Eigentlich ist alles wie immer. Das Critérium du Dauphiné findet wenige Wochen vor der Tour de France statt und einer der ganz großen Titelanwärter auf den Gesamtsieg bei der Tour de France gewinnt die aus acht Etappen bestehende Vorbereitungsrundfahrt. In diesem Jahr gibt es jedoch einen Haken. Gleich drei der Topfavoriten und damit auch das gesamte Podium des Gesamtklassements der Tour de France 2024 stehen auf der Startliste des diesjährigen Critérium du Dauphiné. Das gab es noch nie. Ein Spektakel ist also schon vor der Tour zu erwarten, oder legen die Favoriten ihre Karten doch noch nicht offen auf den Tisch? So oder so, spannend wird es allemal.
***** Tadej Pogačar, Jonas Vingegaard
**** Remco Evenepoel
*** Enric Mas, Carlos Rodríguez
** Lenny Martinez, Florian Lipowitz
* Mattias Skjelmose, Max Poole
* Je mehr Sterne ein Fahrer erhält, desto höher sind seine Chancen einzuschätzen. Bei Veröffentlichung dieses Artikels haben noch nicht alle Teams ihre Aufgebote bekanntgegeben. Es kann also noch Änderungen geben.
Er ist der Gewinner des Giro d’Italia und der Tour de France 2024 und scheint momentan unschlagbar zu sein. Tadej Pogačar konnte letztes Jahr gefühlt machen was er wollte und war so stark wie nie. Mit zahlreichen Etappensiegen bei den beiden dreiwöchigen Rundfahrten zeigte er nahezu keine Schwächen auf. Auch bei den Eintagesrennen des Frühjahrs zeigte sich der Slowene als größter Konkurrent von Spezialisten wie Mathieu van der Poel und konnte die Strade Bianche, der Flandern-Rundfahrt, beim Flèche Wallone und Lüttich-Bastogne-Lüttich direkt bei vier großen Klassikern gewinnen. Wie Pogačar selbst zugibt hat dieses Frühjahr jedoch Kraft gekostet, weshalb er einen solchen Rennkalender nicht jedes Jahr bewältigen könne. Genau das könnte auch eine seiner wenigen Schwächen sein. Aller Voraussicht nach wird es zum Zweikampf mit Jonas Vingegaard kommen, der auf der siebten Etappe entschieden werden könnte.
Jonas Vingegaard ist das große Fragezeichen. Letztes Jahr konnte er nach seinem Sturz vor den wichtigen Rennen des Jahres nicht mit Pogačar mithalten. In diesem Jahr hatte der Däne nach seinem Sturz bei Paris-Nizza jedoch genug Zeit um sich zu erholen und seine Form wieder aufzubauen. Wie sooft lässt da Team Visma | Lease a Bike sich dabei nicht in die Karten schauen. Aufzeichnungen seines Trainings in der Sierra Nevada drangen nicht an die Öffentlichkeit und auch auf Social Media ist der Sieganwärter sehr zurückhaltend unterwegs. Wie fit Vingegaard also wirklich ist, wird man deshalb erst beim Critérium sehen. Besonders bei den langen und steilen Anstiegen schien der Mitfavorit noch ein wenig die Nase vor Pogačar zu haben, was auf der 7. Etappe eine Rolle spielen könnte.
Auch Remco Evenepoel hatte mit den Folgen eines Sturzes zu kämpfen. Seit April fährt der Belgier wieder Rennen und setzte direkt mal ein Zeichen mit seinem Sieg beim Brabanter Pfeil. Kurz danach zeigte er beim Amstel Gold Race eine unglaubliche Aufholjagd auf Tadej Pogačar und verhalf letztendlich Mattias Skjelmose zum Sieg. Nach diesen ersten Auftritten war die Hoffnung auf einen unfassbar starken Evenepoel hoch. Bei der Tour de Romandie konnte der junge Fahrer dann in den Bergen aber nicht mehr mithalten, machte gar noch Tempo für einen Teamkollegen. Das Zeitfahren dürfte Evenepoel dafür sehr entgegen kommen. Ein kleines Fragezeichen bleibt also neben Vingegaard auch beim Belgier.
Mit dem erfahrenen Spanier Enric Mas muss man immer rechnen. Bereits drei Mal belegte er bei der Vuelta a España den zweiten Platz im Gesamtklassement. Zudem kann er in diesem Jahr den zweiten Platz bei der Baskenland-Rundfahrt verzeichnen, wo er unter anderem vor einem starken Schachmann und Lipowitz landete.
Der junge Spanier Carlos Rodríguez hingegen konnte dieses Jahr auf der ganz großen Bühne noch nicht überzeugen. Für eine Überraschung ist der Spanier dank seiner starken Ergebnisse aus dem vergangenen Jahr aber trotzdem gut.
Bei der Tour de Romandie konnte der erst 21-jährige Lenny Martinez dieses Jahr erstmals sein ganzes Potenzial aufzeigen. Hinter João Almeida holte der Franzose einen starken zweiten Platz und verwies dabei unter anderem Jay Vine, Remco Evenepoel und Carlos Rodríguez auf Plätze hinter sich im Gesamtklassement. Diese Leistung lässt nun auf mehr hoffen und vielleicht ja auch auf eine ganz große Überraschung.
Aus deutscher Sicht gibt es auch wieder einen hoffnungsvollen jungen Fahrer. Florian Lipowitz ist in der Form seines Lebens, konnte auf den vierten Platz bei der Baskenlandrundfahrt fahren und bei Paris-Nizza sogar Platz Zwei einfahren.
Nach seinem Überraschungserfolg beim Amstel Gold Race und einer insgesamt starken Form kann Mattias Skjelmose ein Auge auf das Poidum beim Critérium du Dauphiné werfen, auch wenn es mit den großen Namen wohl eher schwierig wird, für eine ganz dicke Überraschung zu sorgen. Währenddessen ist Max Poole einen starken Giro gefahren und hat die Top Ten mit seinem 11. Platz nur knapp verpasst. In der Wertung des besten Nachwuchsfahrers belegte er einen starken 3. Platz. Der noch sehr junge Fahrer aus Großbritannien hat viel Potenzial, ob er dieses jedoch schon voll ausschöpfen kann, ist fraglich.