Als verantwortlicher Renndirektor erlebte Olivier Senn in kurzer Zeit zwei Todesfälle: bei der Tour de Suisse den Tod von Gino Mäder und bei der Rad-WM in Zürich den Tod von Muriel Furrer. Mit neuen Vorschlägen will er die Sicherheit bei Radrennen verbessern. Im Interview erklärt er TOUR was geplant ist.
TOUR: Sie wurden zweimal mit sehr tragischen Unfällen direkt konfrontiert. Es war wahrscheinlich nicht ganz einfach damit umzugehen?
Olivier Senn: Ja, es lässt einen tiefer Gedanken machen, was wir tun und wie wir Dinge tun. Ich fühle mit den Familien und auch mit unseren Mitarbeitenden mit, die leiden. Aber für mich ist es vor allem eine große Motivation und Antrieb, die Sicherheit im Radsport zu verbessern. Nicht nur bei der Tour de Suisse, sondern im Radsport generell. Es gibt keine absolute Sicherheit, aber die Risiken zu analysieren und zu reduzieren, das ist unser Auftrag.
TOUR: Es heißt Sie planen für die Tour de Suisse ein neues Informationssystem für mehr Sicherheit?
Olivier Senn: Die Idee ist, dass man die Informationen anders darstellt, also visuell. Gerade bei kurzfristigen Informationen, wenn Radio Tour Durchsagen macht, eine Baustelle oder Straßenverengung oder es ist nass. Wenn wir ein System hätten, das den Sportlichen Leitern im Auto das Visuelle aufzeigen kann, auf einer Karte mit Foto zusätzlich zur mündlichen Information, dann sieht er es. Wir glauben so wird die Qualität der Information besser und sie wird auch schneller bei den Rennfahrern ankommen. Wir hoffen, dass wir nächstes Jahr bei der Tour de Suisse einen Test machen können.
TOUR: Der tragische Unfall von Muriel Furrer bei der WM, die unbemerkt im Wald lag, hat die Diskussion über GPS-Tracker angestoßen. Brauchen wir Live-Tracking für mehr Sicherheit?
Olivier Senn: Ja - das ist nicht Rocket Science. GPS Tracking gibt es auf der ganzen Welt schon lange. Die technische Umsetzung ist aus meiner Sicht das kleinere Problem. Die Prozesse dahinter sind fast schwieriger als das technische System dafür zu finden. Wir sind im Moment daran, die Anforderungen an das System und die Abläufe bei uns intern zu definieren. Wir sind auch in Gesprächen mit der UCI, weil es ist klar, das ist ein System, das der Radsport braucht.
TOUR: Hat sich durch die Unfälle auch ihre Streckenbeurteilung verändert?
Olivier Senn: Es gibt drei Hauptfaktoren für schwere Stürze: Geschwindigkeit, technische Entwicklung der Fahrräder und das Dritte ist die Risikobereitschaft der Athleten. Wir müssen vor allem das Thema Geschwindigkeit mehr in den Fokus stellen. Mit einer anderen Brille die Strecken anschauen. Also nicht nur wo sind die engen Kurven, sondern auch wo sind Stellen die bestens zu fahren sind, wenn alles gut läuft - Vollgas. Aber wenn was dazwischenkommt, dass das schlimm enden könnte. Den Sturz können wir vielleicht nicht verhindern, aber die Konsequenzen daraus reduzieren.