Kaum waren wir in den Alpen, schon verlassen wir sie wieder. Der heutige Startort Saint-Jean-de-Maurienne gehört fest zum Tour-Inventar, während der Zielort Saint-Vulbas erstmals im Programm steht. Inmitten einer flachen landwirtschaftlichen Region, die direkt an die Rhone grenzt, hat das Dörfchen gerade mal so viele Einwohner wie der hier verortete Kernreaktor Mitarbeiter – etwas mehr als 1000. Reaktionsschnelligkeit würde ich heute erst auf den letzten Kilometern für besonders wichtig erachten, denn die Etappe lässt wenig Spielraum für Überraschungen. Zwar bietet sie mit zwei Anstiegen der vierten Kategorie für die Selbstpräsentation von Ausreißern eine nette Gelegenheit, aber ernsthafte Chancen rechne ich keiner Fluchtgruppe zu. Dafür sind die beiden Anstiege der vierten Kategorie zu einfach, vor allem liegt die Cote de Lhuis 30 Kilometer vor dem Zielstrich.
Alle, die ernsthafte Kandidaten für einen Etappensieg mittransportieren, werden hier gemeinsam das Feld kontrollieren und einen Sprint vorbereiten. Auch wenn wir noch früh in der Rundfahrt sind, kommt dieser Etappe im Kampf ums Grüne Trikot gleich eine wichtige Rolle zu. Es gibt nicht viele Gelegenheiten für Sprinter, und eine früh erreichte Dominanz in diesem Wettbewerb setzt die Konkurrenten zusätzlich unter Druck. Wer früh vieles richtig macht, muss das Trikot vielleicht nur noch durchbringen.
Als Rennfahrer mit großer Übersicht war Rolf Aldag für erfolgreiche Tour-Mannschaften eine Bank und unterstützte Bjarne Riis und Jan Ullrich bei ihren Siegen in Frankreich. Als Sportmanager und Sportlicher Leiter gehört der Westfale ebenfalls zu den angesehensten Vertretern der Branche. Auch 2024 plant er beim neu benannten Team Red Bull-Bora-Hansgrohe wieder die Mission Tour de France. Vorher hat sich Aldag wie in den vergangenen Jahren erneut exklusiv für die Leser von TOUR mit der diesjährigen Rundfahrt beschäftigt.
Der 55-Jährige hat sich die Dramaturgie der Streckenplaner angesehen und ist in die Details gegangen, um den möglichen Verlauf der einzelnen Etappen einzuschätzen. Bei dieser Arbeit reflektiert er, welche Konstellationen im Rennen wahrscheinlich sind und welche Fahrer sich auf welchen Etappen besondere Hoffnungen - oder Sorgen - machen dürften. Auch seine Sicht auf Neuerungen und Tendenzen im Geschäft lässt er einfließen. Zusätzlich gibt Aldag eine kompakte Übersicht, für welche Wertung die jeweilige Etappe welche Relevanz haben wird. Dabei vergibt er jeweils null bis drei Trikots pro Wertung: für die Gesamtwertung (Gelbes Trikot), die Punktewertung der Sprintbesten (Grünes Trikot) und die Bergwertung der Tour (Gepunktetes Trikot). So bietet Rolf Aldags Prognose jeden Tag einen Mehrwert.
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