Team Telekom 1997Was machen die Fahrer heute?

TOUR Online

 · 25.11.2024

Das Team Telekom 1997 bei der Tour de France (von links nach rechts): Walter Godefroot - Bjarne Riis - Georg Totschnig - Giovanni Lombardi - Christian Henn - Rolf Aldag - Udo Bölts - Jens Heppner - Jan Ullrich im Gelben Trikot - Erik Zabel im Grünen Trikot und Rudy Pevenage
Foto: picture alliance / AUGENKLICK/ROTH
Der Sieg bei der Tour de France 1997 durch Jan Ullrich machte den Radsport in Deutschland populär. Das siegeiche Team Telekom umfasste aber weitere bekannte Namen. TOUR zeigt, wie es nach dem Karriereende für die Fahrer von damals weiterging.

Der Tour-de-France-Sieg 1997 durch Jan Ullrich löste einen Radsport-Boom in Deutschland aus. Für das Team Telekom war es bereits der zweite Gesamtsieg in Frankreich nach 1996 durch Bjarne Riis. Aber erst ein deutscher Sieger machte den Sport hierzulande richtig populär. Im Anschluss stiegen vor allem Ullrich und Zabel zur nationalen Sportprominenz auf.

Die neun Fahrer des siegreichen Tour-Teams von 1997 schlugen nach dem Karriereende ganz unterschiedliche Lebenswege ein: Einige blieben im Profi-Radsport, andere suchten bewusst Abstand. Den Großteil von ihnen holten jedoch Dopingenthüllungen ein. Ein Überblick:

Das Team Telekom kontrolliert bei der Tour de France 1997 das Feld.Foto: Getty Images/AllsportDas Team Telekom kontrolliert bei der Tour de France 1997 das Feld.

Jan Ullrich

Für den heute 50-Jährigen lässt sich festhalten: Er hat womöglich auf den letzten Drücker sein Leben in die richtige Richtung gelenkt. Mit dem Gesamtsieg bei der Tour de France 1997 stieg Ullrich schlagartig zum deutschen Sportidol auf – und entwickelte sich anschließend zur tragischen Figur. Die Frankreich-Rundfahrt sollte er kein zweites Mal gewinnen, landete in den Folgejahren viermal auf Platz zwei. Kurz vor dem Start der Tour de France 2006 wurde Ullrich wegen Verstrickung in die Dopingermittlungen “Operacion Puerto” dann von der Tour ausgeschlossen. 2012 befand der Internationale Sportgerichtshof (CAS) ihn in dieser Angelegenheit für schuldig.

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Ein Dopinggeständnis verweigerte Ullrich, der 2007 seine Karriere beendete, jedoch über viele Jahre. Es folgte eine Abwärtsspirale durch Alkohol, Drogen, Strafbefehle und öffentliche Ächtung. 2023 legte Ullrich im Rahmen einer Dokumentation die lang erwartete Dopingbeichte ab – und scheint seinen Eskapaden ein Ende gesetzt zu haben. Inzwischen lebt er seit einigen Jahren wieder in Merdingen, organisiert Rad-Touren und war zuletzt als Experte für den TV-Sender Eurosport während der Tour de France im Einsatz.

Jan Ullrich wurde mit dem Tour-Sieg zur deutschen Sportikone.Foto: Getty Images/BongartzJan Ullrich wurde mit dem Tour-Sieg zur deutschen Sportikone.


Erik Zabel

Der Name Zabel war in den vergangenen Jahren vor allem durch Sohn Rick Zabel weiter im Profiradsport vertreten. Entsprechend war auch Vater Erik Zabel immer wieder bei Rennen vor Ort und gehörte als Performance Manager bei Katusha-Alpecin 2019 sogar zum selben Team wie sein Sohn. Dem Radsport ist er ohnehin treu geblieben und arbeitet seit einigen Jahren als Berater für den Koblenzer Radhersteller Canyon.

Bei der Tour de France 1997 gewann Erik Zabel drei Etappen.Foto: Getty Images/AllsportBei der Tour de France 1997 gewann Erik Zabel drei Etappen.

