Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) steht mit seinem fünften Etappensieg bei der Tour de France 2024 vor dem Gesamtsieg der Frankreich-Rundfahrt. Nach seinem beeindruckenden Sieg am Vortag an der Bergankunft an der Isola 2000 gewann er auch das Finish am Col de Cuillole. Dabei kam er gemeinsam mit Jonas Vingegaard (Visma | Lease a Bike) auf die finalen Meter, trat anschließend aus dem Windschatten des Dänen und setzte seine Attacke. Weil Vingegaard zuvor im Wind gearbeitet hatte, konnte er Pogacars Angriff nicht parieren und musste dem überragenden Fahrer der Tour de France 2024 einmal mehr den Tagessieg überlassen. Platz drei ging an Richard Carapaz (EF Education EasyPost), der sich auf der 20. Etappe den Gewinn der Bergwertung sicherte.
Am finalen Anstieg fuhr Soudal - Quick Step von vorne im Peloton Tempo, um mit Remco Evenepoel zu attackieren. Ziel war es, Jonas Vingegaard in Schwierigkeiten zu bringen und den zweiten Platz im Gesamtklassement zu attackieren. Zweimal trat Evenepoel am Schlussanstieg an, doch Vingegaard parierte zweimal problemlos. Dann war es fünf Kilometer vor dem Ziel Vingegaard selbst, der Angriff und eine Lücke zum Belgier reißen konnte.
In Folge war Vingegaard auf und davon und stürmte mit Tadej Pogacar am Hinterrad in Richtung Ziel. 2,6 Kilometer vor dem Ziel holten die beiden Fahrer das Spitzenduo um Richard Carapaz und Enric Mas (Movistar) ein. Zwar konnte Carapaz noch bis zum finalen Kilometer am Hinterrad der beiden Klassement-Topfahrer bleiben, dann riss aber eine Lücke. Pogacar fuhr die ganze Zeit in Vingegaards Windschatten, bis er kurz vor dem Ziel seine Attacke zum Tagessieg setzte. Er war am Ende der lachende Sieger aus dem Wettstreit zwischen Vingegaard und Evenepoel. Zudem festigte Vingegaard seinen zweiten Platz im Gesamtklassement gegenüber Evenepoel, den er auch nach dem anstehenden finalen Zeitfahren auf der 21. Etappe behalten dürfte.
“Wenn man mir vor der Tour de France gesagt hätte, dass ich fünf Etappen gewinne, hätte ich es nicht geglaubt. Es ist nicht von dieser Welt. Trotzdem war es nicht so leicht, Jonas Vingegaard heute zu knacken. Er hat ein starkes Rennen gemacht.” - Tadej Pogacar im Siegerinterview
Die vorletzte Etappe der Tour de France 2024 startete furios: Zahlreiche Fahrer starteten unmittelbar nach Rennbeginn Attacken, um in die Spitzengruppe des Tages zu gelangen. Immer wieder konnten sich Fahrer um Sören Waerenskjold (Uno-X Mobility) oder Neilson Powless (EF Education EasyPost) absetzen. Mannschaften, die nicht in den Fluchtgruppen vertreten waren, stopften die Löcher, sodass die Geschwindigkeiten für alle Fahrer häufig angezogen wurden. Die Sprinter Jasper Philipsen (Alpecin-Deceuninck) und Biniam Girmay (Intermarche-Wanty) verabschiedeten sich deshalb früh aus dem Hauptfeld und fielen zurück.
Am ersten Anstieg attackierten aus dem Peloton heraus Klassementfahrer um Giulio Ciccone (Lidl-Trek), Santiago Buitrago (Bahrain-Victorious) oder Adam Yates (UAE Team Emirates), um im Klassement noch einmal die Chance zu ergreifen, um nach vorne zu rücken. Das UAE Team Emirates war aber hellwach und fuhr die entstandenen Lücken zu.
