Bei der Tour de France 2026 enden die 19. und die 20. Etappe in Alpe d’Huez. Es ist das erste Mal seit 2022, dass die Männer-Tour dort wieder Station macht. Damals siegte Tom Pidcock, nachdem er zuvor in der Abfahrt vom Col du Galibier einmal mehr seine Fahrkünste unter Beweis gestellt hatte. Doch es sollte nicht das letzte Mal sein, dass Alpe d’Huez seither Schlagzeilen produzierte. 2024 war dort die Tour de France Femmes zu Gast. Das Sekunden-Drama zwischen Kasia Niewiadoma und Demi Vollering ging als einer der spannendsten Radsport-Krimis in die Geschichtsbücher ein.
Im kommenden Jahr geht es am 24. Juli 2026 auf der 19. Etappe zunächst über die klassische Anstiegsvariante hinauf nach Alpe d’Huez. Knapp 14 anspruchsvolle Kilometer, 21 legendäre Serpentinen und Hunderttausende begeisterte Fans: Mit der Zielankunft in Alpe d'Huez erreicht die 113. Tour de France an diesem Freitag wohl ihren Siedepunkt.
Tags darauf führt die Strecke über Col de la Croix de Fer, Col du Télégraphe, Col du Galibier und Col de Sarenne nach Alpe d’Huez.
Von der Ortschaft Le Bourg d'Oisans schlängeln sich bei der klassischen Auffahrt auf der 19. Etappe 21 Kehren bis zum Skigebiet hinauf. Diese Kurven sind rückwärts nummeriert und jeweils einem Etappensieger gewidmet. Da es schließlich mehr Sieger als Kurven in Alpe d’Huez gab, teilen sich manche Kurven zwei Namen. Bislang konnte kein deutscher Fahrer dort gewinnen.
Marco Pantani, hält nicht nur den Rekord mit 36:50 Minuten aus dem Jahr 1995. Der legendäre "Pirat des Pelotons", fuhr auch die drei schnellsten Zeiten insgesamt. 1994 benötigte der zehn Jahre später verstorbene Italiener 37:15 Minuten, und 1997 waren es 36:55 Minuten.
Nicht wenige trauen Tadej Pogačar zu, 2026 eine schnellere Zeit hinzulegen als Pantani. Die vergleichsweise kurze Etappe (128 Kilometer) ohne Alpenriesen und somit nicht allzu große Vorbelastung bietet gute Voraussetzungen für eine mögliche neue Bestmarke in Alpe d’Huez.
Der gesamte Berg wird 2026 in ein riesiges Fest verwandelt, wobei das größte Spektakel in Kurve sieben stattfinden dürfte. Der niederländische Pfarrer Jaap Reuten bemerkte 1964 beim Skifahren, dass dort keine Kirche existierte. Kurzerhand ließ er eine bauen und verrichtete dort seinen Dienst. 1976 läutete er die Glocken zum Sieg von Joop Zoetemelk und wiederholte dies bei jedem weiteren niederländischen Erfolg, insgesamt acht Mal. Die niederländischen Fans verwandelten die Kurve in ihre eigene Enklave und feierten bei jeder Etappe noch ausgelassener. Heute ist die "Dutch corner" ein fester Bestandteil von Alpe d'Huez, genauso wie die Champs-Élysées zu Paris gehören.
Im Jahr 2001 täuschte Lance Armstrong den ganzen Tag über seine Konkurrenz. Ungewöhnlich weit hinten im Feld positioniert, verzerrte er seine Mimik, was Jan Ullrich hoffen ließ, Armstrong hätte einen schlechten Tag. Ullrich ließ sein Team daraufhin das Tempo anziehen. Doch es war alles nur eine Inszenierung von Armstrong. Am Beginn des Anstiegs beschleunigte sein Helfer José Luis Rubiera, während Armstrong sich noch einmal umschaute, um dann davonzufahren. Dieser Blick, bekannt als “The Look”, wurde legendär. In der ARD-Dokumentation “Being Jan Ullrich” klärte Armstrong jedoch auf, dass er eigentlich nur zu Rubiera geschaut hatte.
Im Jahr 1952 gewann der Italiener Fausto Coppi als Erster auf dem im Durchschnitt 8,1 Prozent steilen Anstieg. Dies markierte zugleich die Premiere einer Bergankunft in der Geschichte der Tour de France. Erst 1976 kehrte die Rundfahrt nach Alpe d'Huez zurück. Bei der 100. Tour im Jahr 2013 wurde der Anstieg sogar zweimal befahren - und das spannt den Bogen zu 2026. Schließlich ging es damals bei der ersten Passage nach dem Alpe d’Huez-Anstieg noch höher hinaus zum Col de Sarenne und von dort wieder ins Tal. 2026 geht es auf der 20. Etappe den Col de Sarenne im umgekehrter Richtung der damaligen Strecke hinauf. Anschließend sind es noch gut 15 Kilometer bis ins Ziel, mit einer Rampe über die letzten gut drei Kilometer.
Für das Team Telekom zeichnete sich ein sicherer Etappensieg ab. Da der deutsche Rennstall 1999 auf den verletzten Jan Ullrich verzichten musste, nahm Guiseppe Guerini das Rennen um die prestigeträchtige Etappe in Angriff. Doch circa 800 Meter vor dem Ziel kollidierte der Italiener mit einem Hobbyfotografen und stürzte. “Es war der schlimmste Moment meines Lebens”, erklärte der Bergspezialist. Guerini erholte sich schnell, stieg wieder aufs Rad und rettete einen Vorsprung von 21 Sekunden ins Ziel.