Im Windschatten von Ullrich wurde Zabel in den 1990ern zum zweiten Gesicht des deutschen Radsport-Booms. Sein Markenzeichen war das Grüne Trikot der Tour de France, das Zabel zwischen 1996 und 2001 sechsmal in Serie gewann. Als Sprinter kam der heute 54-Jährige zudem auf die beeindruckende Bilanz von über 200 Karrieresiegen. Allerdings legte sich auch über seine Laufbahn der Dopingschatten jener Zeit: 2007 legte Zabel eine erste, zaghafte Dopingbeichte ab, 2013 folgte ein umfassendes Geständnis, von 1996 bis 2003 gedopt zu haben.

Bjarne Riis

Der Däne hat sich vom Radsport inzwischen abgewendet. Stattdessen vertreibt der heute 60-Jährige als Mitbegründer eines Unternehmens nun Wärmepumpen in Dänemark. Im Jahr 2007 räumte Riis ein, zwischen 1993 und 1998 mit EPO gedopt zu haben. Sein Sieg für das Team Telekom bei der Tour de France blieb in den Ergebnislisten jedoch erhalten, da die Vergehen verjährt waren. Für die Tour 1997 musste Riis jedoch anerkennen, dass Ullrich der stärkere Fahrer im Team war – und ordnete sich unter.

Nach seinem Karriereende wechselte Riis in die Managerrolle und baute das dänische Team CSC auf, das über Jahre unter wechselnden Namen zur Weltspitze gehörte. Ein Bericht der dänischen Anti-Doping-Agentur ADD legte 2015 jedoch jahrelange Dopingvergehen in dem Team offen, bereits wenige Monate zuvor war Riis im Streit mit dem damaligen Teameigner Oleg Tinkov entlassen worden. Im Anschluss war er bei einigen kleineren dänischen Teams involviert, 2020 fungierte er zudem für ein Jahr als Teammanager bei der World-Tour-Equipe NTT.

Bjarne Riis musste sich 1997 damit abfinden, dass er seinen Tour-Sieg nicht verteidigen kann.Foto: Getty Images/AllsportBjarne Riis musste sich 1997 damit abfinden, dass er seinen Tour-Sieg nicht verteidigen kann.

Udo Bölts

Die Karriere des heute 58-Jährigen ist vor allem durch einen Satz geprägt: “Quäl dich, du Sau!”, rief Bölts bei der Tour de France 1997 Ullrich zu, als dieser auf der 18. Etappe durch die Vogesen kurzzeitig schwächelte. Als nimmermüder Helfer hatte Bölts damals großen Anteil am Gesamterfolg. Bis 2003 blieb Bölts im Radsport aktiv und war zwischenzeitlich mit 13 Tour-Teilnahmen deutscher Rekordfahrer, ehe ihn Jens Voigt ablöste.

2007 gab Bölts im Zuge der Doping-Affäre um das Team Telekom zu, in den Jahren 1996 und 1997 mit EPO und Wachstumshormonen gedopt zu haben. Daraufhin musste Bölts seine Position als Sportlicher Leiter beim Team Gerolsteiner aufgeben. Inzwischen arbeitet Bölts im Mountainbike-Park Pfälzerwald, kümmert sich dort um die Wanderwege und Mountainbike-Strecken und fährt gelegentlich selbst noch Rennen im Gelände. Den Satz “Quäl dich, du Sau!” hat er sich markenrechtlich geschützt.

Udo Bölts war zumeist an der der Spitze des Feldes als unermüdlicher Helfer zu finden.Foto: Getty Images/PATRICK KOVARIKUdo Bölts war zumeist an der der Spitze des Feldes als unermüdlicher Helfer zu finden.

Rolf Aldag

Als Sportlicher Leiter hat Aldag nach der aktiven Laufbahn die beständigste Karriere aus dem damaligen Telekom-Kreis im Radsport hingelegt. Außerdem ist Aldag seit mehreren Jahren als TV-Experte bei Eurosport im Einsatz. Sportlich ist er der heute 56-Jährige mittlerweile seit zwei Jahren als Sportdirektor in der Verantwortung beim deutschen World-Tour-Rennstall Red Bull-Bora-Hansgrohe. Zuvor arbeitete er in verschiedenen Positionen bereits für die Mannschaften Bahrain-Victorious, Canyon-SRAM, Dimension Data, Quick-Step, HTC-Highroad und Team T-Mobile. Seine aktive Karriere beendete Aldag Ende 2005. Zwei Jahre später gab er auf einer Pressekonferenz mit Erik Zabel dann bekannt, ab 1995 EPO genommen zu haben.

