Sebastian Lindner
· 07.03.2024
Unter den ganz großen flandrischen Rennen ist Gent-Wevelgem das Rennen mit den wenigsten Anstiegen, was dazu führte, dass in der Vergangenheit neben Tour-de-France-Siegern wie Jacques Anquetil auch schon klassische Sprinter wie Mario Cipollini triumphieren konnten. Zwischen Massensprints oder Solosiegen mit fast drei Minuten Vorsprung bei den Frauen bot das Rennen ebenfalls bereits alles.
Einzigartig ist Gent-Wevelgem insofern, als dass es einen Anstieg ganz besonders in den Fokus rückt: den Kemmelberg. Die Helling wird nicht nur mehrfach, sondern auch von verschiedenen Seiten befahren. Die Belvedere-Seite ist 550 Meter lang und im Schnitt 9,2 Prozent steil. Schwieriger ist es aus Richtung Ossuaire. Der Anstieg ist mit 9,6 Prozent Steigung zwar nur minimal steiler, dafür aber mit 730 Metern deutlich länger.
In Gent beginnt das Rennen schon lange nicht mehr. 2003 wurde der Klassiker letztmals dort gestartet. Für ein paar Jahre war Deinze Ausgangsort, seit 2020 ist es, wie bei den Frauen seit jeher, Ypern. Während die relativ zielstrebig über Diksmuide nach Norden Richtung Veurne fahren, bauen die Männer zuvor noch eine Schleife im Osten ein, die sie schon einmal in Zielnähe bringt.
Nachdem in Adinkerke, auch bei Brügge-De Panne ein Knotenpunkt, der nördlichste Punkt der Strecke erreicht ist, geht es für beide Geschlechter auf der selben Strecke entlang der belgisch-französischen Grenze über Leisele und Poperinge wieder nach Süden bis in die Gemeinde Heuvelland, in der sich der Kern des Rennens abspielt. Die Männer haben da bereits gut 150, die Frauen etwas mehr als 100 fast ausschließlich flache Kilometer zurückgelegt, auf denen zwei Kopfsteinpflasterabschnitte beziehungsweise windanfällige Straßen rund um De Moeren zu ersten Spielverderbern werden könnten.
Doch dann geht es in die Vollen. Männer und Frauen absolvieren innerhalb von 13 Kilometern zunächst die vier Hellingen Scherpenberg, Baneberg, Monteberg und Kemmelberg (Belvedere), ehe sich die Route aufspaltet. Während die Frauen sofort wieder Kurs auf den Scherpenberg nehmen, auch den Monteberg befahren und dann erneut den Kemmelberg, aber dieses Mal von Ossuaire, und dann zurück nach Ypern fahren, wartet auf die Männer die zweite Extraschleife.
Die führt sie weiter in den Süden bis in die Gemeinde Comines-Warneton und damit in den letzten belgischen Zipfel, der von drei Seiten von Frankreich umgeben ist. Bis Lille und Roubaix ist es nicht weit. Doch statt weiterer Kopfsteinpflaster-Straßen werden drei Gravelsektoren befahren, die bei Gent-Wevelgem seit einigen Jahren zum Programm gehören.
Die insgesamt rund fünf Kilometer langen Passagen hören auf die Namen Hill 63, Christmas Truce und The Catacombs, die allesamt in Zusammenhang mit dem 1. Weltkrieg stehen und wie große Teile der Streckenführung, der Startort Ypern sowie der Beiname des Rennens, in Flanders Fields, zur Erinnerungskultur an die Schrecken jener Zeit beitragen sollen.
Von dort geht es zurück nach Heuvelland in die Anstiege. Zum zweiten Mal werden Monteberg und Kemmelberg (Belvedere) überfahren, dann sind nochmal Scherpenberg und Baneberg dran, ehe wie bei den Frauen fürs große Finale der Kemmelberg aus Ossuaire in Angriff genommen wird. Auch die Männer fahren dann zurück nach Ypern - und von dort wie die Frauen nach Wevelgem auf die Vanackerestraat. Von der letzten Überquerung des Kemmelbergs sind es nochmal rund 35 Kilometer ohne ernsthafte topografische Schwierigkeiten bis zum Zielstrich.
Sowohl das Frauen- als auch das Männerrennen von Gent-Wevelgem werden im Free-TV als auch im Live-Stream übertragen. Discovery+ (über Bezahl-Abo) zeigt dabei zeitweise sogar beide Rennen parallel. Während die Übertragung der Männer am 24. März 13:40 Uhr startet und gegen 17:15 Uhr enden soll, gibt es Live-Bilder der Frauen zwischen 16 und 18:30 Uhr.
Eurosport 1 geht ab 15:30 Uhr mit den Männern live und überträgt nach deren Zielankunft bis gegen 18 Uhr vom Frauenrennen. Auf Eurosport 2 beginnt das Programm bereits 14:15 Uhr.