Heute sollte man die Wettervorhersage und die Landkarte gut studieren. Was einerseits klar wie eine Sprinteretappe aussieht, könnte sich durch die Windsituation in einen stressigen Kampf zwischen zerfallenden Gruppen entwickeln und einen reduzierten Sprint hervorbringen. Auf dem Weg nach Süden geht es durch offene Ebenen. Zweimal dreht die Strecke nach Osten ab, danach wieder südwärts. Ein solches Szenario nutzen Teams wie 2013 Saxo-Tinkoff und die Omega-PharmaQuickstep-Mannschaft, bei der ich damals arbeitete. Auf der 13. Etappe herrschte vom Start weg ein harter Schlagabtausch, unser Team und auch die Mannschaft von Alberto Contador versuchten, die Konkurrenz unter Stress zu setzen.
Das gelang perfekt. 30 Kilometer vor dem Ziel provozierten die harten Fahrer einen Riss in der Spitzengruppe und bereiteten so den Tagessieg des Top-Sprinters Mark Cavendish vor. Besonders bitter war diese vermeintlich harmlose Etappe damals für Alejandro Valverde, der beinahe zehn Minuten im Gesamtklassement einbüßte. Heute haben wir ziemlich genau das gleiche Finale wie damals, man kann also gewarnt sein. Sollte die Thermik allerdings keine Seitenwinde auf die Straßen schicken, sehe ich diese Etappe als klassische Sprinterprüfung. Es gibt auf diesem Weg keine andere aufschlussreiche Option, um einen Vorsprung rauszufahren und zu halten, wenn die großen Jungs hinten nachführen.
Als Rennfahrer mit großer Übersicht war Rolf Aldag für erfolgreiche Tour-Mannschaften eine Bank und unterstützte Bjarne Riis und Jan Ullrich bei ihren Siegen in Frankreich. Als Sportmanager und Sportlicher Leiter gehört der Westfale ebenfalls zu den angesehensten Vertretern der Branche. Auch 2024 plant er beim neu benannten Team Red Bull-Bora-Hansgrohe wieder die Mission Tour de France. Vorher hat sich Aldag wie in den vergangenen Jahren erneut exklusiv für die Leser von TOUR mit der diesjährigen Rundfahrt beschäftigt.
Der 55-Jährige hat sich die Dramaturgie der Streckenplaner angesehen und ist in die Details gegangen, um den möglichen Verlauf der einzelnen Etappen einzuschätzen. Bei dieser Arbeit reflektiert er, welche Konstellationen im Rennen wahrscheinlich sind und welche Fahrer sich auf welchen Etappen besondere Hoffnungen - oder Sorgen - machen dürften. Auch seine Sicht auf Neuerungen und Tendenzen im Geschäft lässt er einfließen. Zusätzlich gibt Aldag eine kompakte Übersicht, für welche Wertung die jeweilige Etappe welche Relevanz haben wird. Dabei vergibt er jeweils null bis drei Trikots pro Wertung: für die Gesamtwertung (Gelbes Trikot), die Punktewertung der Sprintbesten (Grünes Trikot) und die Bergwertung der Tour (Gepunktetes Trikot). So bietet Rolf Aldags Prognose jeden Tag einen Mehrwert.
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