Liane Lippert war im Frühjahr wohl in der Form ihres Lebens. Bei der Flandern-Rundfahrt führte die Friedrichshafenerin im Trikot von Team Movistar (Zweite von rechts) die vierköpfige Spitzengruppe am letzten Anstieg an, dem bis zu 20 Prozent steilen Paterberg. Es reichte indes nicht, um die Konkurrentinnen, Tour-Siegerin Kasia Niewiadoma (rechts), Weltmeisterin Lotte Kopecky (links) und Pauline Ferrand-Prévot, entscheidend abzuhängen. Im Zielsprint blieb Rang drei. Der Sieg ging an Kopecky.
Gemeinsam jagen sie historische Bestmarken bei den Frühjahrsklassikern: Mathieu van der Poel (links) und Tadej Pogačar. Der 30-jährige Niederländer hätte in diesem Jahr als erster Radsportler die Flandern-Rundfahrt zum vierten Mal gewinnen können. Aber sein Rivale hatte etwas dagegen. Der vier Jahre jüngere Slowene trat in gewohnter Manier entfesselt den längsten Anstieg Oude Kwaremont hinauf, hängte alle Konkurrenten ab und fuhr über 17 Kilometer als Solist zum Sieg. Van der Poel musste dem Zweikampf Tribut zollen und unterlag im Zielsprint um Rang zwei auch noch dem Dänen Mads Pedersen.
Alle Augen, alle Objektive waren auf die zwei Protagonisten bei Paris-Roubaix gerichtet: Tadej Pogačar gab sein Debüt beim Kopfsteinpflaster-Rennen, das zuletzt im Jahr 1981 in Bernard Hinault ein Sieger der Tour de France gewonnen hat. Der Slowene legte ein sehr starkes Rennen hin, schoss aber in einer Kurve vom Pavé und stürzte. Mathieu van der Poel eilte davon und siegte als erster Radprofi nach Francesco Moser (1978-1980) zum dritten Mal in Folge – und lieferte die begehrten Fotos aus den historischen Duschen nahe des Velodroms in Roubaix.
Wenn es ruppig wird, dann fühlt sich Pauline Ferrand-Prévot wohl. Die 33-jährige Französin feierte im vergangenen Jahr in Paris den Olympiasieg auf dem Mountainbike. Nun kehrte sie zurück in den Straßenradsport – und triumphierte bei Paris-Roubaix als Solistin. Ein Rennen, das es für die Frauen noch nicht gab, als die einstige Straßenweltmeisterin ab 2019 ihre internationale Karriere auf dem Rennrad pausieren ließ.
Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte – besagt eine Redensart. Und so war es auch beim Amstel Gold Race. Doppel-Olympiasieger Remco Evenepoel war mit goldenem Helm und goldfarbenem Rennrad aus seiner langen Verletzungspause nach einem Trainingsunfall zurückgekehrt und hatte gleich beim ersten Start den Pfeil von Brabant gewonnen. Zwei Tage später beim Amstel Gold Race, dem Frühjahrsklassiker in den Niederlanden, schloss er mit viel Kraft die Lücke zum wieder einmal früh enteilten Weltmeister Tadej Pogačar (Mitte). Den Zweikampf verfolgte der Däne Mattias Skjelmose (links), wie hier am Cauberg, weitgehend als Beobachter – ehe er im Dreier-Sprint auf der Zielgeraden sein Rad knapp vor Pogačar schob und im Fotofinish siegte.
Die Niederländerin Mischa Bredewold war beim wichtigsten Radrennen in ihrer Heimat eine Überraschungssiegerin. Es war der bislang größte Erfolg der 24-jährigen Radsportlerin vom Team SD Worx-Protime, die vor zwei Jahren Europameisterin im Straßenrennen geworden war. Am Cauberg, 2,3 Kilometer vor dem Ziel, ließ sie ihre Begleiterin Ellen van Dijk stehen und konnte die Verfolgerinnen auf der langen Zielgeraden mit einem Blick zurück kontrollieren.
Er hat es zum Abschluss nochmal getan: Rund 35 Kilometer vor dem Ziel beschleunigte Tadej Pogačar, und niemand konnte oder wollte folgen. Der Slowene triumphierte bei Lüttich-Bastogne-Lüttich als Solist und legte eine Klassiker-Kampagne hin, die in die Geschichtsbücher eingehen wird: Nur Eddy Merckx (1969 und 1975) und Sean Kelly (1984) war es gelungen, bei den vier großen Frühjahrsklassikern das Podium zu erobern. Der aktuelle Weltmeister hatte zuvor bei der Flandern-Rundfahrt gesiegt, war Zweiter bei Paris-Roubaix und Dritter bei Mailand-San Remo. Dazu kamen in den Ardennen der Sieg beim Flèche Wallone und Rang zwei beim Amstel Gold Race.
Der Inselstaat Mauritius ist nun gut sichtbar auf der Weltkarte des Radsports: Kim Le Court (im Trikot der Meisterin von Mauritius) sprintete bei Lüttich-Bastogne-Lüttich aus einer vierköpfigen Spitzengruppe heraus zum Sieg (Bild oben). Die 29-jährige Rennfahrerin vom Team AG Insurance-Soudal war nach ihrem Debüt ungläubig: „Mit diesem Ergebnis hätte ich in meinen wildesten Träumen nicht gerechnet.“ Die Ex-Mountainbikerin gewann als erste Afrikanerin eines der ganz großen Radrennen und musste das am Straßenrand erst verarbeiten.