Der junge Rolf Aldag machte später Karriere als Sportlicher Leiter diverse Teams.Foto: Getty Images/BongartzDer junge Rolf Aldag machte später Karriere als Sportlicher Leiter diverse Teams.

Georg Totschnig

Statt Radsport bestimmen nun Immobilien das Leben des Österreichers. In der Zillertaler Gemeinde Uderns befindet sich das Maklerbüro des heute 53-Jährigen. Bei der Tour 1997 war er als Berghelfer für Ullrich dabei. Seine größten Erfolge feierte Totschnig allerdings beim Team Gerolsteiner, für das er 2004 die Frankreich-Rundfahrt auf Platz sieben beendete und 2005 eine Etappe gewann. Neun Jahre später tauchte Totschnigs Name bei der “Sonderkommission Doping” in Österreich auf. Demnach soll Totschnig 2005 Blutbeutel zum Blutdoping erhalten haben. In dem Prozessverfahren bestritt Totschnig jedoch die Anschuldigungen und bekam anschließend eine Anklage wegen falscher Zeugenaussage. 2012 wurde er freigesprochen, da eine Belastungszeugin ihre Aussage revidierte.

Giovanni Lombardi

Der Italiener wechselte nach seiner Laufbahn in die Beraterrolle und gründete die Agentur LAM Sports, die er bis heute führt. Sein größter Klient ist der dreifache Weltmeister Peter Sagan. Mit Elia Viviani, Filippo Ganna, Rafal Majka und Enric Mas befinden sich noch weitere großen Namen im Portfolio. Bei der Tour de France 1997 gehörte er als Sprinthelfer für Zabel zum Aufgebot. Später unterstütze er in gleicher Rolle auch Landsmann Mario Cipollini. Eigene Erfolge kamen bei Lombardi aber ebenfalls nicht zu kurz: So gewann der heute 55-Jährige in seiner Karriere vier Etappen beim Giro d‘Italia.

Giovanni Lombardi war der Sprinthelfer im Team von Erik Zabel. Später kümmerte er sich als Manager um Peter Sagan.Foto: Getty Images/Andreas RentzGiovanni Lombardi war der Sprinthelfer im Team von Erik Zabel. Später kümmerte er sich als Manager um Peter Sagan.

Christian Henn

Bis 2020 arbeite Henn als Performance Direktor beim Continental-Team Lotto-Kernhaus. Seitdem ist er nicht mehr groß in der Öffentlichkeit aufgetreten. Seine aktive Karriere beendete er 1999 nach einem positiven Dopingtest auf Testosteron, für den er sechs Monate gesperrt wurde. Später begleitete er das Team Gerolsteiner und bis 2010 das Team Milram als Sportlicher Leiter. 2007 gestand er, wie der Großteil seiner ehemaligen Telekom-Kollegen, zwischen 1995 und 1999 mit EPO gedopt zu haben.

Christian Henn zog sich in den vergangenen Jahren aus der Öffentlichkeit zurück.Foto: Getty Images/Alex LiveseyChristian Henn zog sich in den vergangenen Jahren aus der Öffentlichkeit zurück.

Jens Heppner

Der heute 59-Jährige organisiert inzwischen Event- und Radreisen auf Mallorca und in Südafrika. Heppner fuhr zehn Jahre bis 2002 für das Team Telekom. Als etliche seiner früheren Teamkollegen 2007 ihre Dopinggeständnisse ablegten, bestritt Heppner jedoch, von den Vorfällen im Team gewusst zu haben. Zu dieser Zeit arbeitete er seit einigen Jahren als Sportlicher Leiter beim Team Wiesenhof und nebenbei als Experte für den TV-Sender Eurosport.

Aufgrund der Doping-Enthüllungen beim Team Telekom beendete Eurosport allerdings die Zusammenarbeit mit Heppner. 2013 veröffentlichte die Anti-Doping-Kommission in Frankreich nachträgliche Untersuchung von Dopingproben aus dem Jahr 1998 – bei Heppner wurde EPO nachgewiesen. Daraufhin musste er seine Position als Sportlicher Leiter beim Team NetApp aufgeben. Heppner kehrte nicht mehr in den Profiradsport zurück.

Jens Heppner gehörte zehn Jahre zum Team Telekom.Foto: Getty Images/PATRICK KOVARIKJens Heppner gehörte zehn Jahre zum Team Telekom.

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