Thomas Goldmann
· 21.07.2023
Matej Mohoric (Bahrain-Victorious), im offiziellen Interview:
“Dieser Sieg bedeutet mir sehr viel. Denn es ist sehr hart, Profi-Radsportler zu sein. Du leidest sehr viel in der Vorbereitung, du opferst dein Leben, deine Familie, tust alles, um hier bereit zu sein. Und nach ein paar Tagen kapierst du, dass jeder so unglaublich stark ist, dass es manchmal hart ist, nur am Hinterrad zu bleiben. Am Col de la Loze war ich komplett müde und leer. Du weißt, dass du den ganzen Weg bis zum Gipfel und ins Ziel noch bewältigen musst, und den nächsten Tag wieder. Du siehst den Staff, der um 6 Uhr aufsteht und losrennt und dann werden sie um 23 Uhr oder Mitternacht mit ihrer Arbeit fertig. Denn wir müssen die Reifen oder die Übersetzungen wechseln, jeden Tag. Physio, Massage, alles das. Manchmal fühlst du dich, als würdest du nicht hierhergehören, denn jeder ist so stark, dass du Probleme hast, am Hinterrad zu bleiben. Auch heute war es schwierig. Als Kasper (Asgreen; Anm. d. Red.) attackierte. Er war so unglaublich stark, hat gestern attackiert. Und heute, wieder die Entschlossenheit zu haben, es wieder zu probieren. Da denkst du, dass du hier nicht hergehörst. Ich bin ihm gefolgt und wusste, dass ich alles perfekt machen muss. Ich habe mein Bestes gegeben, denn ich fahre nicht nur für mich - auch für Gino (Mäder; Anm. d. Red.), für das Team. Am Ende begreifst du, dass du sie verrätst, denn du schlägst sie nicht bis zur Ziellinie. Aber so ist der Profisport. Jeder will gewinnen. Wenn ich gewinnen will, muss ich mich ans Rad von Kasper hängen und versuchen, ihn im Sprint zu schlagen auf den letzten 150 Metern. Mir gehen gerade so viele Dinge durch den Kopf.”
... Matej Mohoric über seine Entschlossenheit: “Ich möchte nichts bereuen, wenn ich zurück zum Teambus komme. Ich muss nicht gewinnen, denn ich bin nicht so stark wie die anderen. Aber ich kann mich in den entscheidenden Momenten konzentrieren und cool bleiben. Als Kasper am Anstieg attackierte, habe ich sehr gelitten. Aber das war der entscheidende Angriff. Irgendwie habe ich die mentale Kraft gefunden, um dranzubleiben. Ich habe versucht bis zum Gipfel dranzubleiben und am Rad zu bleiben. Ich war selbstlos und habe versucht, die Gruppe vorne zu halten. Hätte ich nicht mitgeführt, wären wir nicht vorne geblieben. Irgendwann hat mir Ben (O’Connor; Anm. d. Red.) leidgetan, denn er hat keine Chance im Sprint, hat aber mit durchgezogen. Als Ben auf den letzten paar Hundert Metern losgefahren ist, war das seine einzige Chance. Das war mir klar. Und ich wusste, dass Kasper reagiert, denn er war bei Weitem der Stärkste. Ich bin ihm gefolgt und er hat mir den Sprint im Prinzip angezogen, denn ich bin nicht schnell im Sprint. Aber nach einem harten Tag wie diesem weiß man nie. Ich bin glücklich für mich, für die Mannschaft, nach all dem, was im letzten Monat passiert ist.”
... Matej Mohoric auf die Frage, ob er an seinen Sieg geglaubt hat: “Ich wollte den ganzen Tag mein Bestes geben und wusste, dass ich eine Tour-de-France-Etappe gewinnen kann, denn ich habe schon zwei gewonnen. Aber das können die anderen 150 Fahrer auch. Jeder einzelne Fahrer würde in diesem Moment einen Etappensieg verdienen. Denn ich habe die Gesichter vor zwei Tagen im Gruppetto am Col de la Loze gesehen. Du weißt, was da jeder durchmacht. Ich weiß, wie ein Etappensieg dein Leben verändern kann. Ich wünschte, jeder könnte eine Tour-de-France-Etappe gewinnen. Aber das ist nicht möglich. Das ist grausam.”
Nils Politt (Bora-Hansgrohe), bei Eurosport:
“Meine Kette ist gerissen. Das war ziemlich beschissen. Wir hatten kein Teamfahrzeug hinter uns und es hat eine ganze Weile gedauert. Der Shimano-Wagen hat auch kapiert, dass ich Shimano-Pedalen habe. Dann war ich zurück im Peloton. Ich war sehr motiviert, hatte super gute Beine. Es ist einfach Schade, dass solche Dinge an einem Tag passieren, an dem du in die Ausreißergruppe willst.”
Kasper Asgreen (Soudal - Quick Step), bei Eurosport:
“Das war eine harte Etappe. Ich hatte nicht die besten Beine, habe mich ganz schön leer gefühlt nach gestern. Mein Plan war es, einen lockeren Tag im Peloton zu haben. Das war nicht so einfach. Die Gruppe ging, das Feld war aber nicht glücklich damit. Das Tempo war sehr hoch. Am Zwischensprint kam die Gruppe nach vorne. Ich war dabei, blieb einfach dran und war plötzlich vorne. Manchmal kommen die Dinge anders. Am letzten Anstieg sind wir mit Ben (O’Connor; Anm. d. Red.) und Matej (Mohoric; Anm. d. Red.) weggefahren. Das war eine gute Gruppe, wir haben bis zum Ziel zusammengearbeitet. Das war großartig.”
Ben O’Connor (AG2R-Citroën Team), bei Eurosport:
“Ich hatte eigentlich nicht vor, in der Ausreißergruppe zu sein, wollte es eigentlich locker angehen lassen. Aber es war wie ein Eintagesrennen. Ich bin nach dem Zwischensprint mit nach vorne zu den Ausreißern gefahren. Ich denke im Finale hatte ich mit Kasper (Asgreen; Anm. d. Red.) und Matej (Mohoric; Anm. d. Red.) wenig Chancen. Da konnte ich nicht viel ausrichten.”