Sebastian Lindner
· 02.08.2025
Giulio Ciccone (Lidl - Trek) hat zum ersten Mal die Clásica San Sebastian gewonnen. Der Italiener siegte als Solist vor Jan Christen (UAE Team Emirates - XRG) und Maxim Van Gils (Red Bull - BORA - hansgrohe). Die entscheidende Attacke hatte der 30-Jährige am letzten Anstieg 10 Kilometer vor dem Ziel gesetzt.
Dort hatte er Christen stehen gelassen, der seinerseits erst kurz zuvor zu Ciccone und seinem eigenen Teamkollegen Isaac del Toro aus einer Verfolgergruppe heraus aufgeschlossen hatte. Der Schweizer wollte sofort drüber attackieren, fing sich jedoch direkt einen Konter des späteren Siegers ein. Der fuhr sich bis zur Kuppe des Anstiegs eine knappe halbe Minute Vorsprung heraus und konnte auf den letzten acht Kilometern dann davon zehren. Ins Ziel rettete er neun Sekunden.
19 Sekunden dahinter sprintete ein Quartett um den letzten Platz auf dem Podium. Maxim Van Gils (Red Bull - BORA - hansgrohe) hatte noch etwas mehr Saft als Tiesj Benoot (Team Visma | Lease a Bike), del Toro und Neilson Powless (EF Education - EasyPost).
Mit 211 Kilometern war das Rennen rund um San Sebastian im Baskenland so kurz wie noch nie in seiner Geschichte. Auch an Schwierigkeit hatte die 2025er Austragung eingebüßt. Durch die Favoriten wurde das Rennen am Erlaitz, 45 Kilometer vor dem Ziel, eröffnet. Primoz Roglic (Red Bull - BORA - hansgrohe) hatte sich als Erster aus der Deckung gewagt, daraufhin machten alle anderen Podiumsfahrer und Platzierten ebenfalls ihren Zug.
Ciccone konterte zunächst immer nur die Attacken. Erst beim finalen Schritt ging er selbst in die Offensive. “Ich habe nicht gleich mit einem Sieg gerechnet“, sagte der Italiener im Ziel. Für ihn war es der erste Renneinsatz, seit er den Giro d’Italia nach einem Sturz hatte aufgeben müssen. “Ich wusste, dass meine Zahlen gut waren und ich wirklich gut mit dem Team zusammengearbeitet hatte. Aber zwei Monate ohne Rennen sind eine lange Zeit – man weiß nie, wie die Beine reagieren werden.”
Es war sein zweiter Saisonsieg, nachdem er in Vorbereitung auf den Giro eine Etappe der Tour of the Alps gewonnen hatte. Insgesamt bejubelte er zum zwölften Mal in seiner Karriere den Gewinn eines Rennens. “Ich hatte einen Moment des Zweifels, als del Toro und ich alleine auf der Ebene waren“, gab er zu. Das Duo hatte sich am Erlaitz von allen anderen abgesetzt. „Es war noch ein langer Weg, und es war verlockend, etwas nachzulassen. Aber wir haben weiter Druck gemacht. Als dann Christen zurückkam, dachte ich: Jetzt geht es los. Ich erwartete, dass del Toro angreifen würde, aber er begann nachzulassen. Also folgte ich Christen, und als der Moment kam, konterte ich.“
RG | Fahrer | Zeit |
---|---|---|
1 | Lidl - Trek | 05:05:33 |
2 | UAE Team Emirates - XRG | +00:00:09 |
3 | Red Bull - BORA - hansgrohe | +00:00:19 |
4 | Team Visma | Lease a Bike | +00:00:19 |
5 | UAE Team Emirates - XRG | +00:00:19 |
6 | EF Education - EasyPost | +00:00:19 |
Eine erste Gruppe, zwölf Fahrer umfassend, bildete sich in der Anfahrt zum ersten Anstieg des Tages. Der Luxemburger Mats Wenzel (Equipo Kern Pharma), Jordan Labrosse (Decathlon AG2R La Mondiale Team) aus Frankreich und der Belgier Gil Gelders (Soudal Quick-Step) zählten zu den prominentesten der zwölf Profis. Allerdings wurden die Ausreißer von Beginn an der kurzen Leine gehalten, viel größer als zwei Minuten war der Vorsprung selten.
Am Jaizkibel, 70 Kilometer vor dem Ziel, fiel die Gruppe zunächst auseinander. Von hinten hatte Luke Plapp (Team Jayco AlUla) aufgeschlossen. Aber auch mit dessen Unterstützung war es für Wenzel und Labrosse, die letzten Verbliebenen Ausreißer, am Erlaitz dann vorbei. 46 Kilometer vor dem Ende attackierte dann Primoz Roglic (Red Bull - BORA - hansgrohe), da hatte der Anstieg gerade begonnen. Als Erster reagierte Jan Christen (UAE Team Emirates - XRG). Der zog jedoch gleich am Slowenen vorbei, als Maxim Van Gils (Red Bull - BORA - hansgrohe) und Ciccone dazu kamen. Und auch Isaac del Toro schaffte den Sprung nach vorne.
Zunächst konnte Roglic noch aufschließen, doch in dem Moment zog del Toro wieder am Horn. Nur Ciccone konnte mitfahren. Dahinter formierte sich eine neunköpfige Gruppe. Neben Plapp, Van Gils, Roglic und Christen waren auch Cian Uijtdebrooks, Tiesj Benoot (beide Team Visma | Lease a Bike), Léo Bisiaux (Decathlon AG2R La Mondiale Team), Neilson Powless (EF Education - EaysPost) und Christian Scaroni (XDS Astana Team) mit an Bord.
25 Kilometer vor dem Ziel hatten del Toro und Ciccone 45 Sekunden Vorsprung, zehn Kilometer später war er auf eine knappe Minute angestiegen. Als es in den Schlussanstieg Murgil ging, waren es wieder 45 Sekunden. Durch die Tempoverschärfung von Roglic direkt unten am Berg war plötzlich nur noch eine gute halbe Minute übrig. Ansonsten arbeitete aber keiner.
Dann attackierte Christen. Sein Angriff saß, innerhalb weniger Sekunden war der Schweizer ran. Und der fuhr direkt weiter. Ciccone folgte, del Toro musste zunächst erstmal durcharbeiten. Und dann setzte Ciccone noch einen drauf. Als der oben ankam, waren es noch acht Kilometer bis ins Ziel - 30 Sekunden hatte er sich herausgefahren. In der Abfahrt und der finalen Ebene kam Christen allerdings nochmal näher, acht Sekunden waren es zwischenzeitlich nur mehr.
Und auch wenn der Italiener für den Schweizer immer in Sichtweite blieb - schließen konnte der die Lücke nicht mehr. Dahinter hatten Van Gils und Benoot noch zu del Toro und Powless aufgeschlossen. Die beiden Belgier erwiesen sich dabei zudem als die besseren Sprinter, der Red-Bull-Profi wurde vor dem Visma-Mann Dritter.