Kurz vor der ersten Bergwertung des Tages schafften es dann drei Fahrer, sich vom verbliebenen Rest des Pelotons abzusetzen: Enric Mas (Movistar), Bruno Armirail (Decathlon AG2R La Mondiale) und Wilco Kelderman (Visma | Lease a Bike) fanden sich vorne zusammen, Ersterer schnappte sich dabei die erste Bergwertung des Tages. Hinter dem Führungstrio bildeten sich zwei Verfolgerquintetts: Im ersten waren unter anderem Richard Carapaz (EF Education EasyPost) und Romain Bardet (Team dsm-firmenich PostNL), in der zweiten Tobias Johannessen (Uno-X Mobility) und Jasper Stuyven (Lidl-Trek).
Kurz vor der Bergwertung am Col de Turini fuhren zahlreiche Fahrer der Verfolgergruppen nach vorne auf: Die Spitze des Feldes bestand nun aus zehn Mann: Neben Mas, Armirail und Kelderman befanden sich Marc Soler (UAE Team Emirates), Jasper Stuyven, Jan Tratnik (Visma | Lease a Bike), Kevin Geniets (Groupama-FDJ), Richard Carapaz, Romain Bardet und Tobias Johannessen vorne. Der Führende in der Bergwertung Richard Carapaz gewann am Col de Turini die vollen 10 Bergpunkte.
Im Peloton war nicht nur das UAE Team Emirates für die Nachführarbeit zuständig, auch Soudal – Quick Step hielt das Hauptfeld für eine potenzielle Attacke von Remco Evenepoel auf Zug. Maximal ließ das Peloton der Spitze fünf Minuten an Luft, sodass es im Bereich des Möglichen war, dass die Klassementfahrer im Kampf um den Tagessieg eingreifen konnten.
Am Col de Colmiane blieb die Rennsituation stabil. Zwar griffen in der Spitzengruppe Fahrer um Marc Soler an, die zehnköpfige Spitzengruppe blieb aber beisammen. Erneut schnappte sich Richard Carapaz die Bergwertung, der damit dem Sieg in der Sonderwertung sicher hat. Uneinholbar steht er vor Tadej Pogacar an der Spitze der Wertung. Derweil betrug der Vorsprung der Ausreißer an der Spitze des Anstiegs 37 Kilometer vor dem Ziel circa drei Minuten vor dem Peloton.
Nach der anschließenden Abfahrt ging es in den Anstieg zum Col de la Couillole hinein. Dort war Marc Soler der erste Fahrer der Probleme in der Spitzengruppe bekam und zurückfiel. Wenig später mussten auch Kevin Geniets, Bruno Armirail und Jan Tratnik abreißen lassen. Damit waren von nun an sechs Fahrer an der Spitze, während im Peloton weiter Soudal – Quick Step weiter Druck machte.
11 Kilometer vor dem Ziel griff dann Enric Mas an. Sofort war Richard Carapaz am Hinterrad des Spaniers, alle anderen Fahrer mussten eine Lücke klaffen lassen. Derweil betrug der Vorsprung zur Gruppe des Gelben Trikots 2:15 Minuten. Dort waren zu diesem Zeitpunkt nur noch sechs Fahrer vertreten: Neben Vingegaard, Pogacar und Evenepoel hatte jeder der Top-Fahrer noch einen Helfer. Sieben Kilometer gab es dort die erste Attacke von Evenepoel, kurz später folgte ein zweiter Antritt des Belgiers. Beide Versuche konnten von Vingegaard und Pogacar pariert werden. Anschließend ging Vingegaard in die Offensive und distanzierte mit Pogacar am Hinterrad Evenepoel.
Das Duo Vingegaard-Pogacar war in Folge nicht mehr aufzuhalten: 2,6 Kilometer vor dem Ziel schloss es zu Mas und Carapaz auf. Erst schüttelte es Mas, einen Kilometer vor dem Ziel auch Carapaz ab. Den Schlusssprint entschied der frischere Tadej Pogacar für sich und gewann die 20. Etappe der Tour de France 2024.