Die berühmtesten Ronde-GeschichtenWütender Dachs & das Drama vom Koppenberg

Sven Bremer

 · 03.04.2025

Wanderweg: Der Koppenberg zwingt immer wieder Rennfahrer aus dem Sattel.
Foto: dpa; pa; Roth
Am Sonntag steht die Flandern-Rundfahrt an. Die Geschichte der “Ronde” reicht weit zurück - und kennt jede Menge Anekdoten.

Die “Ronde”, wie die Flandern-Rundfahrt in Belgien und speziell im flämischen Teil des Landes genannt wird, ist nicht nur ein Radrennen. Der Tag des Rennens, erstmals ausgetragen im Jahr 1913, ist so etwas wie ein Nationalfeiertag und das größte Volksfest Belgiens. André Greipel sagte einmal: “Für die Leute hier ist das wichtiger als Weihnachten und Silvester zusammen.” Für Bernard Hinault, der gerne etwas zu meckern hatte, war die Flandern-Rundfahrt mit ihren kurzen, aber brutalen Anstiegen an den “Hellingen” nichts als eine “Zirkusnummer, reine Sensationshascherei”. Und als er 1978 das erste und letzte Mal teilnahm und nur Elfter wurde, sprach “der Dachs” von einer “cochonnerie”, einer Schweinerei.

Hohle Gasse: Das Feld rollt heran, das Auto muss weg: Der gestürzte Jesper Skibby hat das Nachsehen – und Momente später (nur) ein kaputtes Rennrad.Foto: dpa; pa; RothHohle Gasse: Das Feld rollt heran, das Auto muss weg: Der gestürzte Jesper Skibby hat das Nachsehen – und Momente später (nur) ein kaputtes Rennrad.

Der reichlich angefressene Hinault sagte: “Das ist kein Rennen, sondern ein Kriegsspiel oder eine Lotterie”, und stellte hinsichtlich der Passage über den Koppenberg die rhetorische Frage: “Was haben wir getan, dass man uns in die Hölle schickt?” Genau an jenem bis zu 22 Prozent steilen Koppenberg mit seinen sogenannten “Kasseien” (Kopfsteinpflaster) wurde der führende Däne Jesper Skibby während des Rennens 1987 von einem Begleitfahrzeug beinahe über den Haufen gefahren.

Er blieb zwar unverletzt, aber weil seine platt gewalzte Rennmaschine defekt war, gab er das Rennen auf. Anschließend wurde der Koppenberg vorübergehend aus dem Programm genommen und erst 2002 wieder von den Profis in Angriff genommen. Nachdem 2006 mal wieder zahlreiche Profis zu Fuß gehen mussten oder stürzten, wurde 2007 erneut auf die Passage verzichtet, ehe die Straße 2008 umfassend renoviert wurde und seitdem wieder im Programm ist.



Alleine gegen den Wind zum Sieg

Der Fahrer mit den meisten Gesamtsiegen ist ausnahmsweise mal nicht Eddy Merckx. Er gewann die “Ronde” erstmals 1969, nachdem er 1967 bei seiner ersten Teilnahme Dritter und 1968 gar nur Achter geworden war. Also machte der “Kannibale” seinem Namen 1969 mal wieder alle Ehre. Merckx attackierte bei um die fünf Grad Celsius Dauerregen und stürmischen Winden bereits 80 Kilometer vor dem Ziel. Als ihn sein Sportlicher Leiter aus dem Auto anwies, die Beine hochzunehmen und aufs Feld zu warten, brüllte Eddy Merckx nur: “Leck mich!”, und raste alleine gegen den Wind zum Sieg.

Albéric “Briek” Schotte aus dem westflandrischen Kanegem gewann die Flandern-Rundfahrt 1942 und 1948, stand aber bei 20 Teilnahmen achtmal auf dem Podium – ein Rekord, den erst Johan Museeuw in den 1990er-Jahren einstellen sollte. Schotte starb am 4. April 2004 im Alter von 84 Jahren – am Tag der 88. Austragung der “Ronde”. Ein TV-Kommentator sagte während der Live-Übertragung: “Gott muss einer der größten Fans von Briek gewesen sein.” Welche Bedeutung der “Eiserne Briek” hatte, wurde deutlich, als die meisten belgischen Zeitungen am nächsten Tag ein Foto von ihm auf der Titelseite abdruckten und nicht vom aktuellen Sieger Steffen Wesemann.

Der Eiserne: Einer der berühmtesten Flandriens: Albéric Schotte, genannt "Briek", als typische belgische Radsport-Illustration.Foto: Getty Images; Tim de WaeleDer Eiserne: Einer der berühmtesten Flandriens: Albéric Schotte, genannt "Briek", als typische belgische Radsport-Illustration.

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