacar nicht herankam.